Lila Black 02 - Unter Strom
der Verwandlung zusah. War vielleicht so eine Katzensache.
Er warf seine menschliche Haut eilig ab, spürte den winzigen Augenblick kaum, in dem er der I-Region ausgesetzt war, und war wieder in seinem Büro in der faden Umgebung Otopias, bevor er mit der Wimper zucken konnte. Für einen kurzen Moment juckte es unangenehm im Innern seines Schädels, als würde eine ungenügend angepasste Frequenz seine Aufmerksamkeit streifen. Das war in Otopia, wo das ganze elektromagnetische Spektrum mit Radiowellenmist verschmutzt war, nicht ungewöhnlich, aber für einen schrecklichen Moment glaubte er, das wären die Nachwehen von etwas, das in der I-Region begonnen hatte. Dann war es vorbei, und er streckte sich in seinem wundervollen Stuhl aus, vergewisserte sich, dass alle Kommunikationsgeräte noch immer ausgeschaltet waren, und machte ein wohlverdientes Nickerchen.
Als er nach einem ausgedehnten Mittagsschlaf erwachte, offenbarte ein Blick auf die Uhr, dass sein Besuch bei Jones und ihrer Mannschaft dreißig Stunden in Anspruch genommen hatte. Kein Wunder, dass er müde gewesen war. Die Zeit verlief dort auch anders, wie es schien, denn er hatte mindestens zwei Tage mit ihnen verbracht. Er schrieb pflichtbewusst seinen Bericht für Incon und schaltete erst dann sein Nachrichtensystem ein.
»Sie sind spät dran«, sagte seine Sekretärin mit der für Momente vorbehaltenen Anspannung, in denen die Regeln leicht verletzt worden waren. Er machte ihr keinen Vorwurf. Mit ihm als Chef musste sie eine Menge ertragen, und sie war nur ein Mensch. »Delaware will Sie sehen«, fügte sie hinzu. »Ich befürchte, es gibt schlechte Neuigkeiten.«
Sie machte eine Pause, und Malachi wartete. Als er nicht fragte, sagte sie: »Lila Blacks Eltern sind tot.«
Malachi zuckte zusammen. Er hatte Lilas Familie im Auge behalten, hatte immer mal wieder Fotos gemacht, um sicherzustellen, dass sie so viele Neuigkeiten wie möglich bekam. Das war seine Spezialaufgabe gewesen. »Sie weiß es noch nicht«, ergänzte er für sich selbst. Natürlich wusste sie es nicht. Sie steckte mitten im Einsatz, und man würde ihr so etwas erst mitteilen, wenn sie zurück war.
»Wie?«, fragte er und betrachtete sich in einem mannshohen Spiegel. Mann, er sah wirklich schrecklich aus. Er kämmte sich mit den Fingern das Haar und versuchte einige der Flecken auf seinem Anzug wegzuwischen, aber es war hoffnungslos. Mit einem Knurren wandte er sich von seinem Spiegelbild ab, denn er wollte nicht sehen, wie verdammt schuldbewusst es dreinblickte.
»Ich weiß es nicht«, sagte Sally. »Delaware sagte, sie würde Sie in Kenntnis setzen. Sieht aus, als wäre da etwas faul.«
Dämonia, Tod, Familie. Es war verdammt vorhersehbar, worum es da ging, dachte Malachi wütend. Menschen! Er hatte in diesem Moment ebenso sehr die Nase voll von ihnen, wie dies bei den Elfen immer der Fall war. Sie hatten keine Ahnung, wo sie sich vorsehen mussten oder warum, aber das war für sie noch lange kein Grund zuzuhören.
Seine Krallen sprangen beim Gedanken daran hervor, dass er gleich Delawares kaltem Buchhalterblick entgegentreten musste, nachdem er schon Jones’ Todeswunschambitionen ertragen hatte. Er musste zehn Minuten warten, bis sie sich weit genug zurückgezogen hatten, dass er den Raum verlassen konnte.
Aus Cara Delawares Büro blickte man durch Panoramafenster über das Bay-City-Areal. Sie stand an der Spitze der Abteilung, war die Herrscherin dieser Welt. Malachi wusste, dass Sarasilien und er und alle anderen untergebenen Diplomaten ihre Regierung nur tolerierten, weil es ihrer Sache diente. Er war nie sicher, ob sie das wusste oder nicht. In beiden Fällen wäre es eine Erklärung für die emotionslose Art, die sie an den Tag legte; Enttäuschung oder Ego, das waren zwei Seiten der gleichen Medaille. Sie ließ ihn eine Minute warten, in denen er seine Raubtierinstinkte unter Kontrolle halten musste. Sie las etwas an ihrem Schreibtisch.
Er lief ruhelos vor dem Fenster auf und ab und suchte sich geeignete Opfer unter den Fußgängern, die er dort unten an verschiedenen Stellen sehen konnte. Die kalte Luft der Klimaanlage kühlte sein Gemüt, ließ aber seine Nase trocken werden. Er nieste, drei schnelle Katzennieser. Er war abergläubisch, was die Drei anging, also nieste er erneut, aber das war kein echtes Niesen mehr.
Delaware blickte auf, wobei ihr schwerer brauner Pferdeschwanz heftig hinter ihrem Kopf hin- und herschwang. Sie war so makellos, wie er es gern gewesen
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