Liliane Susewind – Ein Panda ist kein Känguru (German Edition)
vorsichtig an Schnuffi schnupperte, hielt Lilli den Atem an.
»Ja, er ist mein Kind«, raunte die Pandamutter. »Mein Kind.« Sie stieß ihn sanft mit der Schnauze an, und Schnuffi quietschte vor Freude. »Mama!
»Bring ihn zu mir rein«, sagte die Bärin.
»Ja!« Lilli konnte es kaum fassen. Hastig bat sie Jesahja, das Gehege aufzuschließen, und er tat es sofort.
Lilli betrat mit Schnuffi das Gehege. Die Bärin kam mit kleinen Schritten auf sie zu, und Lilli hörte Herrn Grimm-Hartmüller im Hintergrund rufen: »Mein Gott, sei vorsichtig, Kind!«, doch darauf konnte sie nicht weiter achten.
Schnuffi reckte sich seiner Mutter entgegen. »Mama!«, rief er sehnsüchtig und strampelte mit den Beinchen.
Die Bärin war nun ganz nahe bei ihnen. Sie zögerte kurz, dann fuhr sie ihre Zunge aus und begann, Schnuffi zärtlich über das Fell zu lecken.
Lilli hätte am liebsten laut gejauchzt. Das war es! Die Pandamutter hatte ihr Kind wieder angenommen!
Lilli legte Schnuffi mit klopfendem Herzen ins weiche Stroh. Die Bärin ließ sich sofort neben ihm nieder und verstärkte ihre Anstrengungen, ihn von den flauschigen Ohren über die moppelige Mitte bis zu den tapsigen kleinen Füßen abzulecken.
Lilli hörte Kylie schnalzen: »Jetzt sieht sie endlich, wie schön er ist!« Das Känguru klang, als freue es sich für den Kleinen und seine Mama. Und das wiederum freute Lilli.
Sie trat zurück. Einen Schritt nach dem anderen entfernte sie sich langsam und andächtig von der rührenden Szene im Pandagehege und verließ schließlich auf leisen Sohlen den Käfig.
»Sie sind wieder zusammen!«, sagte sie und blickte in neun Gesichter, die ebenso strahlten wie sie selbst.
Happy Birthday, Jesahja!
Als Lilli am folgenden Morgen erwachte, hörte sie aufgeregtes Tuscheln und Rumoren im Wohnzimmer. Im Schlafanzug tapste sie die Treppe hinunter. Bonsai trippelte neben ihr her und wuffte geschäftig vor sich hin. »Da ist was im Gange!«
Lilli betrat das Wohnzimmer. »Happy –«, schallte ihr ein dreistimmiger Liedanfang entgegen, der abrupt abbrach, als Lillis Eltern und ihre Oma sahen, wer da hereingekommen war.
»Oh, du bist es!«, rief ihre Mutter. Sie war sehr schick angezogen, was wahrscheinlich damit zu tun hatte, dass sie gleich zu ihrer Pressekonferenz fahren würde. »Wir dachten, es wäre Jesahja«, fügte sie mit einem Blick auf die Geburtstagstorte hinzu, die auf dem Tisch stand.
Lilli setzte sich gähnend an den Tisch.
»Wir wollen, dass es ein ganz toller Tag für Jesahja wird«, erklärte Lillis Vater und rückte eine der knatschbunten Girlanden zurecht, die überall an den Wänden hingen. Anschließend zündete er die Kerzen auf der Torte an.
Da hörten sie schlurfende Schritte auf der Treppe. »Alle auf Position!«, zischte Lillis Oma, und die drei Erwachsenen stellten sich mit strahlenden Gesichtern neben dem Tisch auf.
Kaum kam Jesahja herein, schmetterten sie schon los: »Happy birthday to you! Happy birthday to you …«
Während sie sangen, blickte Jesahja sich im Raum um und registrierte mit betretenem Gesicht die Girlanden und das große »Alles Gute zum Geburtstag!«-Schild, das über dem Tisch baumelte. Lilli sah ihm deutlich an, dass ihm ganz und gar nicht nach Feiern zumute war.
»Äh, danke …«, murmelte er, sobald die drei Susewinds fertig waren. Kaum hatte er das gesagt, stürzten sie schon auf ihn zu und drückten ihn einer nach dem anderen an sich.
Jesahja ließ die Umarmungen über sich ergehen und rang sich ein Lächeln ab. »Das ist wirklich nett«, nuschelte er und fuhr sich verlegen durch die dunklen Locken.
Lillis Vater machte ein fragendes Gesicht. »Geht’s dir gut?«
»Ja, klar!«, erwiderte Jesahja und versuchte zu lachen.
»Setz dich doch«, bat Lillis Mutter. »Zur Feier des Tages gibt es Torte zum Frühstück!«
»Super«, murmelte Jesahja und setzte sich an den Tisch. Als sein Blick Lillis kreuzte, hob sie die Hand und deutete ein Winken an. Jesahja nickte und schien froh zu sein, dass Lilli sich nicht auch noch auf ihn stürzte. Er schien sich sehr zu bemühen, gute Miene zur geballten Aufmerksamkeit seiner Pflegefamilie zu machen. Lilli ahnte jedoch, wie sehr er gerade an diesem Tag seine Eltern vermissen musste. Am liebsten hätte sie ihn einfach in Ruhe gelassen. Doch Herr Susewind sagte zu Jesahja: »Jetzt musst du die Kerzen auspusten und dir etwas wünschen!«
Lilli schnitt eine Grimasse. Wenn Jesahja sich wünschte, dass seine Eltern endlich
Weitere Kostenlose Bücher