Liliane Susewind – Ein Panda ist kein Känguru (German Edition)
Stühlen und fragten sich, was in aller Welt mit der sonst so professionellen, selbstsicheren Fernsehfrau geschehen war.
»Ich habe etwas zu sagen, das … von großer Wichtigkeit ist«, brachte Lillis Mutter stockend hervor. »Es geht um das Pandababy aus Zupplingen.«
Lillis Vater sog scharf die Luft ein.
Die Journalisten beugten sich interessiert nach vorn.
»Sie wissen sicherlich alle, dass das Pandababy Samstagnacht plötzlich aus dem Tierpark verschwand, gestern unter mysteriösen Umständen wieder dort auftauchte und völlig überraschend von der Pandamutter zurückgenommen wurde.«
Die Journalisten nickten und schrieben eifrig mit. Lilli hingegen wagte kaum zu atmen.
»Ich muss Ihnen nun etwas mitteilen.« Lillis Mutter schluckte. »Ich bin selbst in diese Geschichte verwickelt.«
Überraschtes Geflüster.
»Oder vielmehr … meine Tochter.«
Aufgeregtes Gemurmel.
»Sie haben gewiss davon gehört, dass man vermutet, das Pandababy sei von drei Kindern entführt worden?«
Das Gemurmel schwoll zu verblüfftem Getuschel an.
»Das ist tatsächlich so. Eines der Kinder war meine Tochter.« Frau Susewind hob die Stimme, um gegen den aufbrandenden Lärm anzusprechen. »Sie hatte allerdings einen sehr guten Grund dafür, das Pandababy zu … entwenden: Sie brachte es zu einem Känguru, das den Panda vorübergehend adoptiert hat.«
Von einer Sekunde auf die andere verstummte der Lärm. Alle gafften Lillis Mutter an, als sei sie übergeschnappt. Auf Jesahjas überraschtem Gesicht zeichnete sich indessen zum ersten Mal an diesem Tag echte Freude ab.
Eine Journalistin meldete sich. »Sagten Sie … Känguru?«
Frau Susewind nickte. »Ich weiß, dass es sich verrückt anhört, aber das Känguru war einen ganzen Tag lang Ersatzmutter für das Pandababy und hat den Kleinen im Beutel herumgetragen. Die beiden haben sogar vorübergehend bei uns im Garten gewohnt.«
Die Journalisten warfen Lillis Mutter entgeisterte Blicke zu.
Frau Susewind beugte sich zum Mikrophon vor und redete schnell weiter. »Als dem Kleinen nach dem Füttern immer schlecht wurde, weil er das Herumspringen des Kängurus nicht gut vertrug, haben wir ihn nach Zupplingen zurückgebracht. Und meine Tochter hat dafür gesorgt, dass die Pandamutter Schnuffi wieder angenommen hat.«
Nun schienen endgültig alle zu denken, sie sei völlig durchgedreht. Die Journalistin meldete sich abermals und fragte in abschätzigem Tonfall: »Und wie soll Ihre Tochter das bitte fertiggebracht haben?«
Lillis Mutter schloss kurz die Augen. Sie schien Angst vor der Antwort zu haben. Aber dann nahm sie die Schultern zurück, holte tief Luft und sagte: »Meine Tochter kann mit Tieren sprechen.«
Nur ein Satz. Ein kleiner Satz, und doch bedeutete er die ganze Welt für Lilli. Sie saß da und spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten.
Im Saal herrschte eisiges Schweigen. Da stand Lillis Oma plötzlich auf und begann, mit entschlossenem Gesicht zu applaudieren. Lillis Vater starrte sie verblüfft an, doch dann erhob er sich und applaudierte ebenfalls. Gleich darauf sprang auch Jesahja auf und fiel in den Beifall ein. Lillis Mutter schaute sie völlig aufgelöst, aber dankbar an. Das Geräusch der sechs klatschenden Hände wurde jedoch von der erdrückenden Stille im Raum beinahe verschluckt.
Nun erhob sich ein hünenhaft großer Mann inmitten der Journalisten.
»General Grimm!«, stieß Jesahja hervor.
»Und Oberst Essig!«, fügte Lillis Vater atemlos hinzu.
Da sah Lilli die Zoodirektorin ebenfalls. Sie stellte sich gerade neben den Tierparkdirektor und schaute mit einem derart einschüchternden Blick in die Runde, dass viele der Journalisten sich instinktiv duckten. Die Direktorin war eine ebenso beeindruckende Erscheinung wie der Direktor – und wenn die beiden nebeneinanderstanden, verstärkte sich ihre ehrfurchtgebietende Ausstrahlung um ein Vielfaches.
»Was machen die denn hier?«, fragte Jesahja.
Lillis Oma zwinkerte ihm zu. »Ich habe die zwei angerufen und sie gebeten herzukommen.«
»Aber weswegen denn?«, wunderte Lillis Vater sich.
»Na, damit sie bestätigen, dass Reginas Geschichte stimmt.«
»Aber …« Lillis Vater starrte seine Mutter ungläubig an. »Woher wusstest du …«
Lillis Oma zuckte mit den Achseln. »Ich habe mir so was schon gedacht.«
Frau Essig-Steinmeier ergriff mit durchdringender Stimme das Wort und stellte sich und den Tierparkdirektor vor. Die Journalisten schnappten nach Luft, als sie hörten, wen sie vor
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