Liliane Susewind – Ein Pinguin will hoch hinaus (German Edition)
Lilli Jesahja neben sich hervorstoßen. »Wahnsinn!«
Doch kaum hatte er das gesagt, ging irgendetwas schief. Yuki fiel plötzlich wie ein nasser Sack in die Tiefe! Hektisch schlug er mit den Holzflügeln, aber sie trugen ihn nicht mehr. Er kam dem Boden immer näher, zappelte verzweifelt mit den Beinchen und den Flügeln, aber es war vergebens. Er konnte nicht länger fliegen. Platschend landete Yuki im Wasserbecken.
»O Gott! Hoffentlich ist ihm nichts passiert!« Lilli stürzte zum Becken. Yuki paddelte ungelenk auf der Wasseroberfläche. Die künstlichen Flügel behinderten ihn, und er konnte nicht richtig schwimmen.
Jemand sprang ins Becken! Es war Finn, der sich flugs Jacke und Schuhe ausgezogen hatte und nun mit ein paar schnellen Schwimmzügen bei dem kleinen Pinguin war. Behutsam zog er ihn zum Beckenrand. Dort nahm er ihm die Holzflügel und die Brille ab. »Alles in Ordnung, Kleiner?«, fragte er und tastete Yuki vorsichtig ab.
Pasha watschelte unbeeindruckt näher. »War ja klar, dass das in einer Bruchlandung endet. Wenn jemals ein Pinguin fliegen wird, dann ja wohl ein Kronenpinguin und nicht das lahme Gesocks.«
»Halt mal den Rand, Schreihals!«, herrschte Kasimir Pasha an und stellte sich schützend zwischen ihn und Yuki. »So mutig wie der Kleine wirst du niemals sein.«
»Was?« Drohend senkte Pasha den Kopf. »Willst du unterjocht werden?«
Lilli ging augenblicklich dazwischen. »Kein Streit jetzt!«, rief sie in bestimmtem Ton. »Nehmt euch zusammen. Yuki ist gerade abgestürzt und braucht Hilfe.«
Die beiden Pinguine wichen gehorsam auseinander, und Lilli kniete sich neben Yuki. »Hast du dir weh getan?«
»Nein, alles okay«, entgegnete Yuki heiser. Er stand da wie ein begossener Pudel, mit hängendem Kopf und hängenden Flügelchen. »Einen ganz kurzen Moment lang hat es geklappt! Aber dann bin ich wieder runtergefallen.«
Er klang so traurig, dass es Lilli das Herz zusammenzog. »Das tut mir so leid. Ich habe keine Ahnung, wieso es nicht geklappt hat.« Hilfesuchend blickte sie zu Jesahja. Der starrte auf den Felsen. Dann auf das Wasserbecken. Und wieder zurück. Immer wieder wanderte sein Blick zwischen Felsen und Wasserbecken hin und her, als könne er nicht begreifen, was schiefgegangen war.
»Es war einen Versuch wert«, sagte Frau Essig-Steinmeier und drückte tröstend Lillis Schulter. »Yuki ist ja nichts passiert, und es hätte immerhin auch funktionieren können.«
»Hat es aber nicht«, murmelte Jesahja mit düsterer Miene. »Ich muss mich verrechnet haben.«
»Das kann vorkommen«, wiegelte Frau Essig-Steinmeier ab.
Jesahja verzog den Mund. »Tja. Ich bin halt doch nicht so schlau wie alle denken.«
»Du hast dein Bestes gegeben«, beschwichtigte Herr Grimm-Hartmüller und legte den Arm um Jesahjas Schulter.
Jesahja schüttelte ihn mit wütendem Gesicht ab.
Es entstand eine unangenehme Pause.
Dann sagte Jesahja leise: »Mein Bestes war eben nicht gut genug.« Damit drehte er sich um und verließ mit schnellen Schritten die Pinguinanlage.
»Jesahja!«, rief Lilli, aber er drehte sich nicht um. Lilli wäre ihm am liebsten nachgelaufen. Derartig geknickt hatte sie Jesahja selten gesehen. Doch sie konnte Yuki jetzt nicht allein lassen. Er brauchte sie.
Langsam streichelte sie dem Pinguin über den kleinen Kopf. »Vielleicht können wir es irgendwann noch mal versuchen …«, sagte sie vage.
»Meinst du wirklich?« In Yukis heiserer Stimme lag auf einmal wieder Hoffnung. »Meinst du, ich werde irgendwann hoch oben am Himmel fliegen? Dort, wo die Vögel ihre Kreise ziehen?«
Lilli hätte es ihm zu gern versprochen, aber das konnte sie nicht.
Da fragte Herr Grimm-Hartmüller unvermittelt: »Hast du eventuell noch andere Fähigkeiten, Liliane?«
Lilli warf ihm einen verdutzten Blick zu.
»Kannst du vielleicht auch Telekinese?« Der Direktor wirkte plötzlich aufgeregt. »Also, Gegenstände nur durch Gedanken bewegen?« Lilli sah ihn immer noch wortlos an, aber er redete einfach weiter. »Falls ja, könntest du Yuki mit deinen Gedanken in der Luft halten. Dann kann er nicht abstürzen!«
Frau Essig-Steinmeier schnalzte mit der Zunge. »Das wäre ja ein Ding, wenn Liliane noch andere Fähigkeiten hätte!«
Lilli schüttelte den Kopf. »Ich kann kein … Tele…«
»Vielleicht ja doch!«, rief Trina, die die ganze Zeit über abseits gesessen hatte und erst jetzt näher kam. »Vielleicht kannst du das und weißt es nur nicht! Wollen wir mal einen Test machen? Wir
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