Liliane Susewind – Schimpansen macht man nicht zum Affen (German Edition)
sie.
»Lilli … gekommen«, grunzelte Armstrong und schmiegte seinen Kopf an ihren Arm. Um den Fuß trug er noch immer einen Verband. »Da!«, rief er und wies nach draußen.
Vor Armstrongs Gehege saßen wieder King Olli und Tikitomba. Mit neugierigen Blicken verfolgten sie, was im Käfig des kleinen fremden Affen geschah.
»Ich glaube, die anderen Schimpansen würden dich gern kennenlernen«, sagte Lilli.
Da hob Armstrong die Hand und winkte den beiden. Lilli staunte nicht schlecht. Der kleine Schimpanse wedelte auf sehr menschliche Weise mit der Hand durch die Luft und grinste breit. »Hallo … Pansen!«, rief er.
Armstrong wirkte urkomisch, doch Lilli wurde es mulmig zumute. Kein Affe winkte und grinste zur Begrüßung … Es sah ganz danach aus, als sei ihm von Menschen beigebracht worden, sich zum Affen zu machen.
King Olli und Tikitomba starrten Armstrong ratlos an und schienen sich zu fragen, warum er derartig mit der Hand herumfuchtelte. Sein breites Grinsen, das in der Affensprache das Gegenteil von Freude oder Freundlichkeit bedeutete, verwirrte sie zusätzlich.
Plötzlich klopfte es an die Scheibe. Das Geräusch kam aus dem Besucherraum des Affenhauses. Vor der Scheibe stand Onkel Kornelius! Lilli flüsterte Armstrong zu, dass sie bald wiederkommen würde, woraufhin der Schimpanse sich erneut unter dem Laken verkroch. Er schien zwar neugierig auf die anderen Affen, aber gleichzeitig immer noch sehr schüchtern.
»Hi Lilli!«, grüßte Kornelius, als sie aus dem Affenkäfig trat und Armstrongs Gehege abschloss. »Ist das der Schimpanse, den ihr im Park gefunden habt?«
Lilli nickte verkrampft. Wie sollte sie Jesahjas Onkel bloß erklären, was sie hier tat? Er wusste ja nicht, dass sie mit Tieren sprechen konnte! Ihre Mutter hatte darauf bestanden, dass er es nicht erfuhr, denn Kornelius würde schon bald wieder aus dem Haus der Sturmwagners ausziehen – nämlich dann, wenn Jesahjas Eltern aus China zurückkamen. Es »lohnte« sich nach Meinung von Lillis Mutter also nicht, ihn einzuweihen.
Onkel Kornelius schien zu bemerken, dass Lilli sich unwohl fühlte, und zwinkerte aufmunternd. »Ich dachte, ich komme mal vorbei und sehe mir den Affen an. Das Ganze ist ja eine spannende Geschichte.« Er wurde ernster. »Sag mal, was machst du eigentlich im Affenkäfig, Lilli?«
Sie biss sich auf die Lippe. »Also … ich arbeite hier.« Sie konnte einfach nicht lügen.
»Du arbeitest hier?« Er lachte. »Bist du nicht ein bisschen zu jung, um schon Tierpflegerin zu sein?«
»Ich bin keine Tierpflegerin.«
»Nein? Was bist du dann?«
Lilli überlegte fieberhaft, was sie antworten könnte. Wäre Jesahja hier gewesen, hätte er ihr bestimmt mit einer cleveren Bemerkung aus der Patsche geholfen, aber Lilli musste ohne ihn zurechtkommen. »Ich bin Tier-Dolmetscherin.«
»Du bist was?« Kornelius lachte lauter.
»Ich kann mit Tieren sprechen.«
Er starrte Lilli an. »Du machst Witze, oder?«
»Nein. Ich verstehe Tiere wirklich, und sie mich. Und mit dem Schimpansen spreche ich darüber, wo er herkommt und was er früher erlebt hat.«
»Unglaublich.« Kornelius’ Gesicht war nun sehr ernst. »Ich habe mich schon gewundert, warum sich dein Hund und unsere Katze so komisch verhalten. Jetzt ergibt das alles einen Sinn.« Er lächelte. »Du hast eine tolle Gabe, Lilli.«
Lilli verknotete angespannt die Finger ineinander. »Nur wenige Leute wissen davon.« Sie blickte ihn vielsagend an.
»Verstehe.« Kornelius schmunzelte, und um seine Augen breiteten sich Lachfältchen aus. »Du kannst dich auf mich verlassen. Ich bin sehr gut darin, Geheimnisse zu bewahren.« Er lachte und nahm Lilli in den Arm. Lilli lächelte erleichtert und war unendlich froh, dass er sie nicht verraten würde.
»Ich muss dann mal wieder los«, sagte er mit einem Blick auf die Uhr. »Von dem Affen gibt es ja eh nicht viel zu sehen.« Armstrong steckte noch immer unter dem Laken.
Als Kornelius sich verabschiedet und das Affenhaus verlassen hatte, rief plötzlich eine laute Stimme: »Hallo Dumpfbirne!«
Lilli fuhr herum. Vor ihr stand Trixi. Und weit und breit war kein Pfleger zu sehen.
Die Wölfe
»Was machst du hier?«, fragte Lilli erschrocken. »Du darfst doch gar nicht allein im Zoo rumlaufen!«
Trixi stand breitbeinig da. »Heute sind drei Pfleger krank, und Oberst Essig hat nicht genug Leute, um mich die ganze Zeit beaufsichtigen zu lassen. So ein Jammer.« Sie grinste. »Ich musste dem Oberst zwar versprechen, keine
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