Liliane Susewind – Tiger küssen keine Löwen (German Edition)
geschehen«, sagte Jesahja.
Lilli wandte sich noch einmal an Captain Caruso. »Wenn das Mädchen wiederkommt, spring bitte nicht gegen die unsichtbare Wand, okay?«
»Natürlich nicht!« Der Otter reckte den Kopf in die Höhe. »Da wäre ich ja schön blöd.«
Lilli und Jesahja entfernten sich vom Ottergelände, und Lilli kümmerte sich um eine Eule, die eine Impfung bekommen sollte, aber nicht stillhalten wollte.
Nachdem die Eule problemlos geimpft worden war, schlenderten Lilli und Jesahja wieder in Richtung des Ottergeheges. Als sie um die Ecke bogen, blieben sie wie angewurzelt stehen. Vor der Glaseinfassung der Otter kniete Trixi, mit einem Krebs in der Hand.
Jesahja zog Lilli gerade noch rechtzeitig hinter einen Busch, sodass Trixi sie nicht entdeckte.
Aus den Kopfhörerstöpseln der jüngeren Korks-Schwester dröhnte Hip Hop, und immer wieder sah Trixi den Zoopfad entlang, wahrscheinlich um sicherzustellen, dass niemand sie überraschte. Sie wedelte genüsslich mit dem Krebs vor Captain Carusos Nase herum, und der Otter sprang immer wieder mit voller Wucht gegen die Glasscheibe. Dabei schrie er: »Ich krieg ihn! Herrschaftszeiten! Ich krieg das Ding!«
Ursel lief währenddessen aufgeregt hinter Caruso auf und ab. »Nicht springen, du tust dir weh!«
Trixi grinste höhnisch und genoss das böse Spiel anscheinend in vollen Zügen.
Da trat Finn von hinten an sie heran und tippte ihr auf die Schulter. Trixi zuckte zusammen. Eilends zog sie die Stöpsel aus den Ohren.
»Du hörst sofort damit auf!«, herrschte Finn sie mit eisiger Stimme an.
»Ich …«
»Sofort!«
Trixi übergab Finn mit gesenktem Kopf den Krebs, und Finn warf ihn über die Glasscheibe in das Gehege.
Der Otter jubelte. »Ich hab ihn! Weib, siehst du? Ich hab ihn doch gekriegt. Hab ich’s nicht gesagt? Niemand veräppelt Captain Caruso!«
Finns Miene, die für gewöhnlich verschmitzt und freundlich war, zeigte nun keinerlei Wohlwollen. »Du bist Trinas Schwester, richtig?«
Trixi schob trotzig das Kinn vor. »Wäre möglich.«
»Hör mit den Spielchen auf, Trixi! Das hier ist alles andere als spaßig«, sagte Finn schneidend. »Du hast ab sofort kein Besuchsrecht mehr im Zoo. Das heißt, du darfst nie wieder hierherkommen. Hast du das verstanden?«
Trixis Augen verengten sich, doch als Finn sich zu voller Größe aufrichtete und sie streng anblickte, begriff sie offenbar, dass sie verloren hatte. »Ja, ich habe verstanden.«
»Dann geh jetzt, und komm nie wieder.«
Trixi zögerte kurz, dann machte sie sich auf den Weg zum Ausgang.
Lilli und Jesahja bückten sich tief hinter den Busch, doch da hatte Trixi sie schon entdeckt. Ihr Gesichtsausdruck wurde noch düsterer. »Habt ihr etwa alles mit angesehen?«
Lilli und Jesahja traten langsam hinter dem Busch hervor.
»Hat euch das Zusehen Spaß gemacht?« Trixis Stimme bebte. »Oder seid ihr sogar diejenigen, die den Pfleger auf mich gehetzt haben?«
»Tu nicht so, als hätten wir dir irgendwas getan!«, platzte Jesahja heraus, und Lilli rief: »Du hast ein Tier gequält! Wieso machst du das? Captain Caruso tut sich deinetwegen weh und blutet! Du bist so gemein!«
Trixi lachte böse. »Ist doch witzig, diese strohdummen Viecher zu ärgern. Dann langweilt man sich hier wenigstens nicht so.« Ihre Miene wurde wieder ernst. »Gibst du es zu, Lilli? Der Otter hat mich bei dir verpfiffen und du hast es brühwarm dem Pfleger weitergetratscht?«
»Das ist richtig.« Lilli konnte einfach nicht lügen.
Trixi lief dunkelrot an. »Das zahle ich euch heim, das schwöre ich. Das bekommt ihr doppelt und dreifach zurück!« Mit diesen Worten stürmte Trixi davon.
Lilli und Jesahja blieben schweigend zurück. Lilli wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Finn hatte Trixi zwar auf frischer Tat ertappt und nun durfte sie den Zoo nie wieder betreten und würde kein Tier mehr ärgern können. Aber Lilli wusste auch, dass Trixi es bitterernst meinte, wenn sie eine Drohung aussprach. Sie war sowieso wütend auf Lilli gewesen, und nun hatte sie einen neuen Grund, auf Rache zu sinnen.
Jesahja und Lilli waren in Gefahr.
Bao
Einige Stunden später saßen Lilli und Jesahja auf einer Mauer am Wegesrand. Beide waren nicht besonders gesprächig. Ihnen ging immer noch die Geschichte mit Trixi im Kopf herum. Sie wussten nur zu gut, wozu Trixi Korks fähig war und dass sie keinerlei Skrupel kannte.
»Da drüben ist Herr Pong«, bemerkte Jesahja nach einiger Zeit.
Da sah Lilli ihn auch. Herr
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