Liliane Susewind – Tiger küssen keine Löwen (German Edition)
Mädchen auf deiner Schule verknallt sind? Was soll an dem denn so toll sein?«
Trixi zuckte mit den Schultern. »Vielleicht seine hübsche Fresse.«
Trixi und Trina lachten höhnisch, doch Lilli verstand nicht, warum. Was war lustig daran, dass Jesahja der bestaussehende Junge der Schule war?
»Die Elefantenflüsterin muss sich allerdings keine Sorgen machen, dass sie irgendwann mal zu viele Verehrer hat«, krähte Trina. »In die verknallt sich bestimmt niemand!«
Trixi fiel wiehernd in das Lachen ihrer Schwester ein.
Lilli senkte beschämt den Kopf. Sie wusste, dass sie keine Schönheit war. Ihre rostroten Locken erschienen ihr manchmal wie widerspenstige Strohkringel, die wild vom Kopf abstanden, und ihre Augen lagen zu weit auseinander. Doch das Gelächter der Korks-Schwestern tat ihr trotzdem weh.
»Hör gar nicht hin, Lilli«, sagte Jesahja laut. »Die beiden haben keine Ahnung, wovon sie reden. Sie haben selbst bestimmt noch nie einen Verehrer gehabt.«
Trinas und Trixis Lachen verstummte schlagartig. Anscheinend hatte Jesahja voll ins Schwarze getroffen. Er konnte sich ein kleines Siegeslächeln nicht verkneifen, doch das reizte Trina und Trixi noch mehr.
»Hör auf zu grinsen, Superhirn«, knurrte Trixi, »oder ich polier dir deine schöne Visage.«
»Glaubst du etwa, ich hätte Angst vor dir?« Jesahja lachte.
Lilli zupfte ihn am Ärmel. »Lass uns weitergehen«, bat sie voller Unbehagen.
»Zieht ruhig den Schwanz ein und lauft zu Mama!«, rief Trixi, worauf Trina erneut in blökendes Gelächter ausbrach.
»Bald habt ihr nichts mehr zu lachen, ihr Loser!«, schleuderte Trina ihnen nach.
Lilli zog Jesahja den Weg entlang. Sie wollte so schnell wie möglich fort von den Korks-Schwestern. Im Doppelpack waren die beiden kaum zu ertragen.
Trixis und Trinas gehässiges Lachen verfolgte sie, bis sie um eine Ecke bogen und die Schwestern endlich außer Hörweite waren.
Captain Caruso
Wenig später standen Lilli und Jesahja vor dem Gehege der Otter. Lilli rief sich noch einmal ins Gedächtnis, was ihr Frau Essig-Steinmeier über das Problem erzählt hatte: Das Ottermännchen, Captain Caruso, hatte ständig Nasenbluten. Aber Doktor Özgür sagte, körperlich sei alles in Ordnung mit ihm. Niemand wusste, warum die Nase des kleinen Tiers so oft blutete, und Lilli sollte es herausfinden.
Der katzengroße Otter mit dem dunkelbraunen Fell tauchte gerade aus dem Teich auf, der in der Mitte seines Reviers angelegt war. In der Schnauze trug er einen Zweig, der dreimal so lang war wie er selbst. »Herrschaftszeiten! Zum Donnerlittchen!«, schimpfte er. »Das hält einfach nicht. So ein Käse!« Offensichtlich versuchte der Otter, irgendetwas zu bauen, und hatte dabei Schwierigkeiten. »Käse, Käse, Käse!« Captain Caruso stapfte auf seinen krummen Beinchen ärgerlich aus dem Wasser.
Lilli beugte sich über die Glasscheibe, die das Ottergehege umzäunte. »Was gibt es denn für ein Problem?«
Als Captain Caruso Lillis Stimme hörte, ließ er vor Schreck den Zweig fallen und starrte Lilli gebannt an.
Da kam Carusos Weibchen Ursel aus dem Bau geflitzt. »Woher kommt die Stimme?«, fragte sie aufgeregt. »Wer war das?«
»Da«, hauchte Captain Caruso und wies langsam mit dem Kopf auf Lilli.
Die beiden Otter glupschten Lilli mit ihren schwarzglänzenden Knopfaugen an.
Lilli sagte: »Ihr wundert euch sicher, dass ihr mich versteht, richtig?«
Captain Caruso und Ursel reagierten nicht, sondern stierten Lilli weiterhin wortlos an.
»Ich möchte euch gern etwas fragen«, sprach Lilli weiter. »Captain Caruso, du hast doch oft Nasenbluten …«
»Ach, das ist doch nicht der Rede wert!« Der Otter erwachte aus seiner Starre und plusterte sich auf. »So ein bisschen Nasenbluten haut einen alten Seemann wie mich nicht um!«
Ursel reckte schnuppernd die Nase in die Luft und trippelte vertrauensvoll näher. »Er regt sich immer so auf.«
»Ach, Papperlapapp! Das stimmt doch gar nicht, Weib!«
Ursel fuhr unbeirrt fort. »Er regt sich über alles und jedes auf, und ganz besonders über dieses Menschenmädchen, das ihn immer ärgert.«
Lilli wurde hellhörig. »Was für ein Menschenmädchen?«
»Niemand ärgert mich!«, polterte Captain Caruso. »Das würde keiner wagen.«
Ursel ignorierte ihn. »Dieses Mädchen hält jedes Mal einen kleinen, leckeren Krebs in der Hand und wedelt hinter der durchsichtigen Wand damit hin und her. Wenn Caruso nach dem Krebs schnappt, prallt er mit der Nase gegen die Wand. Dann
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