Lilien im Sommerwind
sich manchmal ein. Du hattest ein Bild in deinem Kopf. Es war ein sehr klarer Gedanke, und ich habe ihn empfangen. Kerzenlicht, Musik, und wir beide standen am Bett. Ich habe es in meinem Kopf ganz deutlich gesehen.«
»Also ... was hast du angehabt?« Als sie ihn vorwurfsvoll ansah, zuckte er mit den Schultern. »Ist auch egal. Du empfängst also Bilder von Gedanken.«
»Manchmal.« Er wirkte so entspannt. Warum war er nicht wütend? »Gott, du verwirrst mich.«
»Gut, das hält dich wach. Funktioniert es immer so?«
»Nein. Nein. Wenn man auch nur einen Funken Anstand besitzt, dann stöbert man nicht in den privaten Gedanken anderer Leute herum. Ich verdränge sie einfach. Das ist nicht schwer, weil sie sowieso nur mit Mühe zu mir durchdringen - oder wenn sie mit starken Gefühlen belastet sind. Oder wenn ich sehr müde bin.«
»Gut, dann halte ich mich das nächste Mal, wenn wir uns lieben und du hinterher einschläfst, besser mit meinen Fantasien über Meg Ryan zurück.«
»Meg ...« Bestürzt richtete Tory sich auf und verschränkte automatisch die Arme über der Brust. »Meg Ryan?«
»Natürlich, sexy, klug.« Cade öffnete die Augen. »Scheint mein Typ zu sein.« Er neigte den Kopf und musterte Tory. »Ich versuche mir dich gerade mit blonden Haaren vorzustellen. Es könnte funktionieren.«
»Ich werde mich nicht an irgendwelchen lüsternen Fantasien beteiligen, die du über irgendeine Hollywood- Schauspielerin hast.« Beleidigt wollte sie aus dem Bett steigen, aber er drehte sie auf den Rücken und legte sich auf sie.
»Ach komm, Liebling, nur dieses eine Mal.«
»Nein.«
»Gott, du hast gekichert. Meg hat auch dieses kleine, sexy Kichern.« Er knabberte an Torys Schulter. »Das erregt mich.«
»Geh von mir runter, du Idiot.«
»Ich kann nicht.« Er überschüttete ihr Gesicht mit Küssen. »Ich bin ein hilfloses Opfer meiner eigenen Fantasien. Kicher noch einmal. Ich flehe dich an!«
»Nein.« Aber sie tat es doch. »Nein! Wag es nicht ... Himmel noch ...« Ihr Lachen verebbte, als er in sie eindrang. Sie bog ihm die Hüften entgegen. »Wag es nicht, mich Meg zu nennen.«
Lachend küsste er sie.
Sie aßen Lilahs Auflauf und spülten ihn mit Wein hinunter. Und dann fielen sie wieder ins Bett. Sie liebten sich bei Mondaufgang, und das silberne Licht glänzte auf ihren Körpern. Dann schliefen sie bei offenem Fenster ein, und der Wind trug den Duft des Sumpfes zu ihnen herein.
»Er kommt zurück.«
Hope saß mit gekreuzten Beinen auf der Veranda des Sumpfhauses. Diese Veranda hatte es noch nicht gegeben, als sie ein Kind war. Sie warf ihre silbernen Jacks aus und begann, mit dem kleinen roten Gummiball auf die sternförmigen Metallstückchen zu zielen.
»Er beobachtet uns.«
»Wer? Wer beobachtet uns?« Tory war wieder acht, mit schmalem Gesichtchen und zerschrammten Knien. Misstrauisch blickte sie sich um.
»Er tut Mädchen gern weh.« Sie sammelte den letzten Jack auf und warf sie erneut. »Dadurch kommt er sich groß und wichtig vor.« Wieder begann sie, mit dem Ball nach den Metallstückchen zu zielen.
»Er tut auch anderen Mädchen weh. Nicht nur dir.«
»Nicht nur mir«, stimmte Hope zu. »Das weißt du schon.« Die Jacks klapperten. Ein leichter Wind kam auf und brachte den Duft von blühenden Rosen und Geißblatt mit sich. »So wie damals, als du das Bild von dem kleinen Jungen gesehen hast.«
»Das kann ich nicht mehr machen.« Torys Herz begann heftig zu klopfen. »Ich will es nicht mehr.«
»Du bist zurückgekommen«, sagte Hope einfach. »Du musst vorsichtig vorgehen, nicht zu schnell und nicht zu langsam«, fuhr sie fort, während sie mit dem Ball an der Schnur vier Metallstückchen auf einmal traf. »Sonst bist du aus dem Spiel.«
»Sag mir, wer er ist, Hope. Sag mir, wo ich ihn finde.«
»Das kann ich nicht.« Sie ließ den Ball wieder aufprallen, verfehlte aber dieses Mal die Jacks. »Uups.« Dann sah sie Tory an. »Jetzt bist du an der Reihe. Sei vorsichtig.«
Tory fuhr erschreckt aus dem Schlaf auf. Ihr Herz hämmerte schmerzhaft gegen ihre Rippen und sie hatte die Hand zur Faust geballt.
Es war vollkommen dunkel. Der Mond war untergegangen und hatte die Welt undurchdringlich schwarz zurückgelassen. Kein Lüftchen regte sich mehr. Es war totenstill.
Dann hörte sie ein Käuzchen schreien. Neben ihr in der Dunkelheit atmete Cade gleichmäßig, und sie stellte fest, dass sie im Schlaf so weit wie möglich von ihm weggerückt war.
Kein Kontakt beim
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