Lilien im Sommerwind
Tonfall fort. »Sie hat Sie um Hilfe gebeten, weil sie ein Kind aus einem Albtraum befreien wollte. Und Sie haben nichts getan.«
»Ich konnte Tory ihrer leiblichen Familie nicht wegnehmen. Iris Mooney hatte keinen Beweis, und ich hätte den Fall verloren.« Erregt erhob sich auch Gerald. Er war es nicht gewohnt, dass man ihm solche Fragen stellte. »Es gab weder Berichte von der Polizei noch vom Sozialamt. Nur das Wort der Großmutter. Wenn ich den Fall übernommen hätte, wäre nichts dabei herausgekommen.«
»Das werden wir nie erfahren. Weil Sie den Fall nicht übernommen haben. Sie haben nicht versucht zu helfen.«
»Es ging mich nichts an«, wiederholte Gerald.
»Es ging Sie sehr wohl etwas an. Es geht jeden etwas an. Aber sie hat es überstanden, ohne Ihre Hilfe, ohne irgendeine Hilfe. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen möchten - ich habe persönliche Angelegenheiten zu regeln.«
Cade ging rasch hinaus, stieg die Treppe hinauf und klopfte an die Tür seiner Mutter. Ihm ging durch den Kopf, dass es in diesem Haus oft geschlossene Türen gegeben hatte, Barrieren, die erst aufgehoben wurden, wenn man höflich darum bat. Hier waren gute Manieren immer schon höher eingeschätzt worden als Intimität.
Das wird sich ändern, gelobte er sich. Die Türen von Beaux Reves würden offen stehen. Seine Kinder würden nicht darauf warten müssen, dass man sie einließ.
»Herein.« Margaret packte. Sie hatte gesehen, wie Cade mit dieser Frau vorgefahren war, und erwartet, dass er bei ihr klopfte. Vermutlich wollte er sie bitten, ihre Meinung zu ändern, und würde versuchen, einen Kompromiss zu erreichen. Er ist ein Verhandlet dachte sie, während sie Seidenpapier zwischen ihre sauber gefalteten Blusen legte. Genauso wie sein Vater.
Es würde ihr große Befriedigung bereiten, seinen Angeboten und Bitten zu lauschen, um sie dann alle abzulehnen.
»Entschuldige, dass ich dich störe.« Diese Einleitung kam Cade automatisch über die Lippen. Er hatte sie unzählige Male gesagt, jedes Mal, wenn er in ihr Zimmer getreten war. »Es tut mir Leid, dass wir uns in einer solchen Situation befinden.«
Margaret blickte nicht einmal auf. »Mein Gepäck wird heute Nachmittag abgeholt. Ich erwarte natürlich, dass du mir den Rest meiner Sachen schicken lässt. Ich habe bereits eine vorläufige Liste aufgestellt, aber es dauert noch eine Weile, bis sie vollständig ist. Ich habe im Lauf der Jahre einige Dinge in diesem Haus angeschafft.«
»Natürlich. Hast du schon entschieden, wo du wohnen wirst?«
Sein ruhiger Tonfall ließ ihre Hände zittern, und sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu. »Ich habe noch keine endgültigen Vorkehrungen getroffen. Solche Dinge wollen sorgfältig überlegt werden.«
»Ja. Ich habe gedacht, dass du dich vielleicht in einem deiner eigenen Häuser wohler fühlen wirst, da du der Gemeinde verbunden bist. Das Gebäude an der Ecke Magnolia und Main gehört uns. Es ist ein hübscher, zweistöckiger Ziegelbau mit einem schönen Garten. Es ist zwar zur Zeit vermietet, aber der Mietvertrag läuft in ungefähr zwei Monaten aus. Wenn du interessiert bist, sage ich den Mietern Bescheid.«
Erstarrt blickte sie ihn an. »Wie leicht es dir fällt, mich hinauszuwerfen.«
»Ich werfe dich nicht hinaus. Das war deine Entscheidung. Du kannst immer noch hier bleiben. Es ist dein Heim. Aber es wird auch Torys Zuhause sein.«
»Mit der Zeit wirst du erkennen, was sie ist. Doch dann wird sie dich bereits ruiniert haben. Ihre Mutter war Abschaum. Ihr Vater ist ein Mörder. Und sie ist nur eine Opportunistin, eine berechnende Schlange, die nie ihren Platz gekannt hat.«
»Ihr Platz ist hier bei mir. Wenn du das nicht akzeptieren kannst, dann musst du dir einen anderen Platz suchen.«
Manchmal gab es eben nur ja oder nein. Und dieses Mal galt das sowohl für ihn als auch für seine Mutter.
»Wenn du willst, gehört das Haus an der Magnolia dir. Falls du jedoch lieber woanders hinziehen möchtest, werde ich für dich ein Haus deiner Wahl kaufen.«
»Aus Schuldgefühl?«
»Nein, Mama, ich empfinde kein Schuldgefühl dafür, dass ich mich für mein Glück entscheide und dass ich eine Frau liebe, die ich bewundere und respektiere.«
»Respektieren?«, fauchte Margaret. »Du sprichst von Respekt?«
»Ja. Ich kenne niemanden, den ich mehr respektiere. Also spielt Schuldgefühl hier keine Rolle. Aber ich werde dafür sorgen, dass du ein angemessenes Heim bekommst.«
»Ich brauche nichts von dir. Ich habe mein
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