Lilien im Sommerwind
sein, dass es sich nicht verändern würde. Nimm ihr das nicht.«
»Das tue ich nicht.« Er umschloss Torys Gesicht mit den Händen. »Aber ich werde auch nicht zulassen, dass sie das Haus oder die Farm benutzt, um mich ihrem Willen zu unterwerfen. Ich kann ihr nicht mehr geben, als ich ihr bereits angeboten habe, nicht einmal um deinetwillen.«
»Es gibt immer einen Kompromiss. Das hast du doch selber gesagt.«
»Sollte man meinen.« Er küsste sie auf die Stirn. »Aber manchmal gibt es eben nur ein Ja oder Nein.« Bekümmert blickte er sie an. »Bitte mich nicht darum, Victoria.« Er seufzte. »Bitte mich nicht darum, unser Glück von ihrer Zustimmung abhängig zu machen. Sie hat noch nie gebilligt, was ich tue.«
Es war seltsam, dass ihr das auf einmal in den Sinn kam. Er war in einem Schloss aufgewachsen und hatte sich doch genauso wie sie nach liebevollen Worten gesehnt. »Es tut dir weh. Es tut mir Leid, dass ich das nicht gesehen habe.«
»Alte Wunden.« Seine Hände glitten über ihre Arme, dann verschränkte er seine Finger wieder mit ihren. »Sie schmerzen schon lange nicht mehr so heftig.«
Aber von Zeit zu Zeit brechen sie wieder auf, dachte Tory. Er war nie mit einem Gürtel oder mit Fäusten geprügelt worden, aber es gab andere Methoden, um ein Kind zu verletzen. Selbst hier, in dieser schönen Umgebung, so weit entfernt vom Elend ihrer eigenen Kindheit. Schön, ja, dachte Tory. Aber auch einsam.
Jemand sollte auf einer Bank sitzen oder Gerbera für die Vase abschneiden. Ein Kind sollte bäuchlings auf dem Rasen liegen und eine Eidechse beobachten.
Das Gemälde brauchte Leben, Geräusche, Bewegung.
»Ich möchte Kinder.«
Cade blieb abrupt stehen. »Wie bitte?«
Wie war ihr auf einmal dieser Gedanke in den Sinn gekommen? »Ich möchte Kinder«, wiederholte sie. »Ich bin leere Höfe, ruhige Gärten und ordentliche Zimmer leid. Wenn wir hier leben, möchte ich Lärm um mich haben, Krümel auf dem Fußboden und schmutziges Geschirr in der Spüle. In diesen perfekten, unberührten Zimmern könnte ich nicht überleben, und das kannst du auch nicht von mir verlangen. Ich will nicht in diesem Haus wohnen, wenn kein Leben darin ist.«
Die Art, wie sie die Worte hervorsprudelte, brachte ihn zum Lächeln. Er dachte an den kleinen Jungen, der sich eine Festung aus Holz und Teerpappe hatte bauen wollen.
»Das ist ein interessanter Zufall. Ich habe gerade an zwei, möglicherweise drei Kinder gedacht.«
»Okay.« Sie atmete heftig aus. »Gut. Ich hätte wissen müssen, dass du dir schon Gedanken gemacht hast.«
»Ich bin ein Farmer. Wir planen und hoffen, dass das Schicksal mitspielt.« Er pflückte einen Zweig Rosmarin ab, der im Küchengarten wuchs. »Zur Erinnerung«, sagte er und reichte ihn ihr. »Während du auf mich wartest, kannst du darüber nachdenken, dass wir unser Leben planen müssen, und zwar so unordentlich und geräuschvoll, wie wir wollen.«
Sie trat mit ihm in die Küche, wo Lilah an der Spüle stand. Es roch nach Kaffee und Keksen und dem süßen Rosenduft, den Lilah jeden Morgen versprühte.
»Ihr kommt ein bisschen spät fürs Frühstück«, sagte sie. »Aber zum Glück habe ich gute Laune.« Lilah hatte sie in den letzten Minuten voller Freude beobachtet. Die beiden passten gut zusammen. So etwas wünschte sie ihrem Jungen schon lange.
»Na, setzt euch. Der Kaffee ist noch heiß. Ich habe auch noch ein paar Pfannkuchen, die niemand essen wollte.«
»Ist meine Mutter oben?«
»Ja. Und der Richter sitzt im vorderen Salon und wartet auf sie.« Lilah stellte Tassen auf den Tisch. »Sie hat heute noch nicht viel mit mir geredet. Sie hat den ganzen Morgen bei geschlossener Tür telefoniert. Deine Schwester ist letzte Nacht noch nicht einmal nach Hause gekommen.«
Cades Magen krampfte sich zusammen. »Sie ist nicht zu Hause?«
»Brauchst dir keine Sorgen zu machen. Sie ist bei Doc Wade. Das hat sie mir gestern gesagt, bevor sie abgerauscht ist. Anscheinend will in der letzten Zeit keiner außer mir mehr in seinem eigenen Bett schlafen. Setzt euch jetzt und esst.«
»Ich muss mit meiner Mutter sprechen. Gib ihr zu essen«, befahl er und wies auf Tory.
»Ich bin doch kein Hund«, murrte Tory, als er wegging. »Machen Sie sich keine Mühe, Lilah.«
»Setz dich und leg diesen Märtyrerblick ab. Cade muss die Sache mit seiner Mama in Ordnung bringen und du brauchst dir darüber nicht den Kopf zu zerbrechen.« Sie schob das Backblech in den Herd. »Und du wirst alles aufessen, was
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