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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Farm vorgenommen hatte, zu erklären und zu rechtfertigen. Er erinnerte sich an den Abend, als er ihr die Pläne, Grafiken und Statistiken gezeigt hatte. Sie hatte ihn angestarrt, und bevor sie ging, hatte sie mit eisiger Stimme erklärt, Beaux Reves könne nicht einfach zu Papier gebracht und analysiert werden.
    Es hatte wahrscheinlich umso mehr wehgetan, weil sie Recht gehabt hatte. Man konnte es nicht zu Papier bringen. Genauso wenig wie das Land, das er beschützen, bewahren und an die nächste Generation der Lavelles weitergeben wollte.
    Er war nicht weniger stolz auf Beaux Reves als Margaret, fühlte sich nicht weniger verpflichtet. Aber für Cade war es immer schon etwas Lebendiges gewesen, das atmete, wuchs und sich mit den Jahreszeiten veränderte. Für sie hingegen war es statisch, wie ein sorgfältig gepflegtes Denkmal. Oder ein Grab.
    Er tolerierte, dass sie nicht an ihn glaubte, genauso wie er es hinnahm, dass sich die Nachbarn über ihn lustig machten. In den ersten drei Jahren, als er die Farm leitete, hatte er zahllose schlaflose Nächte gehabt aus Angst und Sorge, dass er sich irrte, dass er scheitern würde, dass ihm das Erbe, welches ihm übergeben worden war, durch die Finger rinnen würde, weil er alles unbedingt so tun musste, wie er es für richtig hielt.
    Aber er hatte sich nicht geirrt, jedenfalls nicht mit der Farm. Natürlich war es zeitaufwendiger, anstrengender und teurer, Baumwolle biologisch anzubauen. Aber das Land - oh, das Land gedieh. Es war fruchtbar im Sommer, ruhte im Winter und war im Frühjahr bereit, die neue Ernte aufzunehmen.
    Cade setzte keine Giftstoffe ein, ganz gleich, wie viele Leute ihm sagten, dass er dadurch dem Boden und der Ernte schaden würde. Sie bezeichneten ihn als Wirrkopf, hielten ihn für eigensinnig, dumm und noch Schlimmeres.
    Doch als er zum ersten Mal die staatlichen Standards für ökologische Baumwolle erfüllt hatte, als er seine Ernte eingefahren und verkauft hatte, hatte er sich zur Feier des Tages still betrunken, ganz allein in dem Turmbüro, das seinem Vater gehört hatte.
    Er kaufte mehr Vieh, weil er an Vielfalt glaubte. Auch mehr Pferde kaufte er, weil er sie liebte. Und weil sowohl Pferde als auch Kühe Dünger produzierten.
    Cade glaubte an die Stärke und den Wert grüner Baumwolle. Er studierte und experimentierte. Er stand so fest zu seinen Überzeugungen, dass er das Gras von Hand mähte, wenn es nötig war, und seine Blasen ertrug, ohne sich zu beklagen. Er beobachtete den Himmel und die Börsenkurse mit gleicher Hingabe, und er steckte seine Profite genauso wieder in das Land, wie er die Baumwollereste nach der Ernte wieder unterpflügte.
    Andere Besitztümer seiner Familie, Gebäude und Fabriken, die er verpachtete oder vermietete, nutzte er, arbeitete mit ihnen, jonglierte mit ihnen. Aber sie standen seinem Herzen nicht nahe.
    Nur das Land zählte.
    Cade konnte es nicht erklären und hatte es auch nie versucht. Aber er liebte Beaux Reves so, wie manche Männer eine Frau lieben. Vollständig, besitzergreifend, eifersüchtig. Jedes Jahr rauschte sein Blut, wenn das Land für ihn gebar.
    Aus dem kühlen Morgen war ein stickiger Nachmittag geworden, ehe er alle seine Arbeiten und Pflichten erledigt hatte.
    Cade hielt an der Gärtnerei, um Unkrautvernichtungsmittel für seine Mutter zu kaufen. Die Blumengestelle vor dem Laden zogen seine Blicke auf sich. Aus einem Impuls heraus wählte er eine Palette mit rosafarbenen Fleißigen Lieschen aus und trug sie nach drinnen.
    Die Clampetts führten die Gärtnerei bereits seit zehn Jahren. Begonnen hatten sie mit einem Stand an der Straße, als Nebenerwerb zu ihrer Sojabohnen-Farm. In den vergangenen zehn Jahren hatten sie mit Blumen mehr Erfolg gehabt als mit ihrer Ernte. Je erfolgreicher die Gärtnerei war, desto großspuriger wurden die Clampetts.
    »Es gibt zwanzig Prozent Preisnachlass, wenn du noch eine Palette nimmst.« Billy Clampett zog an einer Camel, direkt unter dem >No smoking<-Schild, das seine Mutter an die Wand gehängt hatte.
    »Dann berechne mir zwei. Ich nehme mir die andere dann, wenn ich hinausgehe.« Cade stellte die Palette auf die Ladentheke. Er war mit Billy zur Schule gegangen, allerdings waren sie nie richtige Freunde gewesen. »Wie läuft's?«
    »Langsam, aber stetig.« Billy blinzelte durch den Rauch. Seine Augen waren dunkel und blickten unzufrieden drein. Seine Haare waren so hochgebürstet, dass sie scharf wie Nadeln wirkten, und sie hatten keine bestimmte Farbe.

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