Lilien im Sommerwind
dass sie nichts gemerkt hatte.
»Du hast hier hübsche Klunker.« Ihr gefielen die baumelnden Silberohrringe mit den kleinen Lapislazulikugeln, und sie hätte sie am liebsten sofort besessen. »Ich habe gar nicht gedacht, dass du auch Schmuck verkaufst. Du selbst trägst kaum welchen.«
»Mittlerweile fertigen drei Künstler für mich Schmuck an«, erwiderte Tory trocken. »Mir persönlich gefällt besonders die Brosche in der Mitte. Der Draht ist aus Sterlingsilber, und die Steine sind Granaten, Citrin und Karneol.«
»Ich verstehe. Sie sind wie Sterne über den Draht verstreut, so wie diese Feuerwerkskörper, die die Kinder am Vierten Juli anzünden.«
»Ja, so ähnlich.«
»Sie ist wirklich hübsch, aber ich stehe nicht so sehr auf Broschen und Anstecknadeln.« Faith biss sich auf die Lippen, aber dann siegte ihre Gier über ihren Stolz. »Mir gefallen diese Ohrringe hier.«
»Komm am Samstag.«
»Da bin ich vielleicht beschäftigt.« Sie wollte diese Ohrringe unbedingt jetzt. »Verkauf sie mir doch einfach schon. Deshalb eröffnest du doch den Laden, oder? Um zu verkaufen.«
Tory stellte eine Öllampe aus Ton auf das Regal. Ohne zu lächeln drehte sie sich um. »Ich habe noch nicht eröffnet, aber ...« Sie trat auf die Theke zu. »Um der alten Zeiten willen.«
»Wir beide hatten keine >alte Zeiten< zusammen.«
»Wahrscheinlich hast du Recht.« Tory löste den Schlüsse l , der an ihrer Gürtelschnalle festgehakt war. »Welche willst du haben?«
»Die da.« Faith tippte auf das Glas. »Die silbernen mit dem Lapislazuli.«
»Sie sind wirklich hübsch. Sie werden dir gut stehen.« Tory nahm sie von dem Satin und hielt sie gegen das Licht, bevor sie sie Faith gab. »Du kannst sie vor einem der Spiegel anprobieren, wenn du möchtest. Die Künstlerin lebt außerhalb von Charleston. Sie macht wunderschöne Sachen.«
Während Faith zu einem dreiteiligen Spiegel trat, der in Bronze und Messing gerahmt war, nahm Tory eine lange Kette aus dem Schaukasten. Warum sollte Faith nur ein Stück kaufen, wenn es auch genauso gut zwei sein konnten? »Das ist eines meiner Lieblingsstücke von ihr. Es passt gut zu den Ohrringen.«
Faith versuchte, nicht übermäßig interessiert zu wirken, blickte aber neugierig auf die Kette. Der Anhänger war ein großer Lapislazuli, der von zwei Silberhänden gehalten wurde. »Ungewöhnlich.« Sie legte ihre Ohrringe ab, um die neuen anzustecken, und dann überwand sie sich und nahm auch die Kette. »Es wäre allerdings nicht besonders lustig, wenn einem die gleiche auf der Straße entgegenkommt.«
»Keine Sorge.« Tory gestattete sich ein Lächeln. »Ich werde nur Einzelstücke verkaufen.«
»Ich sollte beide nehmen. Ich habe mir seit einer Ewigkeit schon nichts mehr gekauft. Hier in der Gegend gibt es irgendwie immer dasselbe.«
Ruhig schloss Tory die Auslage wieder ab. »Jetzt nicht mehr.«
Mit geschürzten Lippen betrachtete Faith das Preisschild an der Kette. »Manche Leute werden sagen, dass du zu billig bist.« Sie fuhr mit den Fingern über die Kette und sah Tory an. »Das stimmt aber nicht. Das ist ein fairer Preis. Tatsache ist allerdings, dass du in Charleston mehr verlangen könntest.«
»Da bin ich aber nicht. Ich verpacke dir die Sachen.«
»Mach dir keine Mühe. Ich trage sie einfach schon.« Faith öffnete ihre Tasche und ließ ihre alten Ohrringe einfach hineingleiten. »Schneid mir nur die Preisschilder ab und gib die Beträge in die Kasse ein.«
»Ich muss sie zusammenrechnen«, korrigierte Tory sie. »Ich habe die Registrierkasse noch nicht aufgestellt.«
»Was auch immer.« Faith legte Kette und Ohrringe ab. »Ich schreibe dir sowieso einen Scheck.« Als Tory die Hand ausstreckte, zog Faith die Augenbrauen hoch. »Ich kann ihn dir erst ausstellen, wenn du mir die Gesamtsumme sagst!«
»Nein, gib mir deine alten Ohrringe. So darfst du nicht mit ihnen umgehen. Ich gebe dir eine Schachtel dafür.«
Lachend holte Faith den Schmuck aus der Tasche. »Na gut, Mutter.«
Sex und Einkaufen, dachte Faith. Es gab keine bessere Art, den Tag zu verbringen. Und so wie es aussah, konnte man die Zeit in Torys Laden auf angenehme Weise verbringen.
Wer hätte gedacht, dass die kleine, verhuschte Tory Bodeen als Erwachsene einmal solch einen guten Geschmack haben würde? Und lernen würde, ihn so geschickt zu vermarkten?
Es war bestimmt ungeheuer viel Arbeit gewesen, die richtigen Sachen zu finden, die Leute, die sie herstellten. Und auszurechnen, wie viel sie dafür
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