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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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auseinander. Wie konnte er ihr so etwas sagen? Und das nach diesem Kuss?
    »Das heißt, er ist unschuldig«, sagte Beate.
    Sabrina schenkte dem Hund einen grimmigen Blick. Der legte den Kopf schief und begann, lauthals zu hecheln. »Das
kann alles heißen. Er redet viel, wenn der Tag lang ist. Aber meine Frage hat er nicht wirklich beantwortet.«
    »Weil er gerade festgestellt hat, dass wir in sein Allerheiligstes eingedrungen sind. Mannomann. Der Typ ist echt heftig. Was war das denn? Ein Gruselkabinett?«
    »Das war das, was andere Kindheitserinnerungen nennen.«
    »Den Kahn würde ich doch versenken, wenn ich das erlebt hätte. Nie mehr einen Fuß draufsetzen. Und er lebt in einem Tatort! Welcher normale Mensch lässt denn dieses Schlachtfeld so, wie es ist? Und das über Jahre! Schläft, isst, trinkt und macht Gott weiß was keine zwei Meter daneben. Das ist echt krank.« Beate schüttelte den Kopf. Der Hund schenkte ihr einen mitfühlenden Blick. »Aber ob ihn das schon zum Mörder macht, weiß ich nicht. Willst du zur Polizei?«
    »Warum das denn?«
    »Naja, immerhin suchen sie ihn ja als Zeugen.«
    Sabrinas Lippen brannten immer noch von diesem einen, unvergesslichen Kuss. Allein der Gedanke daran jagte einen Feuerstoß in ihren Bauch. Niemals durfte irgendjemand erfahren, dass sie dort gewesen waren. »Meine Mutter glaubt, ich wäre in Neuwied beim Metzger. Wenn sie erfährt, dass ich ausgebüxt bin, und dann auch noch bei Dunkelheit auf die Werth, wird sie irre. Kein Wort, okay?«
    Beate nickte. »Kein Wort. Ist wahrscheinlich auch besser so. Wenn er uns hätte killen wollen, hätte er es schon längst getan.«
    Er ist der Mann, der mich töten wird …
    »Amelie sagt, er war es.«
    Beate setzte sich betont langsam auf. Sie sah Sabrina tief in die Augen. Erst dann war sie sicher, dass ihr Gegenüber nicht im Fieberwahn sprach. »Die von mir hochgeschätzte Verblichene hat posthum eine Aussage gemacht?«
    Der Hund gab es auf. Er legte frustriert seinen Kopf auf die Vorderpfoten und ignorierte die beiden fortan.
    »Nicht sie …«, flüsterte Sabrina. »Du weißt schon. Ihr Tagebuch. Sie hat geschrieben, dass er sie umbringen wird.«

    »Kilian? Eindeutig?«
    »Naja. Fast. Also nicht mit Namen.«
    »Ich will das Teil sehen.«
    »Nein.«
    »Doch. Du gibst es mir. Ich werde es lesen, als wäre es von Kafka und keinerlei persönliche Schlüsse ziehen.«
    »Nie im Leben«, zischte Sabrina. »Es ist geheim. Es sind ihre ganz persönlichen Gedanken -«
    »In denen du herumschnüffelst und aus denen du dir dein persönliches Tageshoroskop zusammenreimst. Das ist doch auch nicht normal! Wenn Amelies Aufzeichnungen einen Hinweis auf ihren Mörder enthalten, musst du sie der Polizei übergeben.«
    »Die hatte sie schon. Und jetzt hab ich sie.«
    »Ihr passt zueinander.«
    »Was?«
    »Du und Kilian. Ihr seid beide nicht von diesem Stern.«
    Sabrina wollte etwas erwidern. Doch da kam der Bus um die Ecke und hielt an der Endhaltestelle.
    Sie warteten, bis die letzten Fahrgäste ausgestiegen waren, dann begleitete Beate Sabrina noch bis zum Einstieg. »Hast du das eigentlich ernst gemeint vorhin?«
    Sabrina suchte gerade verzweifelt ihre Monatskarte und betete, dass sie sie nicht mitsamt ihrem Geldbeutel auf der Werth verloren hatte.
    »Was?«, fragte sie zerstreut.
    »Das mit der Freundin.«
    »Klar«, antwortete sie. Sie unterbrach ihre Suche und sah Beate an. »Und du?«
    »Was?«
    »Dass du mich nicht alleine gelassen hättest.«
    »Klar.«
    Sabrina nickte. »Dann sind wir das wohl jetzt auch.«
    Beate grinste schief. »Sieht fast so aus. Tut mir echt leid, wie es dich immer trifft.«
    Der Busfahrer beugte sich vor, um die beiden unentschlossenen
Damen vor seiner Tür genauer in Augenschein zu nehmen.
    Sabrina gab die Suche auf. »Also, Freundin, leih mir zwanzig Euro. Ich habe mein Portemonnaie verloren.«
     
    Beate blieb stehen, bis der Bus ächzend und schnaufend losfuhr. Sabrina sah ihr durch die beschlagene Scheibe nach. Beate war die schrägste Freundin, die man sich vorstellen konnte. Warum hatte sie eigentlich immer so seltsame und ausgefallene Beziehungen? Konnte sie sich nicht einfach mit den normalen Mädchen gut verstehen? Mit denen, die bei allen beliebt waren, freundlich gegrüßt wurden und für die das Anstrengendste die Entscheidung war, in welchen Film man am Wochenende gehen würde?
    Während die Lichter Andernachs langsam hinter ihr versanken, dachte Sabrina noch einmal an die Désirée . Beate war

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