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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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rauslassen. Beate und ich gehen noch auf die Hafenparty.«
    Lukas setzte den Blinker und fuhr rechts an den Straßenrand.
    Als er an die Bordsteinkante kam, wachte sein Vater auf. »Sind wir schon da?« Verwirrt sah er sich um.
    »Nein. Ich muss nur kurz etwas besprechen. – Wohin wollt ihr?«
    Beate schickte einen ungeduldigen Blick Richtung Himmel, den Lukas nicht sehen konnte, weil sie direkt hinter ihm saß.
    »Auf die Hafenparty«, antwortete Sabrina geduldig.
    »Klingt gut!«, trompetete Kreutzfelder senior.
    Sabrina tastete nach dem Türgriff. Ein Klick, und alle Schlösser waren verriegelt.
    »He, was soll das?«
    »Ich habe die Verantwortung für dich. Ich kann dich nicht einfach mitten in der Nacht deinem Schicksal überlassen.«
    Eine lachende Clique überquerte gerade die Straße. Weiter hinten war das Hafenbüro hell erleuchtet. Sabrinas Schicksal würde sich hier weitaus amüsanter gestalten als mit Lukas im Auto.
    »Meine Mutter hat den Hausarrest aufgehoben. Und die Hafenparty ist doch nicht Sodom und Gomorrha!«
    »Nicht Sodom und Gomorrha«, wiederholte Kreutzfelder senior, der ebenfalls versuchte, die Beifahrertür zu öffnen. »Ich komme mit!«
    Beate und Sabrina wechselten einen halb belustigten, halb verzweifelten Blick.

    »Nein«, widersprach Lukas seinem Vater. »Wir gehen da nicht hin. Ich bringe dich jetzt nach Hause. Du hast wirklich genug.«
    »Nix da! Seit wann entscheidet der Sohn, was der Vater macht? Wenn schon nicht mit Franziska, dann mit Sabrina. Wir wollen doch feiern mit dem Mädchen, oder? Auf den Rosenberg!«
    Lukas startete den Motor, doch sein Vater hatte endlich den Schalter für die Zentralverriegelung gefunden. Die Türknöpfe sprangen hoch. Er löste seinen Gurt und öffnete das Handschuhfach. Triumphierend hielt er eine Pistole in der Hand. »Ein bisschen was zum Ballern!«
    Sabrina packte Beate am Arm. Beide sahen entsetzt, wie Kreutzfelder auf den Rückspiegel zielte. »Was machen Sie denn da?«
    »Is’ doch nur Schreckschuss. Mein Sohn hat was gegen scharfe Waffen.« Mit einem blöden Grinsen fuchtelte er weiter herum.
    Lukas griff zu, schnappte das Ding und warf es zurück ins Handschuhfach. »Aus gutem Grund. Nach Hause, Vater!«
    »Nach Hause!«, grölte Kreutzfelder. »Nach Hause gehen wir nicht …«
    Gelenkiger, als Sabrina es ihm je zugetraut hätte, sprang Kreutzfelder auf die Straße. Dann öffnete er Sabrinas Tür und half ihr galant auf die Straße. Beate rutschte über die Rückbank und kletterte ebenfalls hinaus. Sie waren immer noch sprachlos über das, was ihnen Kreutzfelder gerade geboten hatte.
    »Dann wartet wenigstens, bis ich geparkt habe!«, rief Lukas.
    Aber sein Vater achtete nicht auf ihn. Gegenseitige Rücksichtnahme schien kein Kreutzfelder’scher Charakterzug zu sein. Er wollte sich bei Beate und Sabrina unterhaken, doch sie waren schneller und erreichten vor ihm das weit geöffnete Hafentor, an dem einige bunte Luftballons sacht in der eisigen Nachtluft schaukelten.

    Gelächter und Musik kam ihnen entgegen. Überall waren Ölfässer mit brennenden Holzscheiten aufgestellt, die den Weg wiesen. Offiziell durfte es diese Party gar nicht geben. Sie war vor ein paar Jahren einfach so entstanden. Ein paar junge Hafenarbeiter hatten gefragt, ob sie in einem leeren Container feiern dürften. Daraus hatte sich durch Mund-zu-Mund-Propaganda die geheimste, aber auch beliebteste Party Andernachs entwickelt. Als Sabrina sah, dass wohl über hundert Leute gekommen waren, fragte sie sich, wie lange das noch gut gehen würde.
    »Parole?«
    Ein schlaksiger Junge saß auf einem Barhocker neben einem Ölfass und sah die drei neuen Gäste durchdringend an.
    »Ich-will-nie-wieder-im-Supermarkt-Zigaretten-klauen«, antwortete Beate.
    Der Junge riss die Augen auf, aber Beate sah ihn nur vielsagend an.
    »Okay.« Er nickte.
    Keine fünf Meter weiter flüsterte sie Sabrina zu: »Richter-Stammtisch, jeden Monat einmal. Was denkst du, was man da so alles mitkriegt.«
    Sie liefen auf das Hafengebäude zu. Die meisten Besucher standen zwar draußen, aber man hatte es geöffnet, um Zugang zu den Waschräumen zu haben und damit sich die Gäste ab und zu aufwärmen konnten. Unter der Eingangstreppe war die improvisierte Bar: Bier- und Weinkisten, Limonade, Wasser, Cola, jeder nahm sich, was er wollte, und legte das Geld in einen kleinen Kasten, der ab und zu von einem der Organisatoren geleert wurde. Sie waren schon fast an der Tür, als es hinter ihnen schepperte und

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