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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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wieder vorbeikommen.
    Nie mehr. Das waren seine Worte. Und er hatte recht damit. So viel Furchtbares war geschehen: der Mord auf der Sehnsucht , der Tod des Vaters. Und eine tiefe, dunkle Schuld fuhr mit ihm auf dem Schiff und begleitete ihn durch eine nicht enden wollende Nacht.
    Und all das hatte mit dem toten Fluss zu tun und den Gestalten, die dort herumschlichen und ihren ganz eigenen Geschäften nachgingen. Berti, der gemeinsame Sache mit den Hafenarbeitern gemacht hatte und Michi erpresste, damit er beide Augen zudrückte. Ein Sportbootfahrer, der Lukas gewesen
sein könnte. Ein Beamter der Wasserschutzpolizei, der ebenfalls mit drinsteckte. Und natürlich Kilian, der zurückgekommen war an den Ort eines alten Verbrechens, das ein neues nach sich gezogen hatte.
    Aber standen beide Mädchenmorde wirklich in einem Zusammenhang? Dann wäre die erste Tat ja die Voraussetzung für die zweite. Die Zeit dazwischen musste eine große Rolle spielen. Jene acht Jahre, die Kilian in einem Schifferinternat und danach vielleicht in Rotterdam oder Antwerpen verbracht hatte, um sein Patent zu machen. Er war elf, als er sein Zuhause und seinen Vater verlor. Mit neunzehn hatte er zumindest das Schiff wiedergeholt. Wo war die Sehnsucht in der Zwischenzeit gewesen, bevor sie zur Désirée wurde?
    Eine fieberhafte Nervosität krabbelte durch Sabrinas Körper. Natürlich! Der Schlüssel zu Kilians Geheimnis war nicht die Gegenwart oder die Zukunft, sondern die Vergangenheit. Und er lag entlang des Rheins an einer geheimen, versteckten Stelle. Denn wenn der Sohn das Schiff vom Vater geerbt hatte, musste es acht Jahre irgendwo vor Anker gelegen haben. Eine lange Zeit, in der es weder verschrottet noch aufgegeben worden war. Irgendjemand hatte sich darum gekümmert. Dorthin war Kilian zurückgekehrt. Sie, Sabrina, musste nur herausfinden, wo das war.
     
    Ein paar Tage später war die Gelegenheit günstig. Sabrina hatte nicht nur die verhunzte Wäsche aufgehängt und gebügelt, sondern auch brav jeden Nachmittag den Kanister mit dem Dünger auf den Rücken geschnallt und die Weinstöcke sorgfältig besprüht.
    Franziska war zu beschäftigt, um nach den Gründen für den plötzlichen Fleiß zu fragen. Als Sabrina eines Morgens im April erwähnte, am Nachmittag nach Andernach zu wollen, um Beate zu besuchen, nickte sie nur beiläufig. »Sie war ja lange nicht mehr hier. Wie geht es dem Richter?«
    »Gut«, antwortete Sabrina. »Er macht auch dieses Jahr die Stadtführungen.«

    »Bewundernswert. In diesem Alter!« Damit beugte sie sich wieder über lange Listen mit Bestellungen, die abgearbeitet werden mussten.
    Am nächsten Tag saß Sabrina im Bus und rechnete im Leben nicht damit, dass Beate auf ihren Besuch in der »Rheinkrone« verzichten würde. Umso überraschter war sie, als ihre Schulkameradin sich kurz vor der Abfahrt noch durch die Tür quetschte, die Reihen abscannte und dann direkt auf Sabrina zumarschierte.
    »Ist hier noch frei?« Sie wartete keine Antwort ab, sondern ließ sich direkt neben Sabrina plumpsen.
    Eine Weile schauten sie schweigend in verschiedene Richtungen.
    »Hab ich dir irgendwas getan?«, fragte Beate schließlich.
    Sabrina antwortete nicht. Es war klar, dass Beate das Unschuldslamm spielte. Sie wollte sich gar nicht erst auf so ein Gespräch einlassen.
    »Du redest nicht mit mir, du gehst mir aus dem Weg, und alles, seit Lukas mit dir Schluss gemacht hat. Wenn du deinen Frust an mir auslassen willst, dann solltest du mir wenigstens ein paar böse Dinge an den Kopf werfen. Du darfst anfangen.«
    Sabrina presste die Lippen aufeinander und sah aus dem Fenster.
    »Na komm schon«, stichelte Beate. »Bis einer weint.«
    Die nächste Haltestelle war am Fuß der Rheinbrücke. Der Bus bog nach rechts in die Haltebucht ein und zwei streng aussehende Herren kamen an Bord.
    »Fahrscheinkontrolle. Ihre Fahrausweise bitte!«
    Beate stöhnte. »Shit.«
    Sabrina klaubte ihre Monatskarte aus der Hosentasche und hielt sie den Kontrolleuren hin. Beate saß steif neben ihr.
    »Und Sie, junge Dame?«
    »Ich hab keinen.«
    »Sie haben Ihre Schülerkarte vergessen?«
    »Nein, ich hab keine.«

    Die beiden Männer sahen sich an. Einer zückte ein schwarzes Klemmbrett.
    »Ausweis?«
    Beate hob die Schultern und ließ sie resigniert sinken. Sabrina ließ ihren verletzten Stolz fahren und warf einen verblüfften Blick auf ihre Sitznachbarin.
    »Dann müssen wir Sie bitten, mit uns auszusteigen.«
    Vor den neugierigen Augen der

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