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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Waschmaschine ausräumte und einen Tobsuchtsanfall bekam. Alle schwarzen Klamotten waren mit weißen Fusseln übersät.
    »Was ist das denn?«, schrie sie wütend, als Sabrina gerade von der Schule nach Hause kam und entsetzt erkannte, was ihre Mutter da mit spitzen Fingern als Beweisstück aus einer hinteren Hosentasche pulte. »Ich habe dir hundertmal gesagt: Leer die Taschen aus, bevor die Sachen in die Wäsche kommen! Schau dir das an!«
    Fassunglos betrachtete Sabrina den Rest Papier, der aufgeweicht und als solcher kaum noch zu erkennen war. »Tut mir leid«, murmelte sie.
    »Tut mir leid, tut mir leid. Immer erst hinterher. Jetzt kann ich alles noch mal waschen.«
    Sie drückte Sabrina das corpus delicti in die Hand und machte sich grummelnd daran, die Waschmaschine neu zu füllen. Sabrina nahm das graue Knäuel mit nach oben. In ihrem Zimmer versuchte sie vorsichtig, es auseinanderzufalten, aber es war verlorene Liebesmüh. Das Archiv des Richters war um einen Beweis seiner Größe ärmer geworden. Vielleicht war noch etwas vom Inhalt zu retten, wenn man es vorsichtig trocknen ließ.
    Drei Tage waren vergangen seit ihrem Ausflug auf die Werth. In dieser Zeit war Sabrina in der Schule Beate aus dem Weg gegangen, soweit das möglich war. Ein paar Mal hatte Beate versucht, sie anzusprechen, aber Sabrina hatte nicht geantwortet. Es gab nichts zu reden zwischen ihnen, die Beweislage war eindeutig. Beate hatte sie angelogen und das mehr als einmal. Sie war oben auf dem Rosenberg gewesen
und sie hatte etwas mit Lukas. Was, wollte Sabrina gar nicht wissen. Es reichte, dass sie sich von beiden hinters Licht geführt fühlte.
    Sabrina breitete die Zeitungsseite vorsichtig auf dem Tisch aus. Das Foto von Kilians Vater war vollkommen hinüber. Ein großer Teil des Artikels war unlesbar geworden. Hatte Beate ihr nicht geraten, ihn sich genauer anzusehen? Das konnte sie sich jetzt schenken. Trotzdem beugte sie sich darüber. Landgericht Koblenz … lebenslänglich … Sohn beschuldigte, die Tat … Mord … Schiff …
    Sabrina lauschte. Von unten drang gedämpft das monotone Geräusch der Waschmaschine hoch. Franziska saß in der Küche und schrieb Mahnungen an alle, die immer noch nicht ihre Lieferungen bezahlt hatten. Vorsichtig schlich Sabrina hinunter in den Flur, nahm das schnurlose Telefon und huschte wieder die Treppen hoch. Sie schloss ihre Tür hinter sich ab und wartete noch einen Moment, ob Franziska etwas bemerkt hatte. Dann suchte sie die Telefonnummer vom Polizeirevier Neuwied heraus und hatte auch sofort Frau Fassbinder am Apparat.
    »Hier ist Sabrina Doberstein. Ich wollte Sie fragen, ob Sie mittlerweile die Akten über den alten Mordfall am toten Fluss da haben?«
    Die Kommissarin musste kurz nachdenken, dann fiel ihr ein, was Sabrina eigentlich meinte. »Was wollen Sie denn wissen?«, fragte sie ausweichend.
    Sabrina blickte auf den fast unkenntlichen Artikel. »Kilian S. hat damals seinen Sohn beschuldigt, den Mord begangen zu haben. Ist da was Wahres dran?«
    »Das weiß ich doch nicht! Aber der Vater wurde, soweit ich weiß, eindeutig überführt.«
    »Wo lebt er jetzt?«
    Die Kommissarin schwieg. Sabrina hörte das Rascheln von Papier. Offenbar hatte Frau Fassbinder etwas vor sich liegen, das mit diesem Fall im Zusammenhang stand.
    »Er ist tot«, antwortete sie schließlich. »Er hat sich im Gefängnis
das Leben genommen, kurz nachdem die Revision abgelehnt worden war.«
    »Oh.« Das war ja schrecklich. Sabrinas Knie begannen zu zittern. Sie setzte sich vorsichtig auf ihr Bett. »Wissen Sie mittlerweile, wo sich sein Sohn aufhält?«
    »Nein. Es gibt Anhaltspunkte, dass er in Bulgarien gesehen wurde. Die Polizei ist informiert, aber so weit reichen unsere Befugnisse leider nicht. Wir müssen davon ausgehen, dass er so schnell nicht wieder hier vorbeikommen wird. Es tut mir leid, ich würde Ihnen gerne weiterhelfen.«
    »Schon gut.«
    Sabrina schluckte.
    »Frau Doberstein?«
    »Ja?«
    »Wir haben den Fall Herbert Wennigstedt zu den Akten gelegt. Es war eine natürliche Todesursache, soweit man das vom Ertrinken im Rhein behaupten kann. Trotzdem: Wollen Sie mir noch etwas sagen?«
    Sabrina atmete tief durch. »Nein.«
    »Wirklich nicht? Wir haben unsere Vernehmung damals nicht fortgesetzt. Aber wenn Sie wieder in Neuwied sind und Zeit haben, würde ich gerne einmal einen Kaffee mit Ihnen trinken.«
    »In Ordnung.«
    Sabrina legte auf. Bulgarien, dröhnte es in ihrem Kopf. Er wird so schnell nicht

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