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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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weil sie
bemerkte, dass ihre Mutter sie unverhohlen anstarrte. »Ist alles okay mit dem Aprikoseneis? Also, ich hoffe, es ist, naja, gelungen und hat dir geschmeckt. Nicht, dass du dir den Bauch verkühlt hast.«
    Sie steckte das Handy wieder weg. Die Polinnen gingen langsam wieder zurück an die Arbeit. Nur Franziska blieb stehen und murmelte etwas.
    »Was?«, fragte Sabrina. »Was hast du gesagt?«
    »Nicht schon wieder«, flüsterte Franziska. »Genau dieses Bild habe ich schon einmal von hier oben gesehen. Komm. Lass uns weitermachen, bevor das Gewitter losgeht.«
    Tatsächlich war der Himmel nun völlig zugezogen. Von der Eifel her waberten dicke, schwere Wolken heran. Der Wind frischte auf und dicke Regentropfen klatschten auf die ausgetrocknete Erde. Innerhalb von Sekunden verwandelten die Schauer sich in ein ausgewachsenes Gewitter.
    »Komm!«, rief Franziska.
    Sie eilte bereits den Hang hinunter. Aber Sabrina blieb stehen. Durch die Regenschleier konnte sie kaum erkennen, was sich auf der anderen Seite abspielte. Doch es sah so aus, als ob die Sanitäter zum Rettungswagen zurückkehrten und die Gerichtsmediziner einen großen, länglichen Gegenstand aus ihrem Wagen holten.
    Franziska stieg wieder hoch und berührte ihre Tochter am Arm. »Komm mit. Du wirst ja klatschnass. – Was hast du?«
    »Das ist ein Sarg.« Sabrina starrte ihre Mutter an. »Es tut mir leid. Aber ich muss wissen, was da passiert ist.«
    »Das geht nicht! Komm nach Hause. Wir werden schon früh genug erfahren, was da los ist.«
    Sanft wollte Franziska sie mit sich ziehen, aber Sabrina riss sich los. »Ich muss rüber! Salinger. Ich laufe zu Salinger.«
    Und schon stolperte sie den Berg hinunter. Der Regen prasselte jetzt mit voller Wucht auf Blätter und Boden. Die Erde weichte auf und wurde glitschig. Beinahe wäre sie auf halbem Weg gestürzt. Weiter unten kamen ihr die Polinnen entgegen, die sich Tücher über den Kopf hielten und im Dauerlauf
den Unterstand aufsuchten. Sabrina rannte weiter, an den Fachwerkhäusern vorbei die kleine Straße entlang bis hinunter zum Biergarten am Rheinufer. Die Mehrzahl der Gäste war im Aufbruch und stürzte zu den Autos. Fahrradfahrer und Wanderer drängten sich unter den großen Kastanien zusammen, die noch etwas Schutz boten. Auf den Tischen standen umgestürzte Gläser und halbleere Teller; die Kellner hatten sich im Eingang zum Wirtshaus zusammengedrängt und schauten gespannt auf das Naturschauspiel. Ein Blitz zuckte über den dunklen Himmel. Das Donnergrollen, das umittelbar darauf folgte, vervielfältigte sich durch das Echo über die Berge links und rechts des Flusses. Der Regen war dicht wie ein Vorhang.
    Sabrina nahm drei Stufen der Treppe zum Wirtshaus auf einmal und rief: »Wo ist Salinger?«
    »Drinnen«, antwortete ein drahtiger Kellner, der die ungeplante Pause nutzte, um sich eine Zigarette anzuzünden.
    Sabrina stürmte in die Gaststube. Gerd Salinger, der Wirt, stand hinter dem Tresen und räumte Gläser in die Geschirrspülmaschine.
    »Sabrina!«, rief er, als er sie sah. Sie war nass bis auf die Knochen.
    »Dein Boot, Salinger.« Sabrina keuchte von dem Lauf. »Ich muss rüber.«
    Salingers kleiner Flitzer lag neben der Anlegestelle. Nur in äußersten Notfällen war er bereit, einen Fährdienst zu übernehmen. Schon gar nicht bei so einem Wetter. Doch ein Blick in Sabrinas weit aufgerissene Augen schien ihm zu sagen, dass so ein Notfall wohl gerade vorlag.
    »Was ist passiert?«
    »Drüben, auf der Werth. Es gibt einen Toten. Und ich … Ich habe …« Außer Atem brach sie ab. Wenn sie es sagte, was sie so fürchtete, würde es vielleicht wahr werden. Sie stützte sich mit beiden Händen auf dem Tresen ab und versuchte, eine Erklärung zu finden, die er verstehen würde und die ihn trotzdem dazu bringen würde, jetzt alles stehen und liegen zu lassen.

    »Franziska?« Salinger sah erstaunt zum Eingang.
    Sabrina fuhr herum. In der Tür stand ihre Mutter, genauso außer Atem und genauso nass wie sie. Mit drei Schritten war sie an der Theke und riss Sabrina zu sich herum. »Was ist los?«
    Sabrina antwortete nicht.
    Franziska packte sie an den Schultern. »WAS IST LOS?«
    »A-Amelie …«, stammelte Sabrina. »Ich erreiche sie nicht. Sie wollte auf die Werth gestern Abend. Zum … zum toten Fluss.«
    Franziska ließ sie los. »Kann ich mal dein Telefon benutzen?«
    »Klar.« Salinger, eigentlich ein ruhiger, schwerfälliger Mann, schob ihr erstaunlich flink den Apparat zu.
    »Die

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