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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Kriminalpolizei Neuwied. Helga Fassbinder ist mein Name. Entschuldigen Sie bitte, dass Sie warten mussten. Ich musste mir erst ein Bild von der Lage machen.«
    Ein Polizist brachte einen Klappstuhl. Sie setzte sich, ohne ihn vorher trocken zu wischen.

    »Was ist denn die Lage?«, fragte Franziska. »Was ist passiert?«
    »Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Wir haben eine junge Frau gefunden. Tot. Wir wissen noch nicht, ob es ein Unfall war.«
    Sie schwieg vielsagend. Franziska biss sich auf die Lippen. Sie streichelte Sabrinas Kopf und drückte ihr dann einen sanften Kuss auf die Schläfe. Ihre Tochter stierte auf den aufgeweichten Boden.
    Die Beamtin beugte sich ein wenig herab, um ihr ins Gesicht zu sehen. »Kann es sein, dass Sie das Mädchen kennen? Amelie Bogner?«
    Mit einem Schluchzen drehte sich Sabrina um und verbarg ihr Gesicht wieder an der Schulter ihrer Mutter, die das Antworten übernahm.
    »Sie ist … war die beste Freundin meiner Tochter. Sind Sie sicher, dass es Amelie Bogner ist?«
    »Leider ja. Wir haben ihre Papiere in einer Reisetasche gefunden.«
    Franziska strich über Sabrinas Arm. »Wissen die Eltern schon Bescheid?«
    »Zwei unserer Leute sind zu ihnen gefahren. – Entschuldigen Sie, Sabrina, aber ich muss Sie das fragen: Wann haben Sie Amelie zum letzten Mal gesehen?«
    Sabrina fuhr sich mit der Hand über die Nase und sah Frau Fassbinder an. »Gestern Abend. So gegen acht, halb neun.«
    »Und wo?«
    »Hier.«
    Franziska Doberstein zog die Luft ein, sagte aber nichts.
    »Und was habt ihr hier gewollt?«
    »Wir … Sie wollte auf ein Schiff.«
    »Ein Schiff?« Die Kommissarin sah sich erstaunt um. »Hier? Das ist doch meilenweit entfernt vom Hafen, wenn ich mich nicht täusche.«
    »Haben Sie denn kein Schiff gefunden, unten am toten Fluss?«

    »Hätten wir denn eines finden sollen?«
    Die Frage klang, als hätte Sabrina von einem Ufo erzählt, das sie auf einen Rundflug hatte abholen wollen.
    »Sie wollte auf einen Lastkahn, der im Naturschutzgebiet gelegen hat.« Sie deutete auf den Zaun. »Auf einem Seitenarm des Rheins, zwischen der Werth und den Bergen. Den sieht man vom Fluss aus nicht.«
    Frau Fassbinder machte sich Notizen. »Einen Lastkahn im Naturschutzgebiet. Okay. Können Sie mir Näheres über das Schiff erzählen? Ein Leichter? Ein Containerschiff?«
    »Es war alt. Und nicht sehr groß. Mit einer Ladeluke für Bims oder Kies. Aber der Schiffer … Der Schiffer war jung. Er heißt Kilian. Vielleicht weiß er etwas und hat etwas gesehen.«
    Frau Fassbinder sah nicht von ihrem Blatt hoch. »Kilian weiter?«
    »Wie?«
    »Kilian. Wie hieß er weiter, sagtest du?«
    »Ich weiß es nicht.« Sabrina verstummte.
    Frau Fassbinder sah sie prüfend an. »Wir haben kein Schiff gefunden.«
    Franziska stand auf. »Ich glaube, meine Tochter muss jetzt erst mal nach Hause. Könnten wir das Gespräch später fortsetzen?«
    Die Kommissarin ordnete einen Streifenwagen ab, der die beiden zurück nach Leutesdorf bringen sollte. Salinger war schon längst wieder über den Fluss. Das Gewitter war weitergezogen, und als sie über die Rheinbrücke fuhren und Sabrina flussaufwärts schaute, brach die Sonne durch die Wolken und malte einen gewaltigen Regenbogen, der plötzlich beide Ufer miteinander verband.
    »Es tut mir so leid«, flüsterte Franziska und zog sie an sich.
    Sabrina weinte wieder, weil dies der schlechteste aller Momente für einen Regenbogen war und er allem widersprach, was geschehen war und wie es in ihr aussah.
    Ihre Mutter tippte eine Nummer in ihr Handy und wandte
sich ab. »Ich bin’s. Es geht nicht heute Abend … Ja … Nein. Es ist etwas passiert. Ich erzähle es dir später.«
    Sie sah hoch, weil Sabrina sie kurz berührt hatte. »Er kann ruhig kommen.«
    Franziska schüttelte den Kopf. »Ein anderes Mal, okay?« Dann legte sie auf.
    »Es macht mir nichts aus«, sagte Sabrina. Merkwürdigerweise war es tatsächlich so. Was für ein erbärmlicher, kleiner Streit das gewesen war im Vergleich zu dem, was gerade geschehen war.
    »Aber mir«, antwortete Franziska. »Ich will bei dir sein.«
    Sabrina starrte auf den Regenbogen, bis sie die Brücke verließen und er aus ihrem Blickfeld verschwand. Es war ihr egal. Alles war egal geworden. Ihre Augen waren leer geweint. Sie hatte nicht nur Amelie verloren. Auch Kilian. Denn er war vielleicht der Mörder ihrer besten Freundin.

NEUN
    Das Wochenende über ließ die Polizei Sabrina in Ruhe. Franziska lief auf Zehenspitzen durchs

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