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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Werth vor allem in den Sommermonaten von Campern und Rucksacktouristen besucht wird. »Oder sie war auf einem der Schiffe, die die Werth als wilden Liegeplatz benutzen«, so Herbert W., der die Tote gefunden hat. »Die Hafenmeisterei erhält öfter Hinweise, denen wir nachgehen. Wir fordern die Schiffer auf, den Seitenarm zu verlassen. Wenn das nicht hilft, informieren wir die Polizei.«
     
    Eine Tür wurde geöffnet. Schnell schaltete Sabrina den Laptop aus und stellte ihn wieder zurück auf die Küchenbank.
    Franziska Doberstein tappte in die Küche und stellte die Kaffeemaschine an. Sie warf einen Blick auf die Uhr und seufzte. »Ich kann nicht schlafen. Warum geht ein Sonntag immer so schnell vorbei?«
    »Findest du?« Für Sabrina dauerten Sonntage immer viel
zu lange. Vor allem, wenn man mitten in den spannendsten Internet-Recherchen gestört wurde.
    »Nächste Woche beginnt die Lese. Meinst du, du schaffst es, an den Nachmittagen dabei zu sein?«
    »Ich kann nicht überall sein«, antwortete Sabrina gereizt. »Ich muss auch sehen, dass ich mit der Schule weiterkomme.«
    »Die geht natürlich vor. Wir haben zwei Studenten dieses Jahr, die uns helfen. Ich muss noch das Gästezimmer für die beiden vorbereiten.«
    »Ich mach schon.«
    Sabrina stand auf und ging nach oben in die kleine Dachkammer, die Franziska vor ein paar Jahren liebevoll renoviert hatte. Während sie Bettwäsche aus dem Dielenschrank holte und anschließend die Decken frisch bezog, dachte sie darüber nach, was sie im Internet gelesen hatte. Der Mord am toten Fluss hatte ganz Andernach bewegt. Die einen, weil eine junge Frau so tragisch ums Leben gekommen war, die anderen, weil damit wohl endlich ein Problem angegegangen wurde, das schon lange für Unruhe gesorgt hatte. Wochen später hatte man den Täter gefasst.
    Sabrina schüttelte die Kopfkissen auf. Aber war er auch verurteilt worden? Darüber hatte sie nichts im Internet gefunden. Sie hätte gezielter suchen müssen, dann wüsste sie jetzt vielleicht mehr! Das kleine Tier in ihrem Bauch begann sich wieder zu regen. Sie hatte etwas gelesen, das wichtig war und vielleicht mit Amelies Tod in Verbindung stand. Aber was? Solange Franziska in der Küche war, brauchte sie gar nicht an den Laptop zu denken. Jedes Mal, wenn sie ins Internet ging, kam ihre Mutter wie unbeabsichtigt an den Tisch, räumte hier etwas beiseite und wischte dort einen Krümel weg, nur um ihrer Tochter kurz über die Schulter zu schauen und einen Kommentar dazu abzugeben, was sie gerade las. Für Franziska Doberstein war das Thema toter Fluss erledigt.
    Aber nicht für Sabrina.

ZWÖLF
    Der erste Schultag nach den Ferien entsprach ungefähr dem, was Sabrina sich vorgestellt hatte. Einige Mitschüler kannte sie, der Rest machte einen nicht sonderlich aufregenden Eindruck. Erstaunlicherweise war ein Mädchen aus Janines Clique in ihrer Klasse: Beate Seiters, eines dieser kichernden Biester, die sich immer hinter dem Rücken ihrer Anführerin versteckt hatten. Sabrina setzte sich so weit von ihr weg, wie es ging, und landete neben einem völlig verschüchterten, schlaksigen Jungen, Sebastian, der sich den Rest des Vormittags verrenkte, um so weit wie möglich Abstand zu ihr zu halten und ihr so wenig wie möglich ins Gesicht zu sehen.
    Umso erstaunter war Sabrina, als in der großen Hofpause ausgerechnet Beate auf sie zukam.
    »Hi«, sagte sie.
    Sie war etwas größer als Sabrina und hatte dunkelblonde Haare, die sie mit einem Gummiband aus ihrem runden Gesicht zurückhielt. Ein herausgewachsener Pony fiel in kinnlangen Strähnen glatt herunter. Im Gegensatz zu ihren aufgebretzelten Freundinnen sah sie geradezu farblos aus.
    Sabrina wollte nicht mit ihr reden. Sie drehte sich weg und ging ein paar Schritte auf das Hoftor zu.
    Aber Beate folgte ihr. »Kann ich mal kurz mit dir sprechen?«
    »Was gibt’s denn?«
    Beate wirkte jetzt, wo weit und breit keine Janine da war, die ihr das Lästern abnehmen konnte, fast ein bisschen schüchtern. »Das mit Amelie tut mir leid.«
    Sabrina schluckte. Es gab nur wenige Menschen, die mitbekommen hatten, dass sie ihre beste Freundin verloren hatte. Dass ausgerechnet eine von denen dazugehören sollte, die am
meisten über Amelie hergezogen waren, verunsicherte – und ärgerte sie. »Ach ja?« Sollte Beate ruhig ein schlechtes Gewissen haben. Sie hatte nicht vor, ihr mit einer Nettigkeit aus dieser Kiste herauszuhelfen.
    »Wenn ich gewusst hätte, dass …« Beate brach ab.
    »Dass sie

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