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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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war und das Türenschlagen unten signalisierte, dass jetzt auch für ihre Mutter und die beiden Studenten ein langer Arbeitstag zu Ende war.
    Wenig später kam sie, ein Handtuch um die noch nassen Haare geschlungen, in die Küche. Franziska Doberstein hob bei ihrem Anblick nur die Augenbrauen. Sabrina, die wusste, dass das Donnerwetter in dem Moment über sie hereinbrechen würde, in dem die beiden Studenten sich auf ihr Zimmer verzogen hätten, half ausgesprochen zuvorkommend beim Tischdecken und schaffte es so, die Zornesfalte auf der Stirn ihrer Mutter wenigstens etwas zu reduzieren.
    »Kommst du morgen mit rauf?«, fragte Kjell.
    Kjell kam aus einer Kleinstadt in der Nähe von Kopenhagen, einer Gegend, die für vieles berühmt sein mochte, aber nicht gerade für Weinanbau.
    Sabrina nickte mit vollem Mund.

    »Noch vierzehn Reihen«, fuhr sein Freund Andres fort. Beide waren fröhliche, manchmal ein bisschen zu laute junge Männer, die sich mit Gelegenheitsjobs ihre ausgedehnten Reisen finanzierten.
    »Ja, wir haben ordentlich was geschafft.« Franziska stellte eine Flasche Wein auf den Tisch, Kjell und Andres gossen sich jeder ein Glas ein und lobten ihn gebührend. »Und du?«, fragte sie ihre Tochter mit einem feinen Hauch von Missbilligung, den man nur heraushörte, wenn man Franziska sehr gut kannte. »Wie war dein Tag, mein Kind?«
    Sabrina zuckte mit den Schultern. »Mathe wird ein ziemlicher Stress. In den nächsten zwei Wochen schreiben wir vier Klausuren. Ich werde viel nachholen müssen.«
    »Dann hast du heute also den Nachmittag über deinen Schulbüchern verbracht?«
    Sabrina wurde rot. Lügen wollte sie nicht. »Ich war am Geysir.«
    »Oh!«, rief Kjell. »Den sehen wir jeden Tag. Wusch, was für eine Fontäne!«
    Beide lachten. Nur Franziska nicht. Der Rest des Abendessens verging mit anzüglichen Scherzen über sprudelnde Flüssigkeiten jedweder Art, die die beiden aber netterweise auf Dänisch herausprusteten. Erst als sie sich verabschiedeten und Franziska ihnen die angebrochene Flasche mit aufs Zimmer gab, sah Sabrina eine Gelegenheit, sich aus dem Staub zu machen.
    »Sabrina?«
    »Ja?« Sie drehte sich um.
    Doch die erwartete Standpauke fiel aus. Stattdessen kam Franziska auf sie zu und nahm sie in die Arme. »Ich brauche dich«, flüsterte sie Sabrina ins Ohr. »Und ich will nicht, dass du auf die Werth gehst.« Sie ließ Sabrina los und streichelte ihr zärtlich über die Wange. »Meinst du, du kannst am Wochenende ein paar Stunden mit uns rauf?«
    Sabrina nickte. »Klar. Kein Problem.«
    »Ich bin ja froh, dass du das mit der Schule ernst nimmst.
Aber ich muss mir auch darüber Gedanken machen, wie es weitergeht.« Franziska drehte sich um und begann, die Geschirrspülmaschine einzuräumen. »Ob es weitergeht«, setzte sie leise hinzu.
    »Wie meinst du das?«
    Ihre Mutter richtete sich auf und lächelte Sabrina fröhlich an. »Nur so. Hab ich nur so dahingesagt.«
     
    Sabrina schloss die Tür ihres Zimmers und lauschte. Alles war still im Haus, bis auf einige leise Klaviertöne, die nach oben schwebten und verrieten, dass Franziska sich mit Artur Rubinstein einen schönen Abend machte. Kjell und Andres waren vor einer Viertelstunde aufgebrochen. Sie hatten die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben, in Leutesdorf so etwas wie Abendunterhaltung zu finden, und würden wahrscheinlich bald wieder ziemlich enttäuscht zurückkommen. Zeit also, tief durchzuatmen. Zeit, die Lupe aus der Schreibtischschublade hervorzukramen und sich den Zettel aus dem Dienstbuch genauer anzusehen.
    Sabrina knipste die Tischlampe an. Sie holte das Papier aus der Hosentasche, faltete es auseinander und strich es mehrmals mit der Handkante glatt. Dann beugte sie sich darüber und studierte die Einträge. Sie waren mit Bleistift gemacht worden. An Amelies Todestag hatte der Ranger Dienst gehabt. Die ganze Woche über, so wie es auf den ersten Blick aussah. Sie griff nach der Lupe und studierte den Eintrag genauer. Etwas stimmte nicht. Das Papier war an einer Stelle leicht aufgeraut und auf diesem Untergrund haftete die Schrift besser. Es war nur ein minimaler Unterschied, und er fiel auch nur auf, wenn man ganz genau hinsah. An diesem Tag musste jemand anderer Dienst gehabt haben.
    Sie studierte die Einträge der ganzen Seite. Vier Wochen, vier Namen: Schraudt, der Ranger, sowie Höppner, Niendorf, Saletzky. Einer von diesen dreien hatte dort gestanden. Zumindest so lange, bis Schraudt einen Radiergummi genommen,
den

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