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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Woche Dienst gehabt. Hatte er aber nicht.« Sie griff in ihre Schulmappe und holte den Zettel heraus, den sie aus dem Dienstbuch gerissen hatte. »Jemand hat den Einsatzplan gefälscht. Es war ein anderer, der am Tag von Amelies Tod Dienst hatte. Der Ranger kann gar kein Sportboot gesehen haben.«

    Langsam griff Herr Tuch nach dem Papier.
    »Und das hier«, sie legte Amelies Foto dazu, »habe ich in Herrn Wennigstedts Wohnung gefunden. Das sind doch Zusammenhänge. Oder irre ich mich da?«
    Er nahm das Foto und betrachtete es lange. »Sagen Sie, Frau Doberstein, wie kommen Sie an all diese Informationen?«
    »Ich bin eben neugierig.«
    »Das ist keine schöne Tugend für ein so junges, hübsches Mädchen.«
    »Es ist nicht immer die Tugend, die uns junge, hübsche Mädchen weiterbringt.«
    »Nein.« Herr Tuch lächelte. Er legte das Foto in die Aktenmappe. »Aber jede Tugend neigt zur Dummheit. Das ist nicht von mir, sondern von Nietzsche. Mit Dummheit meine ich in diesem Zusammenhang, dass wir hier wissen, was wir tun. Sie nicht. Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, dass ein Mörder immer noch frei herumläuft?«
    »In jeder freien Minute. Deshalb verstehe ich nicht, warum es nicht den kleinsten Fortschritt gibt.«
    »Woher wollen Sie das wissen? Nur weil wir Sie nicht jeden Tag mit einem Bulletin auf dem Laufenden halten? Wir haben Dutzende von Zeugenaussagen überprüft. Wir haben jeden Stein auf der Werth umgedreht. Wir haben die Spuren an der Einfahrt gefunden und daraus gesicherte Erkenntnisse gewonnen.«
    »Welche denn?«
    »Wir suchen dieses Schiff. Und wir glauben Ihnen. Wenn es diesen Kilian gibt, dann werden wir ihn finden.«
    »Ist er dann ein Zeuge oder ein Verdächtiger?«
    Herr Tuch schob alle Papiere wieder zusammen und verstaute sie in der Akte. »Das wissen wir nach der Vernehmung. Ich gebe Ihnen einen guten Rat, Frau Doberstein. Hören Sie auf, unsere Arbeit machen zu wollen.«
    Sabrina stand auf. »Ich habe Ihnen immerhin ein paar Hinweise geben können, die Sie so noch nicht hatten.«
    Herr Tuch erhob sich ebenfalls und streckte ihr seine Hand
entgegen. »Ich wünsche Ihnen alles Gute. Frau Fassbinder wird sich bei Ihnen melden.«
    »Und was ist mit Herrn Wennigstedt? Suchen Sie ihn jetzt?«
    »Vermisstenanzeigen nehmen die Kollegen im Erdgeschoss entgegen. Aber vorher schauen Sie bitte noch bei den Kollegen vom Erkennungsdienst vorbei. Wir brauchen Ihre Fingerabdrücke.«
    »Wieso?«
    »Sie haben das Foto ohne Handschuhe angefasst. Haben Sie sonst noch Spuren in der Wohnung hinterlassen?«
    Sabrina dachte an das Spülbecken und legte ein honigsüßes Lächeln auf. »Ich weiß es nicht. In Ermittlungsarbeit kenne ich mich nicht aus.«
    Den ganzen Weg hinunter atmete sie tief durch. Eine kleine, wieselflinke Polizeibeamtin begleitete sie und brachte sie zunächst in den Raum, in dem sie erkennungsdienstlich behandelt wurde. Sabrina fühlte sich wie eine Verbrecherin und ärgerte sich maßlos über sich selbst. Sie war dilettantisch gewesen. Man hinterließ weder Fingerabdrücke noch den eigenen Mageninhalt in der Wohnung eines Mannes, der ihr in höchstem Maße verdächtig vorkam. Sie hatte sich aufgeführt wie ein dummes kleines Mädchen, das Detektiv spielen wollte. So sah sie in den Augen von Herrn Tuch aus und genauso hatte sie sich auch benommen.
    Im Erdgeschoss durfte sie wieder warten. Als sie endlich an der Reihe war, hatte der Kommissar wohl schon seinen Kollegen erzählt, was Sabrina herausgefunden hatte. Jedenfalls fühlte sie sich, als ob alle hinter ihrem Rücken tuschelten.
    »Wir werden der Sache auf jeden Fall nachgehen«, sagte die kleine Polizistin. Sie nickte Sabrina freundlich zu.
    »Und was heißt das?«
    »Die Kollegen halten die Augen offen. Danke, dass Sie so aufmerksam sind.«
    Als Sabrina das Polizeigebäude verließ, hatte sie das Gefühl, sich vollkommen lächerlich gemacht zu haben. Niemand
glaubte ihr. Wahrscheinlich hielt man sie für eine Verschwörungstheoretikerin, die an Ufos glaubte und die Werth für einen Treffpunkt von Aliens hielt.
     
    Doch schon ein paar Tage später, als der Raureif das Gras mit seinem glitzernden Zuckerguss überzog, waren diese Gedanken vergessen. Wanda rief an, und was sie erzählte, klang zumindest in einem Punkt beruhigend: Man hatte Sabrina ernst genommen.
    »Gestern war die Polizei hier«, sagte sie. »Sie haben nach Berti gefragt und waren sogar in der ›Sonne‹. Dann sind sie auch in die Wohnung gegangen. Der

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