Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lilienrupfer

Lilienrupfer

Titel: Lilienrupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Velden
Vom Netzwerk:
du welche besorgen?«
    »Wird erledigt.« Ich hatte keine Zweifel an der Wirkung dieses Bildes, und in Anbetracht meiner Sucht nach schicksalhaften Zeichen konnte er rotflimmernde Herzen von mir haben, so viele er wollte.
    ***
    »Na, was habe ich Ihnen gesagt? Alles wieder heil. Zufrieden?« Julia Lambert schenkte mir eines ihrer seltenen Lächeln und bewegte meinen Arm ein paar Mal auf und ab. Es stimmte, die Elle funktionierte, als hätte dem Radiusköpfchen nie etwas gefehlt.
    »Ja«, antwortete ich. »So gut wie neu.«
    »Falsch«, erwiderte sie. »So gut wie alt. Es war vor dem Bruch doch nicht etwa schlechter, oder?«
    Aha, eine Wortklauberin.
    »So und jetzt gehen Sie bitte noch fünf Schritte auf und ab.«
    »Auf den Händen?«, fragte ich, um meine Verwunderung deutlich zu machen. Sie antwortete mit einer entschiedenen Bewegung ihres Kopfes und ich marschierte los. Fünf Schritte auf, fünf Schritte ab. Und blieb stehen.
    »Sie haben abgenommen. Mindestens drei Kilo. Steht Ihnen gut.«
    Um ihre Mundwinkel herum zuckte es nicht einmal.
    »Sagen Sie das als Ergotherapeutin oder als Frau?«
    »Können Sie beides voneinander trennen?«
    »Ja. Sie nicht?«
    Jetzt lachte sie. »Gute Antwort. Los, seien Sie nicht so ernst. Haben Sie Lust auf einen Kaffee? Für heute bin ich mit der Praxis fertig. Und es ist Ihre letzte Stunde bei mir. Jetzt dürfen wir.«
    »Dürfen wir was?«
    »Privat werden.«
    »Sind Sie immer so direkt?«
    »Nur privat.« Wieder lachte sie. »Oje, jetzt habe ich Sie erschreckt. Dabei wirken Sie wie jemand, der Schmetterbälle spielend pariert. Nun entspannen Sie sich mal. Ich wurde vorgestern geschieden. Vielleicht bin ich deswegen ein bisschen überdreht. Aber Kaffee würde ich wirklich gern mit Ihnen trinken. Sie sind mir sympathisch. Von Anfang an gewesen.«
    Es war die längste Rede, die sie während all dieser Wochen gehalten hatte und was noch auffälliger war: Ihr Gesicht war mit einem Mal offen, sprühte fast übermütig.
    »Eins gleich vorneweg.« Ich griff nach meinem Mantel und schlüpfte hinein. »Ich stehe ausschließlich auf Männer.«
    »Schön. Und wo gehen wir hin?«
     
    Wir gingen ins »Tizian«. Erstens lag es nicht weit von Julia Lamberts Praxis und zweitens war es an diesem Tag frühlingshaft warm. Wir setzten uns auf die Terrasse unter einen Sonnenschirm aus hellem Leinen und freuten uns über den Blick in den Innenhof des Amtsgerichtes, wo Oleanderbäume rosa blühten.
    »Mögen Sie?«, fragte Julia, nachdem wir Cappuccino und Tiramisu bestellt hatten, und hielt mir Zigarillos in einer silberne Tabatiere hin.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Die sind mir zu stark. Ich halte mich lieber an die da.« Ich zog meine Packung »American Spirits« hervor und zündete eine an.
    »Gut. Zumindest rauchen Sie.«
    Ich nickte. So etwas heutzutage zu hören, war fast schon befremdend.
    Sie zog an ihrem Zigarillo und blickte stumm und nachdenklich dem Rauch hinterher. Ich wurde nicht schlau aus ihr, aber sie erschien mir wie eine androgyne Schönheit, wie sie da in ihrem Hosenanzug auf dem Stuhl saß. Ich konnte sie mir gut mit einem Glas Whiskey in der Hand vorstellen.
    »Sie sind vorgestern geschieden worden?«, fragte ich, weil es das Erste war, das mir einfiel, und weil ich das Gespräch wieder in Gang bringen wollte.
    »Ja.«
    »Wie lange waren Sie verheiratet?« Ich hoffte, nicht allzu neugierig zu klingen.
    »Achtzehn Jahre.«
    »Oh.«
    »Sie meinen, ganz schön lange, nicht?«
    »Ja.«
    »Wollen Sie denn nicht wissen, warum ich geschieden wurde?«
    »Doch. Warum?«
    Sie zuckte die Achseln und drückte anschließend ihr Zigarillo in den Aschenbecher. »Wegen einer Frau.«
    »Das glaube ich nicht.« Meine Antwort kam spontan, aber trotzdem starrte ich sie an.
    »Tja   … wer weiß.« Julia Lambert lächelte spitzbübisch über den Rand ihrer Tasse und beugte sich ein Stück nach vorn. »Finden Sie den Gedanken nicht aufregend?«
    »Ich weiß nicht. Sie?«
    »Oh ja.«
    »Warum?«
    »Mehr Spaß.« Sie gluckste und ich wurde das Gefühl nicht los, sie mache sich über mich lustig.
    Diesmal tat ich ihr den Gefallen nicht, darauf einzugehen. »Also, weshalb wurden Sie denn nun geschieden?« Ich zwang mich, energischer zu klingen, außerdem interessierte mich die Antwort wirklich. Wenn man selbst niemanden hatte, hörte man sich gern an, warum die anderen auseinandergingen.
    »Kein bestimmter Grund. Viele verschiedene. Wenn man es kurz ausdrückt, bringt man es vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher