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Lilienrupfer

Lilienrupfer

Titel: Lilienrupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Velden
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absagen, schickte ich Richard die kurze Frage, ob es denn bei acht Uhr bliebe.
    »Klar«, war seine Antwort. Und: »Ich freue mich schon den ganzen Tag darauf.« Nein, ich hatte nicht das Herz,da noch abzusagen. Und das Haar schwamm ja auch in Fabians Suppe, nicht in seiner.
    Ich kurierte also meine Kopfschmerzen mit zwei Aspirin, zog mich an und fuhr nach Schwabing. Im Restaurant erkannte ich Richard auf den ersten Blick.
Er
sah sehr gut aus.
    Ich reichte ihm die Hand, sagte »hallo« und »oh, hier ist es aber schön«, war gerade dabei, mich zu setzen, als er – mein Hintern schwebte noch über dem Stuhl – aus heiterem Himmel sagte: »Ich habe es in meinen E-Mails bereits mehrmals erwähnt, Undine: Ehrlichkeit kommt für mich an erster Stelle.« An dieser Stelle räusperte er sich. »Und wie du weißt, bin ich vorgestern von Amerika zurückgeflogen. In der Maschine habe ich jemanden kennengelernt, eine Frau. Und ich glaube, ich habe mich verliebt.«
    Überflüssig, die Wirkung dieser Ohrfeige zu beschreiben. Überflüssig zu sagen, ich hätte auf der Stelle gehen sollen. Nach Hause, in mein Bett, zu meinem Buch. Aber ich brauchte einen Moment, um mich zu fangen, und bis ich mich wieder hatte, war die Kellnerin da und fragte nach meinen Wünschen. Ich bestellte ein Glas Grünen Veltliner. Den Rest des Abends überstand ich mit höflicher Konversation zum Thema Zahnersatz.
    Nein, Robbie, wir werden jetzt nicht darüber nachdenken,was hinter Richards kleiner Komödie steckt. Ich werde mich nicht fragen, ob dieser Eulenspiegel sich sein lockeres Sätzchen schon vorher zurechtgelegt hatte. Und ich werde nicht darüber grübeln, weshalb er mich überhaupt noch treffen wollte, wenn er sich wirklich in eine andere verliebt hatte. Zumal sich ihm zwei Stunden vorher die Möglichkeit geboten hatte, elegant auszusteigen.
    Nein, über all dies werde ich nicht nachdenken.
    Es ist wie es ist:
    Die Eloquenten sind meistens die größten Ärsche.
     
    Dir wünsche ich wie immer
    eine gute Nacht
    Undine
    ***
    Der nächste Morgen kam, und ich fühlte mich alles andere als heiter. Im Gegenteil: In mir stürmte es, und die Lage erschien mir hoffnungslos.
    Es war Sonntag, die Proben gingen erst am Montag weiter, und ich würde den Tag mit mir selbst überstehen müssen. Ich blickte aus dem Fenster: Strahlender Sonnenschein. Wetter, das dazu bestimmt war, alle Paare dieser Welt hinauszulocken, um Spazierwege und Cafés händchenhaltend zu bevölkern. Kraftlos schloss ich die Augen und zog mir die Bettdecke über den Kopf. Kein Gedanke daran, meiner Misere zu entkommen. Wie ein Spielfilm lief der vorherige Abend wieder vor meinem inneren Auge ab, und das Gefühl von Demütigung und Scham kehrte zurück. Es gelang mir nicht, die Ironie dieser Geschichte zu sehen, ich konnte nicht schmunzeln, es war einfach nur erniedrigend.Zu Zeiten Jane Austens – und seien wir ehrlich, auch heute noch – hätte man darin die verzweifelten Bemühungen eines späten Mädchens gesehen und auf dem nächsten Ball hinter vorgehaltener Hand über die Ärmste gekichert. Entsetzlich. Ich zog die Bettdecke noch ein wenig höher. Aber es half alles nichts. Nach einer Weile schälte ich mich doch aus dem Bett, kochte Kaffee und öffnete sämtliche Fenster. Die Sonne fiel ins Zimmer und offenbarte herzlos den erbärmlichen Zustand meiner Wohnung. Staub bedeckte die Möbel, Zeitungen stapelten sich, Briefe, vornehmlich Rechnungen, lagen ungeöffnet auf meinem Schreibtisch, Obst vergammelte in einer Schale und in zwei Vasen trockneten Blumen vor sich hin. Genau wie ich, dachte ich und stopfte sie in den Abfalleimer. Ich trank meinen Kaffee im Stehen auf dem Balkon und beschloss, nachdem ich minutenlang ins Leere gestarrt hatte, gründlich zu putzen. Danach würde ich auf eines der Blumenfelder am Starnberger See fahren, zwei dicke Sträuße pflücken, sie anschließend in der Wohnung verteilen, um mich am Abend hoffentlich besser zu fühlen. Wenn es um mich herum wieder schön war, käme vielleicht auch bessere Laune zurück. Manchmal gelang mir das.
    Ich war gerade mit dem Badezimmer fertig, als das Telefon klingelte. Es war Julia.
    »Und? Wie war es gestern Abend?« Ihr Lachen klang durch den Hörer und ich war überrascht, so bald wieder von ihr zu hören. Wenigstens eine, die einen Narren an mir gefressen hat, dachte ich und sagte: »Mies.«
    »Oh.«
    »Entschuldigen Sie, ich klinge schlecht gelaunt und ich bin’s auch.« Mir fiel nichts Besseres ein.
    Sie

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