Lilienrupfer

aber vielleicht eine, die Sie dennoch freut. Davon später mehr.
    Ihre E-Mails galten, wenn ich das richtig verstandenhabe, einem gewissen Robbie. Und dem Familiennamen aus der Adressaten-Zeile nach einem gewissen Robbie Williams. Ich liege doch nicht völlig falsch, wenn ich annehme, dass Sie diesen attraktiven Kerl aus Stoke-on-Trent meinten, der uns mit ›Angels‹ wie mit dem Lasso eingefangen hat und der Nicole Kidman dazu brachte, sich bei ›Something stupid like I love you‹ wollüstig auf dem Bett zu räkeln. Den meinten Sie doch, oder?
     
    Ich hoffe, Sie sind jetzt nicht allzu enttäuscht, dass Ihre E-Mails nicht ihn, sondern mich erreicht haben, wo ich doch »noch nicht einmal« ein Mann bin und schon gar nicht singen kann.
    Mein Name ist Rebecca Williams, ich bin einundvierzig Jahre alt und lebe in einer kleinen Stadt namens Rochester, ca. fünfzig Kilometer von London entfernt. Vielleicht haben Sie ja schon von der Cathedral of Rochester gehört oder von unserem Schloss. Sie sind beide ziemlich berühmt, Charles Dickens hat sie in seinen Romanen erwähnt.
    Aber das nur nebenbei. Ihre E-Mails landeten also bei mir, und ich glaube, Sie können sich meine Verwunderung vorstellen, als immer mehr davon eintrafen, zudem von einer deutschen Dame, deren Namen ich noch nie zuvor gehört hatte.
    Der Inhalt Ihrer E-Mails blieb mir leider vorenthalten, da ich Deutsch nicht einmal ansatzweise verstehe. Aufgrund der Anrede machte ich mir aber bald einen Reim darauf, wen Sie eigentlich meinten, und wurde neugierig. Glücklicherweise habe ich eine Freundin, die ursprünglich aus Würzburg stammt, aber schon seit fünfzehn Jahren hier in Rochester lebt. Ich bat sie, mir Ihre Briefe zu übersetzen.
    Und soll ich Ihnen etwas sagen? Wir waren begeistert!
    Sie lasen sich wie ein Fortsetzungsroman und wir warteten voller Spannung, bis ENDLICH der nächste eintraf.
    Obwohl wir beide in einem anderen Land leben, verheiratet sind und wahrscheinlich einen völlig anderen Lebenshintergrund als Sie haben, fanden wir uns in Ihrer Geschichte sehr schnell wieder. Welche Frau kennt diese Art von Empfindungen nicht? Welche Frau hat nicht Geschichten wie diese erlebt? Hinzu kam Ihr Humor, Ihr Esprit und Ihre Scharfsicht, aber auch Ihre Fähigkeit, Gefühle unmittelbar auszudrücken, ohne dabei pausenlos ironisch zu werden. Ich empfand das als wohltuend ehrlich.
    Und noch etwas: Wir haben Ihnen und Christian so die Daumen gedrückt und uns ein Happy End für Sie gewünscht – das Ende der Geschichte hat auch uns mitgenommen. Es tut uns wirklich leid für Sie.
     
    Mit »Fortsetzungsroman« habe ich mir schon selbst das richtige Stichwort gegeben und möchte jetzt auf mein eigentliches Anliegen zu sprechen kommen, wobei ich mir nicht sicher bin, ob Sie dann noch lächeln oder stocksauer Ihren Rechtsanwalt kontaktieren werden.
    Es ist nämlich so: Mein ältester und bester Freund (wir gingen schon in dieselbe Schule und später zusammen nach Cambridge) ist in England ein populärer Schriftsteller, und wenn ich richtig informiert bin, dann ist er auch in Ihrem Land sehr gefragt. Sein Name ist ____ ______. Vielleicht kennen Sie ihn und seine Bücher und wissen somit, dass es darin immer wieder um die Liebe in ihren verschiedenen Erscheinungsformen geht.
    Ich habe es mir lange überlegt, ob ich es tun sollte, aber ich war so begeistert von Ihrer Geschichte, dass ich ____ die Briefe zeigte.
    Langer Rede kurzer Sinn: Er hat aus Ihrem Material einen wundervollen E-Mail -Roman gemacht, der Anfang nächsten Jahres auch in Deutschland herauskommen wird. In England erscheint er im kommenden Mai und wird ›Lily Picker‹ heißen. Wir mochten diesen Namen ›Lilienrupfer‹ so sehr, dass er durch nichts anderes ersetzt werden durfte, und so ist er nicht nur geblieben, sondern auch zum Titel geworden.
    Natürlich war uns beiden immer klar, dass wir Ihnen schreiben mussten, denn keinesfalls wollen wir Sie außen vor lassen. Die Urheberin der Geschichte
sind Sie!
Deshalb möchte ____ Sie auch als Koautorin mit ins Boot nehmen. Was meinen Sie? Bitte strahlen Sie und sagen Sie JA!
    Selbstverständlich werden Sie auch am Vorschuss und an den zukünftigen Verkäufen beteiligt sein. Der Verlag möchte sich in den nächsten Tagen gerne mit Ihnen in Verbindung setzen – bitte schicken Sie mir deshalb doch Ihre Anschrift und Telefonnummer.
    So, jetzt ist es raus. Ich freue mich sehr auf Ihre Antwort und drücke uns allen die Daumen, dass es eine begeisterte