Lilientraeume
er sie grinsend an. »Ich kann es kaum erwarten, womit du dich revanchierst, wenn es an die Fertigstellung geht.«
»Owen.« Seufzend schmiegte sie sich an ihn an. »Es wird bestimmt eine verrückte Zeit – und wahrscheinlich werde ich selbst dabei ein bisschen verrückt.«
»Bist du das nicht immer?«
Sie kniff ihm in die Wange und rutschte von seinem Schoß. »Ich will nur, dass du dann nicht etwa denkst, es liegt an dir oder an unserer Beziehung, wenn ich gelegentlich ein bisschen seltsam bin.«
»Okay.« Er erhob sich. »Was mir gerade einfällt: Hat deine Mutter eigentlich deinem Dad ihre Adresse oder Telefonnummer geschickt?«
»Nein, bisher nicht.« Sie zuckte mit den Schultern. »Mag ja sein, dass sie noch keine Wohnung gefunden hat, oder sie will ihm ihren neuen Aufenthaltsort nicht verraten. Alles möglich. Es ging ihr sowieso im Grunde letztlich in erster Linie um das Geld. Ob sie auf weiteren Kontakt wirklich Wert legt, wie sie behauptete, scheint mir zweifelhaft. Ich kann nicht genau sagen, ob mich das kränkt«, fuhr sie mit rauer Stimme fort. »Auf jeden Fall ist es kein schöner Gedanke. Genauso wenig wie deine Unterstellung, Billy habe Lizzy womöglich gar nicht sehen wollen. Aber es gibt genügend Unerfreuliches auf der Welt, und zur Abwechslung täte mir ein bisschen Optimismus gut.«
»Dann gehen wir zumindest bei unserem Liebespaar aus Bürgerkriegszeiten davon aus, dass es kein böser Wille, sondern ein unbarmherziges Schicksal war.«
»Das gefällt mir deutlich besser. Was mich betrifft: Falls ich nie wieder von meiner Mutter hören sollte, wäre es für mich bestimmt kein Schicksalsschlag, weil sie einfach nicht mehr wichtig für mich ist.«
»Doch es schmerzt trotzdem. Und ich hasse es, das sehen zu müssen.«
»Was ich hasse, ist die Tatsache, dass ein Mensch, dem ich anscheinend nicht das Mindeste bedeute, eine derartige Macht über meine Gefühle hat. Nun ja, ich werde es überleben. Und jetzt genug davon. Schwamm drüber.«
Sie machte mit ihren Händen eine Bewegung, als würde sie die Erinnerung an ihre Mutter symbolisch wegwischen wollen. »Willkommen in MacT’s Testküche. Ich bin heute Abend Köchin, Kellnerin und Sommelier in einer Person.«
»Alle Achtung.«
»Und wenn du Glück hast, nach dem Essen noch etwas mehr.«
»Scheint so, als ob ich heute ein echter Glückspilz bin.«
»Es gibt gebeiztes Thunfischsteak mit Pfefferkruste auf einem Bett aus grünem Salat und Gemüsestiften mit einer Champagnervinaigrette.«
»Wow. Wenn der Rest des Abends genauso gut wird …«
Sie ignorierte seine Anspielung. »Und als Vorspeise empfehle ich meinen hoffentlich in absehbarer Zeit berühmten Krabben-Artischockenherzen-Cocktail und dazu einen fruchtigen Sauvignon Blanc.«
»Mir läuft das Wasser im Mund zusammen.«
»Aber du musst mir ehrlich sagen, wie es schmeckt.«
»Versprochen.«
Lächelnd nahm sie eine Pfanne für den Thunfisch aus dem Schrank. »Dann wollen mir mal sehen, was der Abend uns noch so bringt.«
Unversehens war es März geworden. Die Nachforschungen über Eliza Ford und den unbekannten Billy lagen mehr oder weniger auf Eis, denn Owen fand kaum noch Zeit für Recherchen. Zu viel war zu tun: zum einen in dem Nebenhaus mit Bäckerei und Wohnungen, zum anderen in Averys neuem Laden, wo erst einmal ein durchgehender Raum geschaffen werden musste, und nicht zuletzt in Becketts Haus. Je näher der April und die Hochzeit rückten, umso öfter arbeiteten sie dort mit Hochdruck, damit alles rechtzeitig fertig wurde.
Eines Sonntagsnachmittags wurde es plötzlich warm, und der geschmolzene Schnee verwandelte das Grundstück in ein Meer aus Schlamm. Die Männer legten im Haus Pappe aus, um das glänzende Parkett zu schonen.
»Sieht alles gut aus«, stellte Beckett fest. »Morgen werden die Arbeitsplatte in der Küche und die Waschtische in den Badezimmern eingebaut. Mit etwas Glück schaffen wir es, dass bis zur Hochzeit alles fertig ist.«
»Keine Sorge, das kriegen wir hin.« Owen, der Spezialist für Terminpläne, gab sich zuversichtlich. Knapp, aber machbar, lautete seine Einschätzung.
»Wenn du das Haus nicht jahrelang halb fertig hättest stehen lassen, bräuchte sich jetzt niemand dermaßen den Arsch aufzureißen«, hielt Ryder seinem Bruder zum wiederholten Mal vor.
»Ja, okay. Ist nun mal so gelaufen. Doch im Nachhinein finde ich es besser, dass das Haus nicht fertig war. Ich hätte seinerzeit schließlich nicht für eine ganze Familie, sondern für
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