Lilientraeume
Mantel schälte, ging sie die Liste an der Kühlschranktür durch und stieß ein leises Lachen aus. Die Idee zu dieser Party mochte ja spontan gewesen sein – die Durchführung hingegen war typisch Owen.
Sie schaute auf ihren Mantel, der unordentlich auf einem Stuhl lag. Würde Owen nie tun, dachte sie und nahm die Sachen, um sie nach unten zu bringen, wo Owen in einem Vorraum zum Keller seine Jacken aufzuhängen pflegte. Sie warf einen Blick in die Waschküche und stellte fest, dass es dort aufgeräumter aussah als in ihrem Schlafzimmer.
Zurück in der Küche öffnete sie die Tür des Besenschranks und griff nach der Schürze, die an einem Haken hing. Noch bevor sie sie umbinden konnte, kam Owen wieder herein.
»Ich hab deine Tasche raufgebracht, falls du also noch was daraus brauchst …« Er brach ab, denn ihr Anblick verschlug ihm die Sprache, und er glaubte, sein Verstand würde aussetzen.
War das wirklich Avery?
»Was ist?« Verwirrt blickte sie an sich herab. »Hab ich etwa Flecken auf dem Kleid oder was?«
»Mein Gott, nein. Es ist nur … dass du … Mit einem Satz: Du siehst einfach umwerfend aus«, brachte er endlich hervor, woraufhin ein strahlendes Lächeln ihre Miene erhellte.
»Fantastisch?«
»Du …« Offensichtlich hatte sie ihn vollständig aus der Fassung gebracht. »Ja, auf jeden Fall. Fantastisch dürfte das richtige Wort sein.«
»Das Kleid ist neu, und nicht nur das. Hope hat mich beraten und auf diese Weise dazu beigetragen, mein Konto zu dezimieren.«
»Es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Deine Beine …«
»Ja?«
»Wahnsinn.« Noch immer fand er kaum Worte.
»Damit entschädigst du mich zum Jahresende für viele Entbehrungen.« Sie ging auf ihren Wahnsinnsbeinen zu ihm und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. »Danke.«
Er schmeckte und roch großartig. Und genauso sah er auch aus.
Später, sagte sie sich. Jetzt nicht. Anderes musste zuvor erledigt werden. Sie verschränkte ihre Hände hinter seinem Kopf. »Das ist eine ganz schön lange Liste, Owen.«
»Liste? Oh, die Liste. Ja, in den letzten beiden Tagen kam mir immer wieder arbeitsmäßig was dazwischen. Deshalb hab ich viel weniger geschafft als geplant.«
»Immer mit der Ruhe. So schlimm ist es nicht, denn das meiste hast du schließlich erledigt. Allerdings haben wir nur noch zwei Stunden, vielleicht etwas mehr, und da sollten wir langsam loslegen. Der Rest muss bis zum neuen Jahr warten, wenn du so willst.«
Er schlang ihr die Arme um die Taille. »Ich könnte ja ein Schild raushängen. Party abgesagt.«
»Bist du sicher, dass nicht mindestens die Hälfte der Leute trotzdem reinkommt? Wenngleich die Idee zugegebenermaßen etwas Verführerisches hat. Oder wir nutzen die Zeit bis zum Eintreffen der Gäste einfach anders. Für uns. Dann sind wir mit den Essensvorbereitungen eben nicht rechtzeitig fertig. Du könntest diesen Punkt noch auf deine Liste schreiben, damit du wenigstens etwas abhaken kannst.«
Grinsend neigte er den Kopf und gab ihr einen sanften, jedoch keineswegs brüderlichen Kuss, den sie mit großer Inbrunst erwiderte.
In diesem Moment wurde die Verandatür von außen aufgerissen, und D.B. trottete neben seinem schwer beladenen Herrchen in den Raum. »Hier. Ich bring dir den Schinken. Aber falls ihr beide euch vorher noch auf dem Küchenboden wälzen wollt, stell ich ihn einfach auf den Tisch, schnapp mir ein Bier und hau noch mal ab.«
»Mein Gott, Ry.«
»Tut mir leid.« Sein breites Grinsen allerdings verriet das Gegenteil. Ryder genoss die Szene. »Ich bin nur auf Befehl von Mom so früh hier. Sie meinte, du könntest meine Hilfe gebrauchen – sie hat sich offenbar getäuscht. Schließlich hast du ja unseren heißen Rotschopf hier.«
Avery war nicht die Spur verlegen, sondern grinste breit und herausfordernd zurück.
»Außerdem hat sie gemeint, du bräuchtest vielleicht Hilfe beim Aufschneiden des Schinkens. Und die brauchst du wirklich, denke ich. Weil du schließlich anderweitig beschäftigt bist.« Er marschierte an Owen vorbei, um sich ein Bier zu holen. »Aber das wiederum kriegst du, wie ich sehe, mühelos alleine hin.«
Er hielt die Flasche unter den großen Öffner an der Wand und entfernte den Kronkorken, nahm einen kräftigen Schluck und musterte Avery mit unverhohlener Bewunderung. »Du siehst heute echt heiß aus. Aber«, wandte er sich an seinen Bruder, »wenn du sie noch vor dem Fest aus ihrem absolut scharfen Outfit schälen willst, nimm sie wenigstens mit
Weitere Kostenlose Bücher