Lilientraeume
kennst.«
»Ach ja?«
Er legte seinen Mund dicht an ihr Ohr. »Das zeig ich dir später.«
»Später? Es ist fast Mitternacht.«
»Zum Glück.«
Lachend schüttelte sie den Kopf. »Du solltest langsam die Sektflaschen öffnen.«
»Mach ich am besten gleich, damit ich um zwölf bei dir sein kann. Um dich als Erster zu küssen.«
»Das will ich mir ausgebeten haben«, sagte sie und ging mit ihm in die Küche, wo er die Korken knallen ließ, damit das neue Jahr gebührend begrüßt werden konnte.
Zwischen den Gästen stehend, griff er beim Countdown nach ihrer Hand: zehn, neun, acht … Sie wandte sich ihm zu und stellte sich auf die Zehenspitzen – sieben, sechs, fünf, vier –, während Owen ihr die Arme um die Taille legte: drei, zwei, eins …
»Happy new year. Ein frohes neues Jahr.«
Eingehüllt in den lauten Jubel der anderen, küsste er sie zärtlich auf den Mund, als das neue Jahr begann. Es war wie ein Versprechen.
Hope war unauffällig durch die Küchentür geglitten, als die letzten Minuten des alten Jahres begannen. Ihr stand nicht der Sinn nach der üblichen Kuss- und Umarmungsorgie zum Jahreswechsel. Vielleicht lag es daran, dass sie alleine war. Da machte sie sich lieber nützlich und öffnete weitere Sektflaschen.
Sie war mit der ersten Flasche noch nicht fertig, als sich die Tür öffnete. Ryder. Er schien den gleichen Gedanken gehabt zu haben wie sie. Sie erstarrten beide angesichts der unerwarteten Begegnung.
»Ich mach nur noch eine Flasche auf.«
»Das seh ich.«
Im Wohnzimmer war der Countdown beendet, und Gläser klangen aneinander.
»Also, Ryder. Frohes neues Jahr.«
»Richtig, das sollten wir uns auch wünschen. Frohes neues Jahr.« Dann blickte er kritisch auf ihre ausgestreckte Hand. »Ist das dein Ernst? Ein Händedruck zum Jahreswechsel. Das darf doch nicht wahr sein. Nein, so geht das nicht.«
Kopfschüttelnd trat er auf sie zu. Legte ihr die Hände auf die Hüften und bedachte sie mit einem abwartenden Blick.
»Meinetwegen.« Achselzuckend hob sie ihm ihre Arme entgegen und hauchte einen leichten Kuss auf seinen Mund.
Und plötzlich wusste sie nicht, wie ihr geschah. Ihre Finger krallten sich an seinen Schultern fest, während er seinen Arm heftig um ihre Taille schlang. Sie war wie elektrisiert, völlig atemlos und sichtlich aus der Fassung.
Er riss sich von ihr los und trat unwillkürlich einen Schritt zurück, starrte sie aus großen Augen an.
»Okay«, stieß er mit rauer Stimme hervor.
»Genau, okay.«
Er nickte, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte wieder aus dem Raum.
Sie atmete vernehmlich aus, während sie mit zittriger Hand nach der offenen Flasche griff. Dümmer hätte sie das neue Jahr ganz sicher nicht beginnen können, dachte sie und kehrte kopfschüttelnd ins Wohnzimmer zurück.
11
Um drei Uhr morgens schloss Owen die Tür hinter den letzten Gästen und schaute sich anschließend suchend um. »Es ist doch niemand in irgendeiner Ecke eingeschlafen, oder? Meinem Gefühl nach müssten alle draußen sein. Oder ist dir irgendetwas aufgefallen?«
Sie spähte aus dem Fenster und sah, wie der letzte Wagen aus der Einfahrt auf die Straße bog.
»Zumindest steht kein Auto mehr draußen. Hoffen wir nur, dass wirklich alle noch fahrtüchtig sind. Obwohl es in erster Linie deren Problem ist. Die Fahrer haben zwar anfangs versprochen, nicht zu viel zu trinken, aber man wirft auf einer Party leicht alle guten Vorsätze über Bord. Jedenfalls sind alle weg und wir alleine.«
»Endlich.«
»Wenn ich diesen Seufzer richtig verstehe, möchtest du jetzt nicht mehr das Fest und die Gäste und wer mit wem in allen Einzelheiten durchkauen. Oder willst du noch bei einem Kaffee Manöverkritik halten?«
»Das hat Zeit bis zum Frühstück, finde ich.«
Sie sah ihn grinsend an. »Du nimmst mir die Worte aus dem Mund.«
Er zog sie mit sich, und gemeinsam gingen sie durchs Haus und löschten die Lichter.
Hand in Hand stiegen sie in den ersten Stock hinauf. »Wie dem auch sei: Immerhin hab ich dich schon des Öfteren nackt gesehen.«
»Das zählt nicht – da war ich schließlich gerade mal fünf.«
»Da täuschst du dich aber gewaltig. Dreizehn trifft die Sache eher. Ja, du dürftest damals dreizehn gewesen sein.«
»Und wie und wo bitte soll das gewesen sein?« Sie blieb kurz vor der Schlafzimmertür stehen.
»Erinnerst du dich an den Sommer, als wir alle für zwei Wochen dieses Haus oben in Pennsylvania gemietet hatten? An dem See in den Laurel
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