Lilienzucht (German Edition)
in der Hand, wird jedoch sofort mit sanfter Gewalt wieder in das weiche Leder gedrückt.
„Beruhigen Sie sich bitte.“, beschwichtigt der Earl fürsorglich.
„Aber... Es geht doch hier um Leben und Tod!“, protestiert Josie, während sie verwirrt sein gelassenes, ja beinahe liebevolles Lächeln registriert.
„Überlassen Sie das einfach mir.“, sagt er ruhig. „Ich habe bereits auf der Fahrt hierher einige Telefonate getätigt, um Vorkehrungen zu treffen, die Beiden zu schützen. Trinken Sie unbesorgt Ihren Tee. Sie haben heute wirklich schon genug durchgemacht. – Inzwischen dürften genügend zuverlässige Leute und vermutlich auch der Yard vor Ort sein, um die Verbrecher dingfest zu machen.“
Josie beruhigt sich ein wenig, trotzdem sitzt der Schock ihr noch tief in den Gliedern. Nervös leert sie ihre Tasse und sieht ironisch lächelnd an sich herunter.
„Vermutlich haben Sie Recht.“, seufzt sie leise, während der Earl ihr nachschenkt. „In diesem Zustand bin ich sicher niemandem eine Hilfe.“
Der Earl lächelt nachsichtig. „Richtig“, sagt er und fügt ernst hinzu: „Abgesehen davon, dass Sie etwas mitgenommen sind, könnten Sie auch im besten Fall nicht viel ausrichten. Diese Leute gehen über Leichen.“
Josie schluckt schwer.
„Vielmehr würde ich vorschlagen“, fährt ihr Gastgeber fort, „Sie trinken noch Ihren Tee und gehen dann zu Bett. Ein wenig Schlaf wird Ihnen zweifelsohne gut tun.“
Josie nimmt einen kräftigen Schluck aus ihrer Tasse und seufzt tief. „Ich bin nicht sicher, ob ich die Ruhe dafür finden werde.“, merkt sie leise an.
Der Earl hat plötzlich ein unergründliches Lächeln im Gesicht. „Oh, ich bin mir sicher , dass sie das tun werden.“, meint er zuversichtlich.
Verwirrt sieht sie ihm in die Augen, findet jedoch keinerlei Anhaltspunkte für eine Antwort, ja, nicht einmal für eine Frage, die sie ihm dazu stellen könnte.
Also leert sie nur ihre Tasse erneut und fragt dann: „Könnte ich noch einen Tee haben?“
Ihr Gastgeber lächelt weich und hat mit einem Mal einen schier undefinierbaren Ausdruck im Gesicht; sehr ruhig, auf eine seltsame, diffuse Art beschützend ... und irgendwie ein bisschen verschmitzt.
„Lieber nicht.“, meint er sanft. „Wir wollen doch nicht, dass Ihre Nachtruhe zu lange dauert.“
Während Josie noch über diese kryptische Aussage nachdenkt und angestrengt versucht, seinen Gesichtsausdruck zu deuten, fallen ihr auch schon die Augen zu.
Sie merkt nicht einmal mehr, wie der Earl ihr mit der einen Hand geschickt die Tasse samt Untertasse aus der Hand nimmt und sie auf dem Tisch abstellt, während er mit der anderen sacht ihren Kopf daran hindert, zur Seite ins Leere zu fallen, ganz so, als sei das das Einfachste der Welt.
Behutsam hebt er sie danach in seine Arme, trägt sie in das bereits vorbereitete Himmelbett ihres Gästezimmers im ersten Stock des Hauses und deckt sie sorgsam zu. Dann ruft er mit der Hausklingel das Mädchen, das auch kurz darauf erscheint.
„Mylord?“
„Richten Sie sich bitte auf eine lange Nacht ein, Mary. Ich möchte, dass Sie hier bleiben und regelmäßig ihren Blutdruck und den Pupillenreflex überprüfen; Sie wissen ja, wie. – Ich werde Sie sicherheitshalber mit ihr hier einschließen. Sorgen Sie bitte dafür, dass sie alles hat, was sie benötigt, wenn sie wieder aufwacht. Und achten Sie bitte darauf, dass sie sich vorerst von den Fenstern fernhält.“
„Sehr wohl, Mylord.“
„Ach, und helfen Sie ihr beim Waschen morgen; wegen der vielen, kleinen Wunden sollte sie nicht duschen. Wenn es ihr soweit gut geht, können Sie bei der Gelegenheit auch gleich etwas für mich überprüfen, aber möglichst behutsam, bitte.“
„Oh, ich verstehe schon, Mylord. Verlassen Sie sich auf mich.“, antwortet Mary mit einem angedeuteten Grinsen.
„Das tue ich doch immer, Mary. Vielen Dank.“, gibt der Earl lächelnd zurück, legt jedoch schon Augenblicke später die Stirn in Falten. „Mir ist überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken, Sie beide hier allein zurückzulassen. Vielleicht bin ich ein bisschen übervorsichtig, aber ich will nichts riskieren, mit diesen Kinderhändlern ist nicht zu spaßen ... und immerhin besteht noch entfernt die Möglichkeit, dass sie uns gefolgt sind. – Ich lasse Sie wieder raus, sobald ich zurück bin.“
„Nehmen Sie Jeffrey mit, Mylord?“, fragt Mary besorgt.
„Natürlich.“, antwortet Lord Croydon lächelnd. „Machen Sie sich keine Sorgen, die
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