Lilienzucht (German Edition)
anderen Herren vom Club sind ja auch mit von der Partie, ganz zu schweigen von den Leuten von Scotland Yard – und die werden heute sicher nur ihre besten, zuverlässigsten Leute schicken. Bis morgen Vormittag sollte die ganze unerfreuliche Angelegenheit eigentlich geregelt sein.“
„Dann bin ich beruhigt.“, meint Mary, die sichtlich aufgeatmet hat. „Passen Sie trotzdem auf sich auf. Und achten Sie bitte darauf, dass Jeffrey es nicht übertreibt; diese Sache mit dem Kinderhandel nimmt er sehr persönlich.“
„Natürlich werde ich Acht geben, Mary.“, antwortet der Earl schmunzelnd, wird jedoch urplötzlich wieder ernst. „Allerdings nehme ich die Sache diesmal auch ziemlich persönlich; darum kann ich, genau genommen, für nichts garantieren.“
Mary ist wirklich versucht, die Augen zu verdrehen, kann sich jedoch beherrschen und seufzt stattdessen nur leise.
„Sie wissen, was im Ernstfall zu tun ist?“, fragt Lord Croydon sachlich.
„Ja, natürlich, Mylord.“, antwortet das Hausmädchen ebenso sachlich. „Möchten Sie einen Kaffee, bevor Sie gehen?“
„Ja“, antwortet Lord Croydon mit einem schrägen Grinsen, „und zwar einen besonders starken, aber darum wird sich Jeffrey kümmern, während ich dem Hauspersonal Instruktionen für den hoffentlich unwahrscheinlichen Ernstfall gebe. Kümmern Sie sich bitte um Lady Josephine, Mary.“
„Gern, Mylord, wie Sie wünschen.“
4 Nachwirkungen
Schon durch die geschlossenen Lider erkennt Josie beim Erwachen, dass es längst hell sein muss. Für einen Moment noch genießt sie den warmen, schlaftrunkenen, behüteten Zustand unter der weichen Bettdecke, dann zucken unwillkürlich einige Muskeln ... und die schmerzhafte Realität holt sie qualvoll in die Gegenwart zurück. Ihr Kopf dröhnt augenblicklich, als hätte ihn jemand mit einem Vorschlaghammer bearbeitet. Leise ächzend öffnet sie die Augen, nur um sie gleich wieder gepeinigt zuzukneifen, weil das Sonnenlicht wie Nadeln in ihren Augen sticht und weitere Schmerzwellen durch ihren Kopf schickt. Gewaltsam zwingt sie sich, ein paar Mal tief durchzuatmen, dann hebt sie erneut blinzelnd die Lider, langsamer diesmal und setzt sich vorsichtig auf, wobei sie versucht, so wenig schmerzende Muskeln zu benutzen wie nur irgendwie möglich. Der Erfolg ihrer Bemühungen ist mehr als bescheiden und so schließt sie ächzend die Augen und reibt sich beinahe schon brutal die Schläfen, um den Schmerz wenigstens einigermaßen unter Kontrolle zu bekommen.
Überraschenderweise ist es der sie umgebende Geruch, der ihr schließlich ein wenig Linderung verschafft und sie bemerkt verblüfft, dass sie immer noch den viel zu großen Bademantel vom Vortag trägt.
Als sie die Augen endlich wieder öffnet, blickt sie geradewegs in zwei besorgte, olivgrüne Augen, die wirken, als seien sie eben erst aus dem Schlaf hoch geschreckt.
„Alles in Ordnung, Mylady?“, fragt Mary und fasst sich gleich darauf von sich selbst genervt an die Stirn. „Verzeihen Sie, das war eine dumme Frage. Kopfschmerzen?“
Josie lächelt gequält. „Ja. - Was für eine furchtbare Nacht!“
„Stimmt.“, seufzt Mary mitfühlend. „Sie haben ausgesprochen unruhig geschlafen.“
Josie sieht das Hausmädchen verblüfft an. „Haben Sie etwa die ganze Nacht hier gesessen?“, fragt sie ungläubig.
Mary lächelt amüsiert. „Selbst wenn ich es anders gewollt hätte, es hätte sich gar nicht vermeiden lassen.“, erklärt sie. „Der Earl hat uns beide hier eingeschlossen und mir aufgetragen, mich um Sie zu kümmern.“
„Eingeschlossen?!“, fragt Josie verwirrt. „Warum?“
„Aus Sicherheitsgründen, Mylady.“, gibt Mary ernst zurück. „Darum muss ich Sie auch bitten, sich vorsichtshalber von den Fenstern fernzuhalten.“
Josies Verwirrung hat sich eher noch verstärkt. „Wieso?“, fragt sie verständnislos.
Mary sieht ihr sehr ernst in die Augen. „Mylady, diese Verbrecherbande ist absolut nicht zu unterschätzen“, erläutert sie, „und Mylord fürchtet um Ihre Sicherheit. Es könnte immerhin sein, dass Ihnen einer der Komplizen nach Ihrer Flucht gestern gefolgt ist. – Sobald der Earl zurück ist, können Sie sich wieder frei bewegen.“
Es dauert einen langen Moment, bis die Informationen in Josies malträtiertes Gehirn vorgedrungen sind. Nachdenklich reibt sie sich die Schläfen, dann sieht sie plötzlich alarmiert auf.
„Sie wollen doch nicht sagen, dass er gerade in diesem Augenblick unterwegs ist, um diese
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