Lilienzucht (German Edition)
zumeist aus runtergekommenen Waisenhäusern in Osteuropa oder wurden ihren Eltern regelrecht abgekauft. – Die Elliots hatten nun durch bestimmte Umstände, die ich nicht weiter erläutern möchte, den Verdacht, dass bei der Vermittlung der Adoptionen nicht alles mit rechten Dingen zuging und die Kinder nicht wirklich alle Waisen waren und haben sich darauf an Scotland Yard gewandt. Der Yard hatte allerdings schon eine ganze Weile unabhängig davon in dieser Sache ermittelt und hatte den Royal Tea Club auch bereits um Hilfe gebeten, denn sie waren in den höheren Gesellschaftsschichten dabei auf eine Mauer des Schweigens gestoßen. Verständlicherweise, denn die betroffenen Familien waren aus nachvollziehbaren Gründen kaum an unangenehmen Fragen interessiert ... oder gar daran, dass etwas davon an die Öffentlichkeit gerät. Es gab sogar Kreise, die über ihre einflussreichen Beziehungen versucht haben, die Ermittlungen massiv zu behindern oder gar zu vereiteln.“ Eindringlich blickt er Josie in die Augen. „Wenn Sie den Mord nicht mit angehört hätten, wären wir nie darauf gekommen, dass sich an diesem Wochenende praktisch der gesamte Kopf der Bande auf Fountainhead Manor befand, um dort nicht nur die unbequemen Elliots aus dem Weg zu räumen, sondern auch noch einige Kinder an Organhändler zu übergeben.“
Josie hat in schaudernder Anteilnahme die Hand auf den Mund gelegt, während der Earl ihr einen bedeutungsvollen Blick zuwirft.
„Mit Ihrer Hilfe konnten wir also etliche Menschenleben retten, Lady Josephine.“, sagt er nachdrücklich.
Josie errötet tief. „Ich... Aber das...“, stammelt sie verlegen. „Ich hab doch gar nichts dazu beigetragen.“
„Oh, doch.“, findet Lord Croydon und selbst Jeffrey nickt ernst. „Es hätte schon genügt, dass Sie die Nerven verloren hätten, dann hätten wir nicht genug Informationen gehabt, um das Schlimmste zu verhindern. – Und ich hätte unsere Leute und den Yard nicht schnell genug mobilisieren können.“
Noch immer leuchten Josies Wangen in tiefem Rot und in ihren Augenwinkeln glänzen plötzlich Tränen. Beschämt senkt sie den Blick und sagt leise: „Ich hätte viel mehr tun sollen; vielleicht hätte es dann eine Tote weniger gegeben. Ich hätte es wenigstens versuchen können.“
Bestürzt erhebt sich Lord Croydon von seinem Sessel, begibt sich mit ein paar Schritten zu ihr und geht vor ihrem Sessel in die Hocke, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. Sachte streicht er über ihren Unterarm, bevor er spricht.
„Wenn Sie es versucht hätten, wären Sie jetzt vermutlich ebenfalls tot.“, sagt er leise. „Und das hätte ich mir nie verzeihen können. – Sie sollten wirklich der letzte Mensch sein, der sich hier Vorwürfe macht.“
„Ich...“ Josie atmet schwer aus. „Na gut, ich werde es versuchen.“
Langsam geht der Earl wieder zu seinem Platz und greift nach der Teetasse, an der er dann nippt. „Ich bin sehr froh, dass Ihnen nichts wirklich Ernstes passiert ist.“, betont er nachdrücklich.
„Ich, ehrlich gesagt, auch.“, findet Josie. Zaghaft lächelt sie ihn an.
„Das ist schon besser“, lobt Lord Croydon lächelnd. „Und jetzt wäre es wahrscheinlich das Beste, wenn wir Beide zusehen, dass wir noch ein bisschen Schlaf bekommen. Ich denke, ein ausgiebiger Mittagsschlaf könnte Ihnen gut tun ... und dass ich ebenfalls ein paar Stunden Ruhe brauchen kann, dürfte ja auch offensichtlich sein.“
Mit einem Kopfnicken gibt er Jeffrey zu verstehen, die Klingel für das Hausmädchen zu betätigen, was dieser auch umgehend erledigt.
„Ich würde vorschlagen, wie treffen uns danach zu einem späten Lunch.“, wendet er sich wieder an die junge Lady. „Mary wird Sie dann abholen und zum Speisesaal bringen.“
„Das ist vermutlich gar keine schlechte Idee“, stimmt Josie leise seufzend zu, „so werde ich den Rest Migräne vielleicht auch noch los.“
„Sie haben Kopfschmerzen?“, hakt Lord Croydon besorgt nach.
„Ja, schon“, antwortet Josie lächelnd; sie weiß sofort, worauf er hinaus will, „aber es ist eindeutig Migräne. Alle typischen Anzeichen sind leider vollzählig vorhanden. “
„Brauchen Sie ein Schmerzmittel?“
„Nein, nein.“, winkt Josie ab, ihr Lächeln wird unwillkürlich ein bisschen breiter. „Ich habe heute Morgen schon Tabletten genommen, Mary war so freundlich. Den Rest bekomme ich sicher selbst in den Griff. – Dass es heute nicht mehr so schwül ist, wird die Sache zusätzlich
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