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Lilith Parker: Insel Der Schatten

Lilith Parker: Insel Der Schatten

Titel: Lilith Parker: Insel Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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Schauergeschichten.«
    »Sorry«, murmelte Matt und begann, sich am Zaun hochzuziehen. »Wenn es dich tröstet – er hat es überlebt.«
    Trotz aller Bedenken und dank den über den Lanzen ausgebreiteten Jacken erreichten sie problemlos die andere Seite. Sie hoben die Fackeln in die Höhe, um sich einen kurzen Überblick zu verschaffen. Es gab zahlreiche Schilder, die vor dem Betreten des Moores warnten. Der Wald, der vor ihnen lag, wirkte dagegen harmlos. Er war von schlanken Laubbäumen bewachsen, die nun ihre blattleeren Äste in den Nachthimmel streckten. Rechts und links des Weges schlängelte sich in schmalen Rinnsalen glasklares Wasser. Lilith erinnerte sich, dass Moore häufig von Bruchwäldern umfasst waren.
    »Die Patrouille kommt zurück«, zischte Matt. »Wir müssen los!«

    Lilith nickte stumm. Auch sie hatte die Stimmen der Männer gehört.
    Leise pirschten sie sich in den Wald. Der Weg war gut befestigt und sie kamen überraschend schnell voran. Ganz unmerklich begann sich ihre Umgebung zu verändern. Als Erstes fiel Lilith auf, dass der Wald lichter wurde, bis schließlich nur noch vereinzelte Bäume zu sehen waren. Das schilfartige Gras auf den Lichtungen wurde kürzer, spärlicher, dazwischen bildeten sich Wassermassen und blubbernde Tümpel. Sie hatten das Moor erreicht.
    In einem stillen Tanz waberte der Nebel auf und ab, tastete sich über Erde, Gräser und Baumstümpfe, die wie tote Skelette aus dem Morast emporragten. Oft mussten sie die Fackeln tief über dem Boden halten, um sicherzugehen, dass sie sich noch auf dem Weg befanden und nicht gerade dabei waren, in einem morastigen Tümpel zu versinken. An manchen Stellen verdichtete sich der Nebel so sehr, dass Matts Umriss vor Lilith fast vom Nichts verschluckt wurde. Auch die Geräusche klangen seltsam stumpf und gedämpft. Es war, als befänden sie sich plötzlich in einer völlig anderen Welt. Der übel riechende Gestank von Moorgas stieg Lilith in die Nase.
    Matt verzog das Gesicht. »Ist das eklig!«
    »Strychnin wäre entzückt!«, murmelte Lilith.
    »Was hast du gesagt?«, fragte Matt irritiert.
    »Ach, nicht so wichtig.«
    Matt blieb so abrupt stehen, dass Lilith fast in ihn hineingelaufen wäre.
    »Hast du das gehört?«, flüsterte er.

    Lilith lauschte in die Dunkelheit des Moors. Zuerst hörte sie nur das unheilvolle Blubbern des Morastes, doch dann nahm sie eine helle Stimme wahr, die gellend um ihr Leben schrie. Es klang wie die Schreie eines kleinen Jungen von vielleicht vier oder fünf Jahren.
    »Das ist ein Kind!«, stieß Matt aus. »Wir müssen ihm helfen!«
    Er rannte blindlings los. Die Schreie wurden lauter und flehender, je näher sie kamen. Lilith versuchte, mit Matt Schritt zu halten, doch sie konnte seinen Vorsprung nicht mehr aufholen.
    Lilith stutzte. Was hatte ein kleines Kind mutterseelenallein mitten in der Nacht im Moor verloren? Für ein Kind in diesem Alter wäre der Zaun ein unüberwindbares Hindernis gewesen. Hier stimmte etwas nicht, das spürte Lilith mit jeder Faser ihres Körpers. Sie stolperte an Matts Seite, der am Rand eines Tümpels stehen geblieben war.

    »Matt, warte! Nicht!« Sie wollte ihn zurückhalten, aber Matt hatte nicht vorgehabt, die Kinderhand, die sich Hilfe suchend aus dem Tümpel streckte, zu ergreifen. Mit großen Augen starrte er auf die Hand, in deren Innenseite sich so etwas wie ein Mund befand. Nun erschienen immer mehr Kinderhände, die sich gierig nach ihnen ausstreckten. Das Geschrei der Münder war ohrenbetäubend. Aus den Augenwinkeln nahm Lilith eine Bewegung war. Dem Sumpf näherte sich eine missgebildete Kreatur von der Größe eines Hundes, mit einem schwarzen biberähnlichen Fell. Ihr Maul stand weit offen und entblößte ein furchterregendes Gebiss. Lilith überlief ein kalter Schauer, als sie sah, dass aus dem Rücken der Kreatur eine rosafarbene, nach oben gereckte Kinderhand wuchs. Ehe Lilith Weiteres erkennen konnte, war die Kreatur im Sumpf untergetaucht und nur noch die Hand ragte daraus hervor.
    »Das sind bestimmt diese Ahuizotl, vor denen wir uns …« Lilith stoppte keuchend. Bunte Sterne begannen vor ihren Augen zu tanzen, ihre Knie wurden weich. Es kann noch nicht so weit sein, flehte sie innerlich, automatisch griff sie nach dem Amulett und versuchte, es sich vom Hals zu ziehen.
    Lilith taumelte rückwärts.
    »Achtung!«, schrie Matt auf, doch schon hatte eine Kinderhand Liliths Fußgelenk ergriffen und zog sie in Richtung des Tümpels. Lilith verlor

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