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Lilith Parker: Insel Der Schatten

Lilith Parker: Insel Der Schatten

Titel: Lilith Parker: Insel Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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viel Angst gehabt. Im Morgengrauen schaffte sie es endlich, sich an Wurzeln und Erdvorsprüngen aus dem Loch zu ziehen. Als sie jedoch oben angekommen war, musste sie mit Schrecken feststellen, dass sie bereits erwartet wurde. Die ganze Lichtung war voller Krähen, die sie unheilvoll anstarrten.«
    Sofort sah Lilith die unheimliche Krähe vom Bahnhof vor ihrem inneren Auge. Ohne diese Begegnung hätte sie bei Mildreds Erzählung wahrscheinlich ungläubig den Kopf geschüttelt. Krähen griffen doch keine Menschen an! Aber wenn sich Lilith die Kälte und Bösartigkeit ins Gedächtnis rief, die sie in diesen Krähenaugen gesehen hatte, überlief sie ein eisiges Frösteln.
    »Und was ist dann passiert?«
    »Die Krähen haben das Mädchen ohne zu zögern angegriffen. Ihre Arme, die sie schützend vor ihren Kopf gehalten hatte, wurden so schwer verletzt, dass sie tiefe Narben davongetragen hat. Trotzdem hat sie es geschafft zu fliehen.« Nach einer kurzen Pause wandte sich Mildred wieder Lilith zu und lächelte sie an. »So, jetzt kennst du die Gruselgeschichte, mit der die Erwachsenen hier in Bonesdale ihre Kinder davon abhalten wollen, im Schattenwald herumzustreunen!«
    Lilith verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Okay, ich habe verstanden: nicht in den Schattenwald gehen!«

    »Dann wünsche ich dir jetzt eine gute Nacht!« Mildred nickte ihr zu und wandte sich zum Gehen. »Ach, Lilith«, ihre Tante blieb an der Tür stehen, »einige hier im Haus leiden unter Schlafstörungen und wandern nachts umher. Wenn du also irgendwelche Geräusche hören solltest, bleib am besten liegen. Wir wollen doch nicht, dass die alten Leutchen einen Herzinfarkt bekommen, weil du im Dunkeln hinter ihnen hergeisterst!«
    Lilith nickte und ihre Tante zog die Tür hinter sich zu. Einen Moment lang stand Lilith unschlüssig im Zimmer herum, dann beschloss sie, erst einmal auszupacken. Ihre Kleider stopfte sie nicht gerade sorgfältig in die Kommode und ihre Schulsachen und Bücher stapelte sie auf dem Schreibtisch. Dabei stellte Lilith fest, dass auch hier überall Säckchen mit getrockneten Jasminblüten verteilt waren. Ihre Tante musste diesen Duft wirklich lieben!
    Lilith zog ihren Pyjama an und beschloss, das abendliche Zähneputzen heute ausfallen zu lassen. Sie war viel zu erledigt und ihre Augen brannten vor Müdigkeit.
    Als sie schließlich im Bett lag, ließ der Schlaf jedoch auf sich warten. All die fremden Geräusche des Hauses – das Ächzen der Dielen, das Stöhnen der Wasserleitungen, das Bollern der Heizung – ließen ihre Sinne nicht zur Ruhe kommen. Auch ihre Vermutung, dass Mildred ihre Mutter gekannt hatte und Lilith hier etwas über ihre Vergangenheit herausfinden konnte, wühlte sie mehr auf, als sie sich anfangs eingestehen wollte.

    Gerade als sie weggedämmert war, hörte sie leise Schritte, die sich ihrem Zimmer näherten. Wahrscheinlich wollte ihre Tante noch einmal nach ihr sehen. Lilith beschloss, die Augen zusammenzukneifen und so zu tun, als ob sie friedlich schlafen würde. Aber die Tür öffnete sich nicht. Stattdessen hörte sie ein leises metallisches Scharren, dann entfernten sich die Schritte wieder. Lilith schlüpfte aus dem Bett und schlich vorsichtig zur Tür. So leise wie möglich drückte sie die Klinke nach unten, doch die Tür ließ sich nicht mehr öffnen. Jemand hatte sie in ihrem Zimmer eingeschlossen!



 
 
»Def. Geistererscheinungen, allgemein: Geistwesen, sichtbar oder unsichtbar, sind oft an Orten zu finden, an denen sie zu Lebzeiten weilten oder den Tod fanden. Sie können jedoch auch umherziehen und suchen Orte mit starken Erdschwingungen auf (siehe →  altes Land), da sich dort ihre Geisterkraft verstärkt. Sie nähren sich von emotionaler Energie der Menschen. Da die am leichtesten hervorzurufende Emotion die Angst ist, spezialisieren sich die meisten Geister darauf, Menschen zu erschrecken. Ein Geist, der mir für Befragungen zur Verfügung stand, gab an, dass die Liebe weit nahrhafter sei (sie schmecke nach Pfirsichen, Zuckerwatte und Keksen). Aber im Vergleich zum Arbeitsaufwand, den man für diese Emotion betreiben müsse, sei sie vollkommen unrentabel. Es gibt zahlreiche Arten von Geistwesen, siehe →  Haus-, Erd-, Luft- und Wassergeister →  Poltergeister →  Geisterechos →  Krisengeister →  Experimentiergeister →  Irrlichter → Gerippe (…)«
    aus »Untote von A–Z. Umfassendes Nachschlagewerk paranormaler Wesen« von Professor Albertus von

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