Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lilith Parker: Insel Der Schatten

Lilith Parker: Insel Der Schatten

Titel: Lilith Parker: Insel Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
Vom Netzwerk:
die um Bolzen geschlungen und an ihnen verknotet waren, am Boden verankert. Die beiden Seilenden, die Emma erwischt hatte, waren alt und brüchig, sodass sie den Knoten relativ leicht lösen konnte. Sofort begannen die Fässer in der Strömung unruhig auf und ab zu tanzen, nur die Seile auf Liliths Seite hielten die Brücke noch zusammen. Leider waren sie um einiges stabiler als die von Emma. Zu allem Überfluss zitterten Liliths Finger so sehr, dass sie immer wieder von dem feuchten Seil abrutschten.

    »Schnell, er kommt!«, schrie Emma ihr zu.
    Lilith sah auf. Zwei gelbe Augen preschten ihnen aus der Dunkelheit entgegen. Vielleicht steigerte es sein Jagdfieber, seine Beute so nah vor sich zu sehen, oder der Werwolf ahnte, was die Mädchen planten – denn plötzlich raste er noch schneller auf die beiden zu. Es blieben nur noch wenige Sekunden, bis er die Brücke erreicht haben würde.
    Lilith zwang sich, ihren Blick abzuwenden. Sie atmete tief durch und konzentrierte sich auf das Seil. Als sie spürte, wie sich der Knoten löste, entwich ihr ein Jubelschrei. Gerade als der Werwolf zu einem Sprung auf die Brücke ansetzen wollte, trieben die Fässer davon. Die beiden Mädchen fielen sich erleichtert in die Arme.
    Die Gefahr war jedoch noch nicht vorüber. Der Werwolf huschte unschlüssig am Rand des Ufers auf und ab. Einmal schien es, als würde er Anlauf nehmen, um den Sprung über den Bach zu wagen. Dann bremste er jedoch kurz vor dem Absprung ab. Die Mädchen atmeten erleichtert auf. Mit einem letzten wütenden Knurren sauste der Werwolf schließlich stromaufwärts davon.
    »Meinst du, er gibt auf?«, fragte Emma hoffnungsvoll.
    »So zielsicher, wie er davongerannt ist, sucht er wohl eine schmale Stelle, über die er springen kann«, meinte Lilith bedauernd.
    Sie liefen weiter, allerdings nicht mehr in dem halsbrecherischen Tempo wie zuvor.
    »Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es hier in der Nähe eine kleine Höhle. Wir könnten uns bis Sonnenaufgang darin verstecken«, schlug Emma vor.

    »Ich bin zwar keine Expertin für Werwölfe, aber ich schätze, die haben einen sehr guten Geruchssinn, oder?«
    »Du hast recht«, gab Emma zu. »So verschwitzt, wie wir sind, duften wir für einen Werwolf wie zwei frisch gebackene Brötchen. Und wenn er uns in der Höhle aufgespürt hat, sitzen wir in der Falle.«
    Erstaunt sah Lilith auf. Der Wald schien plötzlich dunkler geworden zu sein, obwohl keine Wolke den Vollmond bedeckte. Auch war es eigenartig still um sie herum geworden.
    »Der Schattenwald«, murmelte Emma ehrfürchtig. »Wir haben gerade seine Grenze überschritten.«
    Fröstelnd blieb Lilith stehen. »Meine Tante hat mich davor gewarnt, diesen Wald zu betreten.« Sie verzog ihr Gesicht. »Aber nun habe ich wohl keine andere Wahl, oder?«
    Emma fuhr herum. »Hast du das gehört?«
    Lilith stieß einen leisen Fluch aus. »Dieses Mistviech hat es doch tatsächlich geschafft, den Bach zu überspringen!«
    Hätten sie geahnt, dass es ihm so früh gelingen würde, hätten sie bei ihrer Flucht ein schnelleres Tempo angeschlagen.
    Der Werwolf schien vor Zorn und Jagdfieber völlig außer sich zu sein. Mit wütendem Knurren preschte er über das trockene Geäst des Waldes, das unter seinem Gewicht mit lautem Knacken zerbrach. Wie Schüsse einer Pistole hallte es durch den Wald.
    »Und was sollen wir jetzt machen?«, keuchte Emma ängstlich.

    Lilith blickte zu einer alten Eiche, die sich nur wenige Meter vor ihnen in den Nachthimmel streckte. Sie wandte sich müde lächelnd zu Emma um. »Kannst du klettern?«
    »Ganz schön hoch, oder?«, stellte Emma skeptisch fest, als sie unter dem Baum standen.
    »Ich helfe dir, zusammen schaffen wir das!«
    Lilith machte eine Räuberleiter, sodass sich Emma am ersten Ast emporziehen konnte, und Emma ihrerseits beugte sich hinunter, um Lilith hinaufzuhelfen. Noch ehe der Werwolf sie erreichte, hatten sie die Hälfte des Baumes erklommen und blickten aus sicherer Entfernung auf die Bestie hinab. Fast gleichzeitig entwich den beiden ein erleichterter Seufzer, was der Werwolf mit einem wütenden Knurren beantwortete.
    »Der sieht ganz schön sauer aus!«, stellte Emma fest.
    Der Werwolf umrundete missmutig den Baum. Immer wieder stoppte er, sprang in die Höhe und versuchte mit seinen Krallen, Halt zu finden. Jedes Mal hielten die Mädchen den Atem an und beteten, dass es ihm nicht gelingen würde.
    »Und was nun?«, fragte Lilith und beugte sich etwas vor, um Emma sehen zu

Weitere Kostenlose Bücher