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Lilith Parker: Insel Der Schatten

Lilith Parker: Insel Der Schatten

Titel: Lilith Parker: Insel Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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Arthur in diesem Moment.
    Neben dem Pavillon türmte sich ein großer Haufen abgeschnittener Äste. Arthur stieg von der Leiter und betrachtete stolz ihre Arbeit. Lilith folgte seinem Blick und erstaunt stellte sie fest, dass über dem Eingang des Pavillons ein Messingschild angebracht war, das bisher von den Rosenranken verdeckt gewesen war:
    I M A NDENKEN AN UNSERE T OCHTER ,
    S CHWESTER UND F REUNDIN L OUISE P ARKER ,
    DU BLEIBST UNS UNVERGESSEN!
    Lilith schnappte überrascht nach Luft. Lou! Deswegen hatte sie der Teil des Gartens an etwas erinnert: Das Bild der drei Geschwister, das Lilith auf dem Dachboden gefunden hatte, war genau an der Stelle aufgenommen worden, an der nun der Pavillon stand.

    Rings um den Pavillon waren weitere Tafeln angebracht, diese waren jedoch aus Holz, sodass sie Lilith nicht sofort ins Auge gefallen waren. Die Inschriften waren schon fast verblasst und nur mit Mühe konnte Lilith die Worte auf der Tafel entziffern, die rechts des Messingschildes hing:
    Meine kleine Meerjungfrau,
    in meinem Herzen wirst du für immer schwimmen,
    dein Bruder Jo
    Arthur trat neben sie. »Es war eine wirklich tragische Geschichte«, sagte er mit einem traurigen Unterton in der Stimme.
    »Was … was ist denn mit ihr geschehen?«
    »Mildreds kleine Schwester Louise zeigte so deutliche Anzeichen der Fähigkeiten einer Sirene, dass sich alle sicher waren, sie würde eine Nocturi werden. Sie bestand all die Tests zum Nachweis der Grundkräfte, sie liebte das Wasser, ihre Stimme war so schön, dass sie einen zu Tränen rührte«, erzählte Arthur. »Doch am Tag ihres dreizehnten Geburtstages geschah nichts. Sie wandelte sich nicht und wurde nicht zur Sirene.«
    Liliths Herz klopfte ihr bis zum Hals, sodass sie kaum noch atmen konnte. Lou ist ins Meer gegangen, durchfuhr es sie blitzartig. Sofort stiegen in ihr die Bilder ihrer Albträume auf. Lilith blinzelte verwirrt. Aber das konnte nicht sein, sie konnte nicht wissen, was in dieser Nacht geschehen war!

    »Louise wollte nicht akzeptieren, dass sie nur ein ganz normaler Mensch sein sollte«, fuhr Arthur fort. »Mitten in der Nacht schlich sie sich aus dem Haus. Louise hoffte wohl, dass sie sich wandeln würde, wenn sie ins Meer ging. Es war eine stürmische Nacht und die Wellen brachen sich wütend an der Küste. Doch Louise ließ sich davon nicht abhalten und schwamm hinaus aufs offene Meer. Ehe man sie retten konnte, war sie ertrunken.«
    Genau so hatte Lilith es geträumt, Nacht für Nacht, seit ihrer Ankunft.
    Wie betäubt sah sie nach oben auf die Tafeln des Pavillons.
    Ich werde mir nie verzeihen,
    dass ich zu spät gekommen bin.
    Für immer deine beste Freundin,
    Cathy
    Die Widmung stammte von ihrer Mutter. Ich habe meine Mutter gesehen, schoss es Lilith durch den Kopf, ich habe im Traum zum ersten Mal meine Mutter gesehen!
    Die Inschrift verschwamm vor ihren Augen. Lilith biss sich auf die Lippen, um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken.
    Mildred hatte recht gehabt – Lilith sah ihrer Mutter tatsächlich zum Verwechseln ähnlich. So ähnlich, dass nicht einmal Lilith selbst den Unterschied bemerkt hatte.

    »Deine Mutter und Louise waren in ihrer Kindheit unzertrennlich. Der Baron sah es zwar nicht gerne, trotzdem verbrachte Cathy jede freie Minute bei den Parkers«, sagte Arthur, dessen Blick nun ebenfalls auf den Tafeln ruhte. »Deine Mutter hatte als Banshee eine Vorahnung von Lous Tod, doch sie kam leider zu spät. Lou war schon ins Meer gegangen und um ein Haar wäre auch deine Mutter ums Leben gekommen.«
    Lilith nickte stumm, nicht in der Lage, auch nur ein einziges Wort hervorzubringen.
    »Dein Vater hat den Tod seiner kleinen Schwester nur schwer verkraftet. Ich glaube, das war auch einer der Gründe, warum er Bonesdale verlassen hat. Jedes Mal wenn er das Meer gesehen hat, erinnerte es ihn an Lous Tod.«
    Lilith sah betroffen zu Boden. Darum also hatte ihr Vater sie immer wieder vor dem Meer gewarnt.
    Doch wie war es möglich, dass Lilith seit ihrer Ankunft in Bonesdale von Louises Todesnacht träumte? Schließlich hatte ihr Vater ihr nie davon erzählt. An einer Geistererscheinung konnte es nicht liegen. Wie sie Arthur schon versichert hatte, beachtete Lilith die Sicherheitsvorkehrungen. Ein Verdacht blitzte in ihr auf, so absurd und zugleich so schmerzhaft schön, dass sie ihn sofort wieder verscheuchte. Ihre Tante Mildred hatte ihr nur allzu deutlich zu verstehen gegeben, dass sich Lilith keinerlei Hoffnungen zu machen brauchte,

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