Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)
Gürtel und befestigte sie an dem Eisenband, das der Kraghul um den Hals trug. Dies schien dem Monster nicht besonders zu gefallen, denn nun fletschte es seine spitzen Zähne, grub seine Krallen in den Marmorboden und fauchte aggressiv.
»Du hättest Dragomir nicht mitbringen dürfen«, sagte Nikolai verärgert. »Sperr ihn sofort weg!«
Razvan winkte ab, anscheinend schien ihn Nikolais Unmut nicht zu kümmern. »Du weißt, dass ich Dragomir unter Kontrolle habe und er mir treu ergeben ist. Seit Jahrhunderten halten sich adlige Vampire wie wir Kraghuls, und gerade in Zeiten wie diesen möchte ich Dragomir an meiner Seite wissen. Du solltest mir dankbar sein, dass ich ihn mitgebracht habe, schließlich weiß man nie, was die Vanator als Nächstes geplant haben!«
Es sah so aus, als ob Nikolai nur mühsam seine Fassung bewahren konnte, und Lilith hoffte insgeheim, dass er Razvan nun kräftig die Meinung sagen würde. Nikolai konnte doch nicht dulden, dass Razvan seinen Wunsch einfach missachtete und sie in Gegenwart dieses unberechenbaren Ungeheuers zu Abend essen mussten?
In diesem Moment kam André aus dem Speisezimmer und erfasste die Situation in Sekundenschnelle. Das freundliche Lächeln gefror in seinem Gesicht und er maß Razvan mit einem so stechenden Blick, wie Lilith ihn noch nie bei ihm gesehen hatte.
»Razvan, du kennst die Regeln unseres Hauses«, sagte er mit kalter Stimme. »Auch wenn mein Vater heute Abend leider unpässlich ist, möchte ich ihm nicht berichten müssen, dass du seine Gastfreundschaft mit Füßen getreten hast. Ich bestehe darauf, dass du deinen Kraghul wegsperrst! Wie du weißt, haben wir im Eingangsbereich eine Kammer, die dafür geeignet ist.«
Der Graf knirschte hörbar mit den Zähnen, wagte jedoch nicht, dem zukünftigen Träger des Blutstein-Amuletts zu widersprechen. »Na schön. Komm, Dragomir!«
Er zerrte unwillig an der Eisenkette und entfernte sich mit dem wild fauchenden Dragomir in Richtung Eingangshalle.
Kaum war er außer Sichtweite, verwandelte sich Andrés Miene wieder in die des freundlichen Gastgebers. »Lilith, Matt, entschuldigt, dass ich mich bis jetzt nicht um euch gekümmert habe. Rebekka und ich waren in ein so anregendes Gespräch vertieft, dass ich völlig die Zeit vergessen habe.«
»Ernsthaft?«, rutschte es Lilith überrascht heraus. Sie hatte mit Rebekka noch nie ein anregendes Gespräch geführt, aber vielleicht hatte sie André auch ganz falsch eingeschätzt und er interessierte sich in Wahrheit für bösartige Intrigen, Nagellackfarben und bauchfreie Tops?
»Zur Wiedergutmachung bringe ich euch nach dem Dinner in eine nette Bar am Hadesboulevard, sie heißt ›Zum Blutbad‹. Dort ist heute Karaokeabend, das wird bestimmt lustig!«, meinte er vergnügt und führte sie zu ihren Plätzen an der lang gezogenen Tafel, während er sie im Vorübergehen den restlichen Gästen vorstellte.
Igor hatte bereits eine grünliche Suppe serviert und Lilith hoffte, dass sie besser schmeckte, als sie aussah. Zwar hatte sie auf ihrem Zimmer ein prall gefüllter Obstkorb erwartet, doch ein Apfel und ein paar Trauben waren nicht gerade magenfüllend.
»Was für ein schreckliches Viech war das eigentlich?«, fragte Matt, während er sich setzte.
André nahm am Kopfende der Tafel Platz, und erst als er seinen Löffel zur Hand nahm, begannen auch die anderen Gäste mit dem Essen. »Früher hielt sich jeder adlige Vampir zu seinem Schutz so ein ›Haustier‹, aber zum Glück sind die Kraghuls völlig aus der Mode gekommen, vor allem weil es so viele Unglücksfälle gab.«
»Unglücksfälle?«, fragte Rebekka, die Lilith gegenübersaß.
»Nun ja, Todesfälle«, gestand André ihr. »Diese Kraghuls sind unglaublich aggressiv und blutgierig, natürlich nicht gegenüber ihrem Herrn, dem sind sie treu ergeben und würden bis zu ihrem letzten Blutstropfen für ihn kämpfen. Doch ansonsten beißen sie alles, was ihnen zu nahe kommt, und es wurden schon einige Bedienstete vom Kraghul ihres Herrn zerfleischt. Für Razvan ist das nur der Beweis, dass diese Bestien die beste Waffe sind, die sich ein hochrangiger Vampir wünschen kann. Dabei hat sich im Laufe der Zeit die Prägung der Kraghuls auf ihren Herrn als großes Problem dargestellt.«
Lilith probierte die Suppe und hatte den unangenehmen Geschmack einer frisch gemähten Wiese auf der Zunge. Melinda und Isadora hatten ihr zwar beigebracht, dass es unhöflich war, eine Mahlzeit unangetastet zu lassen, doch Lilith
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