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Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)

Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)

Titel: Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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allerdings gehört das Erkennen eines Todesmals zu den Dingen, die sie intuitiv beherrscht«, erklärte sie. »Aber mit Ihrem Einverständnis können Lilith und ich versuchen, die Symphorien aufzurufen. Mit deren Hilfe können wir nicht nur einem Sterbenden seinen Schmerz und seine Angst vor dem Tod nehmen, sondern die Lebensenergie eines Wesens erspüren. Wenn sie sich dem Ende neigt, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis tatsächlich das Todesmal erscheint, auch wenn wir das natürlich nicht hoffen wollen. Schließlich möchte niemand in diesem Raum, dass Sie bald sterben.«
    Obwohl ihr Vorschlag Vadim wieder etwas zu beruhigen schien, knurrte er: »Du hast doch keine Ahnung, Mädchen! Wenn ihr jetzt oder für die nahe Zukunft kein Todesmal über meinem Kopf ausmachen könnt, haben wir ein großes Problem, denn ich sehe es und ihr könnt mich nicht vom Gegenteil überzeugen! Doch wir leben in unsteten Zeiten und ein Führer der Vampire darf nicht wahnsinnig sein, das fällt auf die ganze Familie zurück. Bei uns Vampiren ist eine geistige Krankheit mit einem Stigma belegt. Verrücktsein ist schwach, Schwäche ist erblich. Wenn mein Volk davon erfährt, gibt es eine Rebellion und André wird niemals meine Nachfolge antreten können. Dann ist alles verloren …« Seine Stimme brach und sein Oberkörper erbebte unter einem lautlosen Schluchzen.
    Nikolai stand auf und stellte sich schützend vors Bett, sodass Lilith und André zurücktreten mussten. »Vielleicht ist es besser, wenn wir den Besuch an dieser Stelle beenden«, sagte er mit entschlossener Stimme.
    »Aber was ist mit diesen Symphorien, die Rebekka aufrufen will?«, wandte sein Bruder ein.
    »Was sollte das bringen, André? Die beiden haben uns glaubhaft versichert, dass sie weder den Sensenmann noch das Todesmal sehen. Willst du Vater noch mehr quälen?«
    Nikolais Tonfall war so schneidend, dass André verunsichert zusammenzuckte. Insgeheim konnte Lilith Nikolais Eingreifen durchaus nachvollziehen. Ihr Besuch hatte Vadim sichtlich aufgewühlt und an seinen Kräften gezehrt. Wie würde er es in seinem Zustand verkraften, wenn er nun noch erfahren müsste, dass seine Lebenskraft lange nicht aufgebraucht und er somit tatsächlich verrückt war?
    »Natürlich nicht, du weißt, wie sehr mir Vaters Wohl am Herzen liegt.« Er blickte mit einem liebevollen Funkeln in den Augen zu seinem Vater und hob die Hände. »Ich denke nur, dass wir alles, was möglich ist, ausprobieren sollten. Vater war immer ein Rationalist, und was er wahrnimmt, scheint für mich nicht nur das Hirngespinst eines Wahnsinnigen zu sein – schließlich unterhält er sich ansonsten völlig normal und vernünftig mit uns. Wir müssen versuchen, diesem Rätsel auf die Spur zu kommen.«
    »Aber …«, setzte Nikolai zum Widerspruch an.
    »Still, Nikolai!«, fuhr Vadim dazwischen. »Wir machen es so, wie André gesagt hat. Du solltest dich besser daran gewöhnen, seinem Willen zu gehorchen.« Seine Mimik blieb unverändert, und doch lag in seiner Stimme etwas Missfallendes, ein winziges Zucken umspielte seine Mundwinkel, ein enttäuschtes Kopfschütteln über seinen älteren Sohn, der nicht seinen Vorstellungen zu entsprechen schien.
    Lilith hatte keine Ahnung, warum dies so war. Doch sie spürte augenblicklich Mitleid für Nikolai – angesichts Vadims halbherzig versteckter Ablehnung diesem familiären Geheimnis gegenüber, das viel zu offensichtlich war, um eines zu sein.
    »Ist gut, Vater«, murmelte Nikolai und trat zurück.
    »Lilith, lass uns einen Kreis bilden, um unsere Kräfte zusammenzuschließen und zu verstärken!«, schlug Rebekka tatkräftig vor und ergriff über das Bett hinweg Liliths Hand. Ihre andere legte sie auf Vadims Stirn, während Lilith ihre über Vadims Herz bettete.
    »Es wird nicht wehtun«, raunte Lilith ihm zu. »Versuchen Sie ruhig zu bleiben und geben Sie uns ein wenig Zeit.«
    Vadim nickte, atmete tief durch und schloss die Augen. Lilith versuchte, sich auf ihr inneres Zentrum zu konzentrieren, doch es war schwieriger als gewöhnlich. Bisher hatte sie nur ein Mal während einer Unterrichtsstunde die Lebensenergie eines Wesens geprüft. Imogen hatte ihr damals erklärt, dass jede Banshee die Lebensenergie auf andere Art und Weise wahrnahm, und so hatte Lilith lange suchen müssen, bis sie endlich in Imogens Geist eindringen konnte und das Bild einer Eiche im Spätsommer vor ihrem inneren Auge erschien. Die Blätter waren noch grün, doch zeigten sich schon

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