Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)
Methode anwenden. Was hast du denn gehofft, noch zu finden?«
»Aber da war doch …« Lilith stockte und biss sich auf die Unterlippe. Offensichtlich hatte Rebekka nichts Ungewöhnliches bemerkt und plötzlich kamen ihr Zweifel. Was konnte sie ihr schon antworten? Dass sie in Vadims Bewusstsein ein unbestimmtes Etwas gestreift hatte, von dem sie keine Ahnung hatte, was es gewesen sein könnte? Wenn sie Vadim noch mehr Grund geben wollte, ihre Fähigkeiten infrage zu stellen, wäre dies wahrscheinlich der beste Weg.
»Was ist nun?«, fragte er heißer. »Wie steht es um meine Lebenskraft?«
Wieder war es Rebekka, die den Mut aufbrachte, ihm die Wahrheit zu sagen: »Sie ist kaum noch vorhanden. In diesem Punkt liegen Sie mit Ihrer Befürchtung leider richtig.«
»Das heißt, er wird …« Andrés Stimme brach ab, ehe er den Satz zu Ende brachte.
Rebekka nickte. »Ihm bleiben höchstens noch ein paar Tage.«
Am nächsten Mittag machte sich Lilith auf den Weg zu Nikolais Laboratorium, das in einem entlegenen Winkel des Palastes lag. Igor schlurfte in langsamem Tempo voran, doch Lilith hatte es nicht eilig, zu der Besprechung wegen des Zusammenschlusses der beiden Amulette zu kommen. Ihre Stimmung war seit ihrem Besuch bei Vadim auf dem Tiefpunkt, selbst Rebekka hatte sich seither in ihrem Zimmer verkrochen und nichts mehr von sich hören lassen. Lilith musste zugeben, dass Rebekka ihre Aufgabe bei Vadim großartig gemeistert hatte, wohingegen sie mit ihrer eigenen Leistung nur bedingt zufrieden war. Es kostete Lilith große Überwindung, schlechte und schmerzhafte Nachrichten zu überbringen, vor allen Dingen, wenn ihr diejenigen ans Herz gewachsen waren. In solchen Momenten wünschte sie sich, sie wäre eine Glücksfee anstatt einer Banshee, denn es lag in der Natur der Dinge, dass sich kaum jemand darüber freute, wenn eine Todesfee den baldigen Tod prophezeite. Im Grunde, dachte sie bitter, war eine Banshee nichts anderes als die schlimmste Ausgabe einer Unken-Hexe.
Matt hatte versucht, sie etwas aufzumuntern, und dazu überredet, mit ihm gemeinsam Chavaleen zu erkunden. Sie hatten den Tag damit verbracht, die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu besichtigen, wie eine alte Begräbnisstätte mit Hunderten in Stein gehauener Nischen, auf die die Vampire bei ihren Grabungen gestoßen waren und die von einem längst vergessenen Volk stammten. Besonders angetan war Lilith von einem Kristallgarten, in dem nicht nur die schönsten kunstvoll geschliffenen Edelsteine der Vampire präsentiert wurden, sondern auch dank starker UV-Strahler richtige Bäume und Blumen wuchsen. Matt dagegen faszinierten die Summsteine: Es waren etwa zwei Meter hohe Steine mit Löchern, in die man seinen Kopf stecken und summen sollte. Das war leichter gesagt als getan, denn man musste in genau der Tonhöhe summen, die dem persönlichen Tremor entsprach und die jedem Wesen allein eigen war. Hatte man nach vielen Versuchen endlich seinen Ton gefunden, dann lief eine solch starke Vibration durch den Körper, dass man das Kribbeln in Rücken und Bauch bis hin zu den Fußsohlen spüren konnte. Die starke Resonanz führte dazu, dass man den Ton auch außerhalb des Summsteins hören konnte, und es gab sogar Veranstaltungen, wo Vampire mit unterschiedlichem Tremor Musikstücke aufführten.
Nachdem Lilith und Matt auf dem Hadesboulevard die zahlreichen Geschäfte und Restaurants in Augenschein genommen hatten, waren sie in eine etwas zwielichtige Gegend geraten, wo ein ungepflegter Vampir mit gierigen Augen Matt dazu überreden wollte, mit ihm Blut-Poker zu spielen, und die beiden beeilten sich, schnell von dort zu verschwinden. Von diesem kleinen Zwischenfall abgesehen, waren Matt und Lilith von Chavaleen wie verzaubert. Man schien vom Fortschreiten der Zeit abgetrennt zu sein und trotz der Gefahr durch die Vanator strahlten die Bewohner eine bemerkenswerte Seelenruhe aus. Selbst ihre Gangart und die Gesten wirkten sanft und bedächtig, oft traf man in den Tunneln und Straßen Grüppchen an, die lachend miteinander plauderten, die Einkaufstaschen auf dem Boden abgestellt und die Kinder fröhlich um sie herumspringend.
»Nun passieren wir den Kerkerbereich, Mylady«, verkündete Igor stolz. »Bei der Einrichtung haben wir uns übrigens von dem berühmten Kerker in Nightfallcastle inspirieren lassen. Hier bei uns können bis zu fünfzig Gefangene gleichzeitig in Einzelzellen gehalten werden, wobei jede Zelle mit hochmodernen Foltergeräten
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