Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)
»ich habe wirklich alles versucht.«
Da seine Seele noch eine Verbindung zu dieser Welt besaß, konnte er sie vielleicht sogar hören. Lilith stutzte und zog irritiert die Augenbrauen zusammen. Unter Vadims Hemd, dort, wo gerade noch ihre Hand gelegen hatte, zeichnete sich nun ein zartes Leuchten ab. Eilig schob sie den Stoff beiseite und entdeckte ein Zeichen auf Vadims Haut, das genauso silbern leuchtete wie der Faden in der Leere von Vadims Bewusstsein. Sie beugte sich vor, um es sich genauer anzusehen: In der Mitte befand sich ein Halbmond und darum gruppierten sich ein Messer, eine Art Puppe, die Zahl Fünf und ein Baum, der Lilith an Afrika erinnerte. Ohne weiter darüber nachzudenken, hob sie fasziniert die Hand und fuhr mit den Fingern darüber. Als sie die Zeichen jedoch berührte, ging von ihnen eine Art Blitzschlag aus und gleißende Hitze fuhr ihren Arm hinauf. Mit einem Schmerzensschrei schoss Lilith in die Höhe und entfernte sich so hastig vom Bett, dass sie über den Stuhl strauchelte.
»Verdammt, tut das weh!« Obwohl keine Verbrennung und auch keine anderweitige Verletzung zu sehen war, fühlte sich ihr rechter Arm an, als würde er in Flammen stehen. Sie klemmte sich die Hand zwischen ihre Knie, um den Schmerz zu unterdrücken, und hüpfte jammernd auf der Stelle.
»Lilith? Was ist denn mit dir los?«
Ohne dass sie ihn hatte kommen hören, stand Nikolai hinter ihr und starrte mit geöffnetem Mund zuerst auf Vadims Leichnam und dann auf sie.
»Entschuldige bitte«, presste sie mühsam hervor. »Ich will bestimmt nicht respektlos erscheinen, aber es tut so verflixt weh.« Erleichtert stellte sie fest, dass die Hitze nachließ und einem etwas schwächeren Pulsieren wich.
»Lass mal sehen!«
Nikolai untersuchte mit der akribischen Genauigkeit eines Wissenschaftlers ihre Hand. »Ich kann nichts erkennen, deine Haut ist völlig unverletzt.«
»Ich weiß!«, sagte sie und ließ sich frustriert auf den Stuhl sinken. Sie ballte ihre Hand zur Faust und streckte ihre Finger, was etwas zu helfen schien. »Ich habe dieses seltsame Zeichen berührt und dabei so etwas wie einen elektrischen Schlag abbekommen.«
Interessiert horchte er auf. »Ein seltsames Zeichen? Wo?«
Sie deutete von Weitem auf Vadims Oberkörper, da sie keinen gesteigerten Wert darauf legte, ihm noch einmal näher zu kommen. »Da, auf seiner Brust, es leuchtet silbern. Du kannst es nicht übersehen.«
Nikolai beugte sich über die besagte Stelle und untersuchte sie schweigend, während Lilith gespannt auf sein Urteil wartete. Bestimmt würde er ihr gleich genauestens erklären können, was es mit diesem ominösen Zeichen auf sich hatte. Ein warmer Hauch strich über ihre Wangen, was seltsam war, da Nikolai die Tür hinter sich geschlossen hatte und auch keines der Fenster geöffnet war.
»Da ist nichts«, stellte er schließlich nüchtern fest. »Keine Spur von etwas Ungewöhnlichem oder Unnormalem.«
»Nicht?« Lilith stolperte zum Bett und starrte fassungslos auf Vadims blassen Oberkörper. »Es ist weg! Einfach weg.«
Ihre Knie wurden weich und Nikolai ergriff ihren Arm, um ihr Halt zu geben. »Was hast du denn gesehen?«
Sie beschrieb ihm detailgenau die Einzelheiten, auch um ihm und sich zu beweisen, dass sie sich nicht alles nur eingebildet hatte.
»Das ist in der Tat merkwürdig«, meinte er nachdenklich.
Lilith ließ sich zurück auf den Stuhl sinken und vergrub den Kopf in ihren Händen. »Ich glaube, ich werde so langsam verrückt. Zuerst bilde ich mir ein, draußen auf der Balustrade eine Malecorax zu sehen und dann dieses Zeichen.«
Ihr kam ein schrecklicher Gedanke. Vielleicht hatte sie sich bei Vadim angesteckt? Hatte die Krankheit bei ihm nicht auch mit Halluzinationen begonnen? Was sie vor ein paar Tagen beim ersten Besuch in Vadims Bewusstsein gestreift hatte, war vielleicht eine Art mentaler Virus gewesen …
»Du hast eine Malecorax gesehen?«, hakte Nikolai nach.
»Ich habe wirklich geglaubt, dass es Belial ist und er hier in Chavaleen etwas ausheckt, aber mittlerweile …« Unsicher hob sie die Schultern. »Bevor ich jemandem die Malecorax zeigen konnte, war sie verschwunden, dabei habe ich nur eine Sekunde nicht hingeschaut.«
Nikolai nahm ihre Beobachtung gefasster auf, als sie erwartet hatte, aber wahrscheinlich hielt er sie mittlerweile sowieso nicht mehr für zurechnungsfähig.
»Nun, wenn es wirklich der Erzdämon gewesen ist, kannst du nicht erwarten, dass er dir zum Abschied eine Nachricht
Weitere Kostenlose Bücher