Liliths Hexentanz
lag zwischen Canterbury im Norden und Dover im Süden, in einer leicht hügeligen Gegend. Der nächste Ort war Eastry. Die Straße mit der Nummer 256 führte hindurch.
»Mehr haben Sie nicht herausgefunden?« fragte Suko.
»Moment mal. Reicht das denn nicht?«
»Doch, es ist okay.«
»Wie gesagt, wir wissen nicht, ob sich mittlerweile in der Burg jemand einquartiert hat. Ich glaube es aber nicht. Die ehemaligen Besitzer haben sie dem Staat geschenkt, und da ist eben das Geld für eine Renovierung knapp.«
»Vielen Dank zunächst.«
»Geht schon in Ordnung.«
»Hast du alles mitbekommen?« fragte Suko die wartende Glenda, die über sich selbst den Kopf schüttelte, wie sie erklärte.
»Warum tust du das denn?« Suko verstand sie nicht.
»Wie hast du noch gesagt? So lange liegt meine Schulzeit nicht zurück. Es scheint mir aber doch so zu sein, sonst hätte ich den Ort behalten, wo das Gemäuer steht.«
»Jeder hat mal einen Blackout«, erklärte Suko grinsend.
»Oh, herzlichen Dank für den Mut, den du mir gemacht hast. Finde ich wirklich toll.«
»Gehst du noch immer einkaufen?«
»Ja, und wenn du was haben willst, mußt du in die Kantine. Oder soll ich dir ›Los pommos‹ mitbringen?«
»Hä? Was ist das denn?«
»Die große Hamburger-Kette hat mexikanische Wochen.«
»Danke, ich verzichte auf Mexiko, ist mir zu scharf.«
»Frag mal Shao, was sie dazu sagt.« Mit diesen Worten verschwand Glenda aus dem Büro.
Zurück blieb ein nachdenklicher Suko. Er dachte an die Hexen, an den Teufel, und wenn er die Augen schloß, drang aus irgendeiner Tiefe das Bild eines schönen, aber kalten Frauengesichts hervor, das über allem schwebte – Lilith!
Suko war davon überzeugt, daß sie die Fäden im Hintergrund zog, aber auch Asmodis hatte sich etwas einfallen lassen. Das waren die beiden Backsteine. Suko kam sich dabei vor wie ein Getreidekorn. Er hoffte jedoch, nicht von den Steinen zerrieben zu werden. Innerlich stellte er sich darauf ein, zumindest Teile der Nacht im Freien zu verbringen, wenn Lilith zum Hexentanz aufspielte…
***
Mit den Kollegen war ich zurechtgekommen. Auch wenn sie ihren Job immer so gut wie möglich taten, so abgebrüht, daß sie der Anblick der Toten auf dem Boot nichts hätte anhaben können, waren sie auch nicht.
Mit bleichen oder grünen Gesichtern hatten sie den Platz des Grauens verlassen und waren kaum in der Lage, Fragen zu stellen, so nahm ich dann meine Antworten vorweg.
»Sie haben den Fall am Hals?« fragte mich der Chef der Spurensicherung. Er zog seine dünnen Handschuhe aus und strich über die rötlichen Haare.
»Ja.«
»Und es war kein normaler Killer?«
»Davon können wir ausgehen.«
Er zog mich zur Seite, weil wir die beiden Männer mit den Wannen vorbeilassen wollten. »Sagen Sie mal ehrlich, John, wer tut so etwas?«
»Jedenfalls kein Mensch.«
Der Kollege akzeptierte die Antwort mit einem Nicken. Er wußte, daß es nicht viel Sinn hatte, wenn er nachhakte. Bei gewissen Fällen war ich einfach gezwungen, den Mund zu halten. Deshalb sagte er: »Wir werden die Sache schon schaukeln.«
»Meinen Sie.«
Er lachte mich ziemlich freudlos an. »Ja, mittlerweile hat es sich herumgesprochen, daß gewisse Dinge bei Ihnen und auch bei Suko in den besten Händen sind.«
»Wie tröstlich.«
»Für uns ja.«
Mich überkam der Wunsch, eine Zigarette zu rauchen. Mein Nebenmann rauchte nicht, aber einer seiner Leute klaubte eine französische aus der Packung. Sie war zerknautscht. Ich mußte sie erst glätten, Feuer hatte ich selbst, und nach dem ersten Zug hustete ich.
»Nichtraucher?«
»Fast.«
»Lassen Sie es ganz sein.«
»Ist auch besser«, erwiderte ich, trat den Glimmstengel aus und verabschiedete mich mit dem Versprechen, einen Bericht zuzuschicken.
Ich ging zurück zu Janes Golf, wo die Detektivin auf mich warten wollte.
Sie brauchte etwas Ruhe, die letzten beiden Stunden waren verdammt hart gewesen. Auch eine Frau wie Jane konnte sie nicht so einfach verkraften.
Gil Dawson wußte ebenfalls Bescheid, was geschehen war. Er trat mir noch einmal in den Weg, stellte aber keine Fragen mehr, sondern reichte mir die Hand und flüsterte: »Stellen Sie die Bestie, Mr. Sinclair, und machen Sie sie fertig!«
»Ich werde es versuchen.«
Er unternahm noch einen schüchternen Versuch, mir seine Hilfe anzubieten, aber ich lehnte freundlich ab.
»Es ist zwar toll von Ihnen, Mr. Dawson, aber mit diesem Fall muß ich allein zurechtkommen, und ich denke, daß
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