Liliths Hexentanz
bin, dann muß ich mich davon befreien. Ich will nicht mehr das erleben, was ich schon früher durchlitten habe. Ich will keine Hexe sein.«
»Das bist du auch nicht, Jane!«
Die Detektivin schüttelte den Kopf. »Es war so einfach für sie, John, so verdammt einfach. Lilith konnte mit mir Kontakt aufnehmen, und es gab nichts, was sie daran gehindert hätte. Keine Barriere, keine Schranke, einfach gar nichts. Das erschreckt mich so. Es ging einfach normal weiter. Wenn du daran denkst, dann mußt du auch einsehen, wie groß ihre Macht noch immer ist. Auch über mich.«
»Sie wird es niemals ganz schaffen, dich zu besitzen. Davon bin ich überzeugt.«
»Das sagst du nur.«
»Nein, Jane, ich meine es ernst. Wenn dem so wäre, hätte sie es schon längst getan.«
Jane hob die Schultern, als sie flüsterte: »Vielleicht hat sie bewußt so lange gewartet. Ja, sie brauchte einen günstigen Augenblick. So sehe ich es. Und der ist dann gekommen, wenn wir Lyndon Castle erreicht haben. Das andere kann auch nur ein Vorspiel sein. In Wirklichkeit geht es ihr um etwas ganz anderes.«
»Um was denn?«
»Um mich, John! Es geht Lilith einzig und allein um mich!«
Ich legte ihr eine Hand auf den Arm. »Ich will dir nichts, Jane, aber kann es nicht sein, daß du dich überschätzt? Warum soll es ihr ausgerechnet um dich gehen?«
»Indirekt, John.«
»Das verstehe ich nicht.«
Sie überlegte kurz. Ihre Hände bewegten sich unruhig auf den Oberschenkeln. »Ich kann es auch anders ausdrücken. Über mich kann sie an dich herankommen. Du darfst nie vergessen, daß Lilith und wir nicht eben Freunde sind.«
»Das stimmt in der Tat.«
»Dann findest du meine Überlegungen sicherlich nicht so absurd und ausgefallen?«
»Doch, ich bleibe dabei. Schließlich hat sie uns um Hilfe gebeten. Kannst du mir erklären, wie das in deine Rechnung hineinpaßt? Irgend etwas stimmt da nicht.«
»Sie hat eben darauf vertraut, daß wir ihr zur Seite stehen, weil es eben um die Mächte der Finsternis geht, und sie weiß, daß wir keine Rücksicht kennen. Wenn wir gegen Asmodis und seine Mörder antreten, werden wir möglicherweise geschwächt. Dann ist ihre Zeit gekommen, dann kann sie zuschlagen, und ich bin weiterhin davon überzeugt, daß es ihr nicht paßt, wie ich mich verhalte. Sie sieht mich nach wie vor als eine der Ihren an.«
Meine Stirn furchte sich. »Meinst du, daß sie dich in den erlauchten Kreis ihrer Dienerinnen zurückholen will?«
»Bingo, John!« Jane schlug auf das Armaturenbrett. »Ich gehe davon aus, daß es ihr Endziel ist.«
Ich amüsierte mich durch ein leichtes Lachen über diese Antwort.
»Das hätte sie auch leichter haben können, finde ich, viel leichter.«
»Ja, im Prinzip schon. Aber wer von uns kann sich schon in die Denkweise dieser Personen hineinversetzen? Sie geht einen Umweg, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.«
»Drei«, sagte ich.
»Wieso?«
»Du hast mich vergessen.«
Jane wartete einen Moment, dann mußte sie einfach lachen.
»Überschätzt du dich da nicht, John?«
»Kann sein.« Ich faßte nach dem Zündschlüssel. »Wir müssen los, die Fahrt ist lang, und wir wollen Lilith und Smasch doch nicht warten lassen – oder?«
»Nein«, murmelte Jane, »das wollen wir nicht…«
***
Suko hatte Shao über sein neues Reiseziel Bescheid gegeben und nicht eben einen Jubelsturm erlebt, aber Job war Job, das wußte sie auch, und sie konnten sich die Gegner nicht aussuchen. So hatte er sich in seinen BMW gesetzt und war in Richtung Südosten gefahren, über die M20, die Touristenroute, die in Richtung Dover und damit auch zu den Fähren führte.
Die Straße war relativ leer, kein Stau, und er kam zügig voran. Bei Ashford verließ Suko die M20 und fuhr quer durch das hügelige Land auf Canterbury zu. Die Stadt ließ er links liegen, nahm die Verbindungsstraße nach Dover, erreichte den Ort aber nicht, sondern bog nach Norden ab in Richtung Eastry.
Er hatte zwischendurch zweimal im Büro angerufen und erfahren, daß sich John noch nicht gemeldet hatte, so ging er davon aus, daß er und Jane ebenfalls unterwegs waren.
Suko wußte nicht, was ihn erwartete. Er kannte nichts von Lyndon Castle, er hatte den Namen noch nie zuvor gehört, und er wußte auch nicht, ob diese Burg noch bewohnt war. Wenn ja, dann stand sie bestimmt unter der Kontrolle irgendwelcher Hexen, die Liliths Befehle gehorchten.
Angst verspürte Suko nicht. Erstens war er gut bewaffnet, und zweitens war es nicht das
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