Liliths Hexentanz
Karten neu gemischt worden.
Der Anblick der Toten war schlimm. Ich wollte ihn anderen ersparen und nahm deshalb eine Tischdecke, die ich über die leblose Gestalt ausbreitete.
Ich hörte Stimmen aus einem hinteren Raum. Jane sprach im Moment nicht, nur die beiden Frauen, und ihre Worte wurden immer wieder von heftigen Atemzügen und auch Schluchzen unterbrochen. Wenn sie die ganze Zeit über Zeuge dieses schrecklichen Geschehens gewesen waren, mußte der Schock tief in ihnen stecken, das war mir schon klar.
Ich hatte draußen die Schreie gehört, andere nicht. Zumindest kamen keine Neugierigen, was ich als positiv ansah. Der Schlüssel steckte von innen in der Eingangstür. Ich ging hin und schloß sie ab.
Dann besuchte ich die drei Frauen.
Sie saßen an einem Tisch. Zumindest zwei von ihnen. Mutter und Tochter hockten dicht beisammen, die jüngere hatte ihren Kopf gegen die Schulter der älteren gelegt, die aus rotgefärbten Augen ins Leere starrte. Jane war ebenfalls noch leichenblaß und zitterte leicht. Sie stand nahe einer Spüle und kippte Whisky in drei Gläser.
»Du auch, John?«
Ich schüttelte den Kopf.
Jane brachte die Gläser zum Tisch. »Wir müssen auch noch reden«, sagte sie, als sie die Gläser abstellte. »Ich habe zum Glück einiges von Edna erfahren können.«
»Hieß die Tote so?«
»Ja.«
»Und du kanntest sie?«
»Nein, aber sie kannte mich.« Jane schaute zu, wie die Frauen die Gläser anhoben und die ersten Schlucke tranken. »Ja, sie kannte mich«, wiederholte die Detektivin. »Das war schon komisch. Sie hat wohl auf mich gewartet oder uns beobachtet, und ich gehe auch davon aus, daß sie die Anruferin und Warnerin gewesen ist.« Ihr Kopf bewegte sich, so daß sie mich jetzt anschauen konnte. »Hast du das Monstrum gesehen, John? Hast du es dir anschauen können?«
»Es blieb genügend Zeit.«
»Dann wissen wir beide jetzt, wer für den Tod der vier Hexen verantwortlich ist.«
»Der Killer unseres Freundes Asmodis.«
»Er heißt Smasch.«
»Oh!«
»Und er wird weitermachen«, erklärte Jane nach einem tiefen Atemzug.
Dann fragte sie: »Weißt du eigentlich, daß heute nacht Halloween ist?«
»Ich hätte es fast vergessen.«
»John, ich hoffe doch, daß wir diese Nacht zusammen feiern werden. Wenn ich Edna richtig verstanden habe, ist sie entscheidend.«
»Für wen, brauche ich wohl nicht zu fragen.«
»Es kommt darauf an. Ich schätze, daß der Teufel in der Halloween-Nacht reinen Tisch machen will. Er wird sich seine abtrünnigen Hexen zurückholen – oder sie töten. Die Hexen wollen feiern, sie müssen feiern, es ist wohl ein innerer Drang, und das kommt der Gegenseite natürlich entgegen.«
»Gut, Jane. Du weißt auch schon, wo das sein wird?« Ich hatte einfach nur dahingefragt und wunderte mich, daß ich eine konkrete Antwort von ihr bekam.
»Das ist mir bekannt. Auf einer Burg, in der Nähe einer Burg, wo sie für sich sind.«
»Kennst du auch den Namen?«
Jane tupfte mit einem Taschentuch über ihre Stirn und die Augen. »Du wirst lachen, John, den kenne ich auch. Lyndon Castle, wie mir Edna berichtete. Hast du schon davon gehört?«
»Nein, aber es wird kein Problem sein, es herauszufinden.«
»Das dachte ich mir.«
Ich schwieg eine Weile, schaute den beiden anderen Frauen zu, die ihren Whisky tranken und in deren Gesichtern etwas Farbe zurückkehrte.
»Das ist mir alles zu einfach«, sagte ich dann. »Da feiern die Hexen. Und plötzlich erscheint dieses Monster zwischen ihnen und bringt alle um. Soll das wirklich so ablaufen?«
»Edna hat nichts anderes gesagt.«
»Das will mir nicht in den Kopf. Es muß da noch etwas anderes geben. So leicht geben auch die Hexen nicht auf.«
»Sie haben Unterstützung, John. Lilith wird bei ihnen sein. Das habe ich ebenfalls erfahren.«
Meine Augenbrauen schnellten hoch. »Lilith!« flüsterte ich. Es erstaunte mich doch, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Lilith als Schutz der Hexen. Etwas Besseres hätten sie sich nicht als Schutz aussuchen können, denn sie, die erste Hure des Himmels, hatte durchaus die Macht, ihre Dienerinnen zu behüten.
So weit, so gut oder so schlecht, denn ich fragte mich natürlich, wie der Teufel reagieren würde. Verließ er sich voll und ganz auf seinen Killer?
Jane ahnte, welche Gedanken durch meinen Kopf trieben. Sie sagte:
»Es wird Liliths Hexentanz werden, das glaube ich voll und ganz.«
»Ja, keine Widerrede«, sagte ich. »Ist auch nicht tragisch, wenn wir es als
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