Liliths Hexentanz
ich es auch schaffe.«
Er schaute mich an. »Ich bin ein gläubiger Mensch, Mr. Sinclair. Darf ich für Sie beten?«
»Es wäre nicht verkehrt.«
»Danke.«
Damit war unser Gespräch beendet. Ich schaute auf die Uhr und dachte daran, daß es Suko sicherlich gelungen war, den Standort von Lyndon Castle herauszufinden. Ich würde von Janes Autotelefon aus mit ihm sprechen.
Die Detektivin saß auf dem Beifahrersitz. Ich konnte ihren Umriß durch das Glas der Scheiben sehen. Sie bewegte sich nicht und wirkte wie jemand, der tief in Gedanken versunken war. Auch als ich mich neben sie setzte, reagierte Jane nicht.
Ich schloß die Tür und schnallte mich noch nicht an. Meine linke Hand legte ich auf das Telefon. »Suko wird mittlerweile erfahren haben, wohin wir müssen«, sagte ich und wartete eigentlich auf eine Antwort der Detektivin.
Sie schwieg.
Ich schaute sie an, weil mich das Schweigen schon irritierte. Jane gehörte eigentlich zu den gesprächigen Menschen, gerade wenn wir an einem Fall arbeiteten. Auf der anderen Seite war es auch etwas viel, was sie gesehen und durchgemacht hatte.
Ich schrak etwas zusammen, als ihre Finger meinen Handrücken berührten. Ihre Haut fühlte sich kalt an. Ohne mich selbst anzuschauen, sagte sie mit leiser Stimme: »Ich weiß es.«
»Ja, ich auch.«
»Aber ich kenne den Ort.«
Ich stutzte, denn zum erstenmal war mir der Klang ihrer Stimme aufgefallen. Der hatte sich anders angehört, nicht so, wie ich es von einer Jane Collins erwartet hätte. Voller Emotionen, vielleicht auch mit Erleichterung. So wie sie hätte auch eine fremde Person zu mir sprechen können, mit der ich mich zum erstenmal unterhielt.
Möglicherweise hatte ich mich auch geirrt und fragte noch einmal nach.
Ich erhielt dieselbe Antwort.
Diesmal hatte ich mich auf ihre Stimme konzentriert und festgestellt, daß sie erstens nicht zu Jane paßte und ihr zweitens nicht gehörte. Innerlich fror ich. Mein Blick konzentrierte sich noch stärker auf ihr Gesicht, in dem sich nichts rührte, und ich sagte mit ebenfalls leiser Stimme: »Jane, was ist los?«
»Ich weiß es!«
»Du?«
»Ja, ich.«
»Wer bist du?«
Sie schaute nach vorn. »Ich werde dir jetzt sagen, wohin du fahren mußt.«
Das konnte ich mir sehr gut vorstellen, aber so hatten wir nicht gewettet.
Zunächst mußte ich herausfinden, welcher Teufel Jane geritten hatte, daß sie zwar als Jane Collins neben mir saß, ich aber den Eindruck bekam, eine Fremde zu sehen. Innerlich war sie zu einer anderen Person geworden. Natürlich drangen gewisse Verdachtsmomente in mir hoch, von denen ich hoffte, daß sie nicht bestätigt wurden.
Da sie den Kopf nicht drehte, ich sie aber frontal anschauen wollte, rückte ich ihr den Kopf zurecht.
Die Augen waren dieselben geblieben. Nur gefiel mir der Ausdruck darin nicht. Er war leer. Er war starr. Es war auch nicht die Jane Collins, die mich anblickte, sondern eine Person, die unter einem anderen Einfluß stand.
»Was ist los mit dir, Jane?«
»Nichts.«
»Du bist nicht mehr dieselbe, verdammt! Was ist vorgefallen, seitdem ich dich hier allein zurückließ?«
»Ich weiß Bescheid.«
»Wer hat dir etwas getan? Mit wem hast du Kontakt gehabt? Woher weißt du plötzlich Bescheid? Verdammt!«
»Ich weiß es eben.«
»Von allein?«
»Fahr endlich! Wir müssen los. Es ist bestimmt eine Stunde Fahrzeit, dann sind wir da.«
»In Lyndon Castle?« Sie nickte.
»Und du kennst den Weg?«
Jane nickte wieder, als wollte sie nicht sprechen, um ihre Stimme zu schonen.
»Wer hat ihn dir beschrieben, Jane? Rede bitte. Los, rede!«
Sie hob die Schultern.
»War es Lilith?« Diese Frage hatte ich bewußt gestellt, und ich erntete auch einen Erfolg. Kaum war der Name gefallen, als es in ihren Augen aufleuchtete, als hätte ich ihr etwas Wunderbares mitgeteilt. Die Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, und das leise Stöhnen aus ihrem Mund klang beruhigend.
»Also sie?«
»Ja, sie. Lilith hat mich daran erinnert, wer ich bin. Sie ist erschienen und hat mit mir gesprochen. Ich weiß jetzt, daß wir Smasch stoppen müssen. Er ist ein grausamer, dämonischer Killer. Er kennt keine Rücksicht. Er will die Macht…«
»Nicht der Teufel?«
»Er steht hinter ihm. Er hat ihn geschickt. Er kann es nicht verkraften, daß so viele Hexen die Seite gewechselt haben. Und er hat sich geschworen, all die zu vernichten, die es trotzdem taten. Mit den dreien auf dem Boot hat er angefangen, und für ihn ist es wirklich nur ein
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