Liliths Hexentanz
ließ sie flattern, und für Suko sah es so aus, als sollte die Person jeden Augenblick nach unten geweht werden.
Ob die Person ihn meinte oder aus einem anderen Grund lachte, das wußte er nicht. Vielleicht dachte sie an den Killer Smasch, der aber hatte sich bisher nicht gezeigt, und Suko vergaß ihn auch, weil das Lachen die anderen geweckt hatte.
Sie standen nicht auf der Mauer. Wegen der Lichtverhältnisse hatten sie auch Verstecke auf dem Innenhof finden können, und zwar dort, wo es bereits dunkel war.
Aus ihnen hatten sie sich jetzt gelöst und kamen auf die Mitte des Innenhofs zu.
Sie setzten Schritt vor Schritt. Keiner fiel aus der Reihe, so daß es Suko vorkam wie eine Inszenierung, die ein für ihn nicht sichtbarer Regisseur einstudiert hatte. In diesem Fall mußte es eine Regisseurin gewesen sein.
Sie gingen sternförmig aufeinander zu, aber einige von ihnen drehten sich so, daß sie schließlich zu Suko hochschauen konnten, der noch immer wie ein Denkmal auf seinem Platz stand und in den Burghof hinabschaute.
Gefahr braute sich dort nicht zusammen. Zumindest keine sichtbare für ihn, aber die Person, die gelacht hatte, lachte abermals auf, dann riß sie ihre Arme hoch, und einen Moment später glaubte Suko, sein Herzschlag würde aussetzen, denn die Person kippte nach vorne. Wie ein Stein fiel sie in die Tiefe, doch sie schlug nicht auf.
Kurz zuvor federte sie ihren Fall ab, wippte noch einige Male nach, streckte die Beine nach vorn und stand.
Jetzt wußte Suko, mit wem er es zu tun hatte. Sieben Hexen, die allesamt mit übermenschlichen Kräften ausgerüstet waren, und eine achte wartete sicherlich im Hintergrund.
Lilith, die Anführerin!
***
Hin und wieder hatte mir Jane schon besorgte Blicke zugeworfen, weil ich ihrer Meinung nach zu schnell fuhr, aber uns saß die Zeit im Nacken.
Ich wollte mein Ziel noch vor Anbruch der Dunkelheit erreichen.
»Das ist der Wagen gar nicht gewohnt – so getreten zu werden«, beschwerte sie sich.
»Es tut ihm aber sicherlich gut.«
»Und wer denkt dabei an mich?«
»Ich natürlich.«
Jane klammerte sich am Haltegriff fest, weil ich an einem LKW mit Anhänger vorbeihuschte. »Bist du sauer, wenn ich dir sage, daß ich das nicht so recht glauben kann?«
»Nein«, erwiderte ich grinsend.
»Dann ist es ja gut.«
Erst auf den letzten Meilen gab es eine Autobahn, und so mußten wir einen großen Bogen nach Westen schlagen, in Richtung London fahren, aber vor der Metropole bei Basildon abbiegen, wo wir endlich die Autobahn erreichten, die in die Südwestecke unserer Insel führte.
Das bekam Jane schon nicht mehr mit, sie war inzwischen eingeschlafen. So sehr konnte sie das schnelle Fahren dann doch nicht gestört haben.
Eine Tankpause legte ich auch ein. Jane erwachte durch den Stopp und rieb ihre Augen. Sie wollte wissen, ob wir schon da waren. Durch die geöffnete Scheibe hörte ich ihr Gähnen und schüttelte den Kopf. »Nein, leider nicht.«
»Wie lange noch?«
»Ich weiß es nicht.«
»Dann hole mir wenigstens was zu essen.«
»Mach ich.«
Ich kaufte zwei Salamis, zwei Dosen Wasser und auch zwei Tafeln Schokolade. Als Jane sie zu Gesicht bekam, schüttelte sie den Kopf und erkundigte sich, ob ich sie mästen wollte.
»Das nicht, aber du wolltest etwas essen.«
»Schokolade?«
»Ist ein Energieträger.«
»Wenn du das sagst.« Sie brach eine Tafel in zwei Hälften und reichte mir eine rüber. »Nein, nicht jetzt.«
»Wasser denn?«
»Könnte ich vertragen.«
Jane drückte den Verschluß ein. Ich nahm die Dose in die linke Hand, mit der rechten lenkte ich.
Das Land lag als hügelige Umgebung vor uns. Darüber spannte sich ein grauer gewordener Himmel, als hätte man ihn zu einem unendlichen Tuch auseinandergezerrt.
Jane nahm die Karte und schaute nach, wo wir uns ungefähr befanden.
Ich gab ihr noch den Tip mit Bredgar, so hieß der Ort, den ich auf dem Schild der Ausfahrt gesehen hatte, und Jane war zufrieden. »Dann haben wir es ja bald geschafft.«
»Meine ich auch.«
Sie wischte die Lippen ab und schaute auf das weiße Papiertuch, das braune Flecken bekommen hatte. »Schokolade«, sagte sie. »Ich bin auch manchmal verrückt.«
»Wer Hunger hat, sollte essen.«
»Aber nicht unbedingt die Dickmacher.« Sie rieb ihre Augen. »Am liebsten würde ich noch ein halbes Stündchen schlafen.«
»Keiner hindert dich daran.«
»Nein, nein, laß mal, es muß auch so gehen.« Sie machte es sich so bequem wie möglich. »Komisch ist nur,
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