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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Depp ein halbwegs scharfes Bild machen kann. Freilich, das Motiv muß man schon selbst auswählen. Wenigstens annähernd.
    »Und was nun?« fragte Stransky, während er sich die Feuerwaffe in die Rückseite seiner Hose klemmte, wo sie vom Jackett verdeckt wurde.
    »Ich muß Sie nach Hause bringen«, erklärte der Mann. »Das ist um Meilen schwieriger, als Sie zu töten. Und um Meilen weiter entfernt.«
    »Wo sind wir überhaupt?«
    Wieder schwieg der Blonde. Also stellte Stransky eine neue alte Frage. Die nach dem Namen seines Gegenübers.
    Der Killer, der die Seite gewechselt hatte, zögerte. Schließlich sagte er: »Joonas Vartalo.«
    »Vartalo«, wiederholte Stransky langsam. Er fand, daß dieser Name unangenehm nach Waterloo klang. Ein Name wie ein schlimmes Versprechen.
    »Ist das flämisch?« wollte er wissen.
    »Finnisch«, erklärte der große Blonde, dessen Augen unruhig die hohen Wände musterten.
    Stransky wunderte sich: »Ich hätte Sie für einen Holländer oder so gehalten.«
    »Tut mir leid«, sagte Vartalo.
    »Schon in Ordnung«, meinte Stransky, wobei er zu sagen vergaß, daß ihm ein Finne sehr viel lieber war als ein Holländer. Stransky dachte sich die Finnen … er dachte sie sich eine Spur menschlicher als andere Europäer. Wieso eigentlich? Weil sie vom Wetter gestraft waren?
    Er wußte es nicht. Und hatte auch keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Joonas Vartalo packte ihn am Arm und erklärte, daß es besser sei, von hier zu verschwinden. Gleichzeitig griff sich Vartalo mit der freien Hand unters Hemd und holte ein kleines Gerät hervor, einen Sender, wie er sagte. Ein Gerät, das den Leuten, für die er bis vor einer Minute noch gearbeitet hatte, seine genaue Position verriet. Leute, die nicht mehr seine Leute waren, wie sie bald begreifen würden.
    Vartalo drängte Stransky aus dem Gäßchen hinaus. An der belebten Straße angekommen, warf der Finne den kleinen Sender auf die offene Ladefläche eines vorbeifahrenden Lasters und sagte: »So, jetzt können wir los.«
    »Wohin?« fragte Stransky.
    »Zur Küste. Wir müssen einmal zusehen, daß wir aus diesem Land herauskommen. Es gibt bessere Orte, um in Deckung zu gehen.«
    »Wie wäre es, einfach ein Flugzeug zu nehmen?«
    »Sie halten das alles für einen Spaß, nicht wahr?«
    »Tja, ich bin mir nicht ganz sicher …«
    »Warten Sie ab. Es wird sicher noch lustig werden«, versprach Vartalo und führte Stransky auf einen Marktplatz, wo man ein Taxi bestieg. Einen alten Renault, an dessen Steuer ein junger Kerl saß, dessen dunkle Augen aussahen, als seien sie mit Schuhcreme poliert worden. In seiner rechten Backe steckte der obligatorische Qat-Knödel. Vom Rückspiegel hing ein Strauß von Glücksbringern. Man konnte sich vorstellen, daß die Fahrweise des jungen Mannes eine ganz auf göttliche Fügungen beschränkte sein würde.
    Zunächst aber waren die Formalitäten zu regeln. Der Taxifahrer schien mit irgend etwas nicht einverstanden zu sein. Vartalo legte einen weiteren Geldschein zu denen, die er bereits auf dem Armaturenbrett aufgefächert hatte. Der Fahrer aber wehrte sich. Woraufhin Vartalo den letzten Schein wieder zurücknahm und statt dessen ein kleines silbernes Objekt plazierte. Stransky, der im Fond saß, meinte die Gestalt eines Fisches zu erkennen, eines Quastenflossers. Als Spezialist für ausgestorbene Tiere, die gar nicht ausgestorben waren, empfand er Quastenflosser gewissermaßen als die Bannerträger einer Disziplin, die man »Paläontologie, Abteilung Wiederbeschaffung« nennen konnte.
    Der Taxifahrer griff sehr rasch nach dem Silberstück, dann auch nach den Geldscheinen, gab Töne des Ärgers von sich, startete jedoch den Wagen.
    »Was ist denn los mit dem Jungen?« fragte Stransky.
    »Ein Schauspieler«, erklärte Vartalo. »Dieses ganze Volk hier besteht aus Schauspielern. Lauter Tragöden und Komödianten.«
    Man fuhr los. Wie nicht anders erwartet, steuerte der junge Mann seinen Wagen so, als seien die Welt und die Straße und jedes Hindernis eine Computersimulation. Gleichzeitig mutete dieses Ignorieren des Wirklichen und Handfesten überaus routiniert an. Es gibt ja auch gute Computerspieler. Dazu drang aus dem Autoradio ein folkloristisches Etwas, das sich fremder anhörte als die Volksweisen von Mondbewohnern. Der junge Mann sang mit, wurde aber recht bald von Vartalo gestoppt, indem dieser einfach das Radio abdrehte und durch eine Geste bedeutete, daß er als zahlender Gast auch die Untermalung zu

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