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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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hatte. Stransky betete darum, diesen »blinden Alltag« zurückzubekommen, betete darum, einst vergessen zu dürfen, für kurze Zeit ein Stein gewesen zu sein.
    Frommer Wunsch.
    Die Stunden vergingen gleich einem Teig, der aufquillt. Jedenfalls brannte die Sonne in geraden und regelmäßigen Stichen herunter, als man an der Kante eines von Terrassenfeldern zerfressenen Berges eine kleine, verlassene Ortschaft erreichte, eine wehrhaft in den Felsen gefügte Ansammlung steinerner Turmhäuser. Die Straße führte auf einen runden Platz, der zugleich das Ende der Straße bildete. Rechts und links ragten die schmucklosen Gebäude in die Höhe, nach vorne hin jedoch eröffnete sich der Blick auf das darunterliegende Tal. Der Taxifahrer parkte seinen Wagen genau in der Mitte, als installiere er einen wasserlosen Springbrunnen.
    Die drei Männer entstiegen dem verbeulten Renault. Der Fahrer lehnte sich gegen die Motorhaube und zog ein Päckchen Qat aus seiner Tasche. Stransky und Vartalo taten die paar Schritte, die nötig waren, um hinunter auf das schmale Tal zu sehen, das in einem weißlichen Dunst lag.
    »Was tun wir hier?« fragte Stransky.
    »Wir machen eine Pause«, erklärte Vartalo und hielt Stransky eine Packung Zigaretten entgegen. Stransky schob den Kopf vor und las den Namen der Marke. Er lachte durch die Nase. Finlandia . Mein Gott, was für ein Name für eine Zigarettenmarke, noch dazu, wenn ein Finne sie in Händen hielt. Es gab Übereinstimmungen, die gingen auf keine Kuhhaut.
    »Ich rauche nicht, danke«, sagte Stransky und richtete seinen Kopf wieder auf. Natürlich rauchte er nicht. Leute wie er, die ein perfektes Leben führten, die immer Glück hatten, verbaten es sich, Gift in ihren Körper zu pumpen. Begnügten sich mit ein wenig Rotwein hin und wieder. Mit ein wenig Fett im Essen. Ansonsten regierte die Gesundheit.
    Aber was nützte einem die Gesundheit. Stransky ahnte, daß er auf dieser Reise mit dem Rauchen anfangen würde. Noch wehrte er sich, wie Leute, die eine Brausetablette einnehmen, wenn sich eine Grippe ankündigt. Aber man weiß ja, was von diesen Brausetabletten zu halten ist. Sie sprudeln. Stranskys Brausetablette in dieser Situation bestand darin, die angebotene Zigarette zu verweigern.
    Vartalo zuckte mit den Schultern und steckte sich eine Finlandia an. Er sog tief ein, hielt inne und blies den Qualm in Form eines geraden Strichs ebenso tief nach draußen. Es war wie eine Antwort auf die Strahlen der Sonne. Sodann griff er in die Innentasche seiner Lederjacke und zog eine Waffe hervor, die um einiges einfacher gestrickt war als Stranskys hochmoderne Dichterwaffe. Aber Vartalo war nun mal ein Profi und benutzte eine Pistole, bei der man noch selbst zielen mußte. Bei der man noch selbst das Bild schießen mußte.
    Okay, das war das Ende, dachte Stransky. Der Finne hatte ihn also bloß aus der Stadt gebracht, um ihn hier, an diesem menschenverlassenen Ort zu liquidieren.
    Stransky überlegte, die eigene Waffe zu ziehen. Aber das wäre lächerlich gewesen. Statt dessen sagte er: »Vielleicht möchte ich doch eine Zigarette.«
    »Später«, erklärte Vartalo.
    »Wann später?« fragte Stransky.
    Der Finne ersparte sich eine Antwort, wandte sich halb zur Seite, hob den bewaffneten Arm und feuerte auf die Mitte des Platzes. Die kleine Detonation, die aus dem Inneren der Pistole drang, hallte zwischen den Mauern wie ein Gewirr von Stimmen sich zankender Geschwister. Der junge Mann, der gegen sein Taxi lehnte, fiel nach hinten auf die Motorhaube, von der es ihn wegschleuderte. Er stürzte mit dem Gesicht voran auf den Platz und klatschte auf, ohne sich etwa mit den Händen aufgestützt zu haben. Seine Hände waren ohne Kontrolle. Alles an ihm war ohne Kontrolle. Er blieb liegen, rührte sich nicht. Vartalo steckte seine Waffe zurück und griff nach der Zigarette, die er zuvor auf der Brüstung abgelegt hatte. Wahrlich cool.
    »Was haben Sie getan, um Gottes willen?« rief Stransky.
    »Sehen Sie das nicht?«
    »Sie haben den Jungen erschossen.«
    »Das war kein Junge, sondern ein erwachsener Mann«, meinte Vartalo ruhig. Und erklärte, daß es sich bei dem Taxifahrer um ein Mitglied jener angeheuerten Truppe gehandelt habe, für die er, Vartalo, bis vor kurzem tätig gewesen sei. Dieser sogenannte Junge habe sich bereits in Sanaa gewundert, wieso man anstatt Stranskys Leiche Stranskys unbeschadeten Körper transportiere. Noch dazu Richtung Rotes Meer, wovon ja nie die Rede gewesen war.
    »Ihr

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