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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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schönste galt und vom Dichter Hesiod dem Hephaistos als Gattin angedichtet worden war, dies alles zu wissen, beeindruckte Ogmore weit mehr als Vartalos beinahe bewegungsloses Abservieren der beiden sandsackartigen Bluthunde.
    Um auch ja nichts auszulassen, fügte Stransky hinzu: »Aglaia – die Zierde, Euphrosyne – die Freude und Thalia – die Fülle.«
    »Ja«, sagte Ogmore und meinte, daß es ihm auch lieber sei, mit Thalia den Begriff der Fülle in Verbindung zu bringen als sie, wie manche das tun, als »die Blühende« zu bezeichnen. Sodann erklärte er, daß sein Schiff Thalia folgerichtig eine ziemlich mächtige Hochseeyacht sei. Ein fülliges Schiff eben. »Eher ein Schiff für Partys, wenn Sie verstehen. Klobig. Bauchig. Lange nicht so hübsch wie unsere Aglaia hier.«
    »Und Euphrosyne?«
    »Ein Katamaran. Ein Hypochonder von Katamaran. Ich weiß nicht wieso, aber das Boot muß ständig repariert werden.«
    Eingedenk dessen, daß Euphrosyne »die Freude« verkörpert, äußerte Stransky, natürlich den Katamaran meinend: »Eine Freude, die keine ist.«
    »Ganz richtig«, nickte Ogmore. Und: »Töchter des Himmels können mitunter schreckliche Zicken sein. Nicht aber Aglaia . Sie werden sehen.«
    »Wie meinen Sie das?« fragte Stransky.
    »Sie wollten doch nach Mauritius, dachte ich.«
    Eine von den zwei Blondinen fuhr dazwischen: »Aber Will, diese Leute …«
    »Diese Leute«, sagte Ogmore, »sind unsere Freunde, nicht wahr?«
    »Vollkommen richtig«, meldete sich Vartalo wieder zu Wort.
    Die schreckhafte Dame aber meinte: »Hör zu, Will, ich tue keinen Schritt auf das Boot, wenn du diese Männer …«
    »Komm, Goldkind, sei nicht hysterisch«, bat Ogmore und zwinkerte seinem Goldkind zu. Es war ein böses Zwinkern, das im Grunde bedeutete, daß das Goldkind auch gerne hier zurückbleiben durfte, in einem heruntergekommenen Dorf, wo weit und breit kein Intercontinental zu sehen war.
    Das Goldkind kapierte. Alle kapierten. Sie kapierten, daß für Ogmore – der mehr noch als ein Lord ein Bildungsbürger war – nichts anziehender wirkte als ein Mensch, der sich in der griechischen Götterwelt auskannte.
    Man ging also geschlossen an Bord, auch die beiden Muskelmänner, bei denen es sich tatsächlich um unverzichtbare Matrosen handelte. Aber es war durchaus genügend Platz auf diesem Schiff. Eine Fünfundzwanzigmeteryacht war etwas anderes als eine Fünfundzwanzigquadratmeterwohnung, versteht sich.
    Dank Motorantrieb fuhr man gemächlich hinaus aufs offene Meer. Zum Segeln fehlte ohnehin der Wind. Das Wasser war außergewöhnlich glatt. Als die Sonne hinter dem Horizont verschwand, spiegelte sie sich auf der Meeresfläche wie auf einer vereisten Betondecke. Ogmore und seine Gäste, alle Gäste, standen noch eine ganze Weile auf der glitzernden Außenhaut des zeppelinartigen Bootes und sahen über das Wasser. So hell der Himmel noch war, blitzten bereits erste Sterne auf. Es würde eine herrliche Nacht werden.
    Zunächst aber begab man sich ins Innere des Bootes. Ein Inneres, das an den beiden Enden über kleine Einheiten verfügte, Kojen, Funkraum, Küche, Toilette, leider ausgesprochen britisch gestaltet, viel Messing, viel dunkles, glattes Holz, teuer und geschmacklos, aber gemütlich. In der Mitte befand sich der weitgestreckte Hauptraum mit allen Finessen. Auch einem Bild von Matisse.
    »Ist der Matisse echt?« fragte Stransky.
    »Ja. Obwohl meine Versicherung anfänglich protestiert hat. Der Feuchtigkeit wegen. Und der Piraten wegen. Aber ich finde, ein Bild, gerade, wenn es wertvoll ist, muß man auch benutzen. Nicht wahr?«
    »Versicherungen sind Kleingeister«, urteilte Stransky.
    »O ja, wie recht Sie haben«, meinte Ogmore. »Ich hatte mal eine, eine Versicherung. Also ich meine, ich war ihr Besitzer. Aber sie hat mir, trotz der Gewinne, keine Freude bereitet. Man muß die Kundschaft notgedrungen betrügen. Sonst wär’s keine Versicherung. Eine häßliche Sache. Viel zu häßlich für einen einzelnen Mann. Darum habe ich verkauft.«
    »Und jetzt?«
    »Versuche ich die Zinsen auszugeben. Aber vor allem schreibe ich an einem Buch, einem Buch über die Daktylen, Kureten und Korybanten … Ich darf Ihnen hernach sicher eine Kostprobe … Es handelt sich um eine fundierte Arbeit. Ich bin Autodidakt, aber kein Laie.«
    Stransky hatte etwas Derartiges befürchtet. Kein Wunder, daß der Engländer so rasch klein beigegeben und ihn und Vartalo freiwillig auf sein Schiff gelassen hatte. Ein Buch

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