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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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das fand zumindest Stransky –, war der geräuschvolle Sex, der praktisch gleich um die Ecke stattfand. Denn so groß diese Segelyacht auch war, es war kein Passagierschiff mit unzähligen Kabinen, sondern eine im Grunde winzige mobile Insel mitten im Meer. Wenn also eine Frau in einer Weise stöhnte und schrie und keuchte, als wäre auch sie gerade dabei, mittels Verkrallung ihrer Finger einen Haufen Daktylen hervorzubringen – Typen wie Akmon, der Amboß, und Kelmis, das Messer –, dann war das überdeutlich zu hören.
    Stransky verabscheute Frauen, die stöhnten und brüllten, wenn sie Verkehr hatten. Frauen, die so taten, als würden sie gerade um den Verstand gebracht werden. Einen Verstand, den sie offensichtlich gar nicht besaßen. Grauenhaft! Stransky dachte sehnsüchtig an Viola, die ihre Orgasmen stets mit Haltung auslebte und sicher nie bereit gewesen wäre, wegen einer eingebildeten oder tatsächlichen Körperreaktion sich gleich danebenzubenehmen. Man konnte diese Momente kurzen Entrücktseins auch anders unterstreichen, als gegen eine unschuldige Zimmerwand zu trommeln und geistloserweise »Ja!« und »Nein!« zu schreien.
    Nun, die Tippi-Hedren-Dame konnte es leider nicht. Und auch Joonas Vartalo schien ungebremst in sie einzudringen und somit also dieses Geschrei erst zu rechtfertigen. Es ging ewig so dahin. Beziehungsweise schien es gar nicht mehr aufzuhören. Ein Perpetuum mobile zahnradartiger Leistung und Gegenleistung. Wie in einem Porno mit Zügen einer Komödie. Und wahrscheinlich ist genau das die sexuelle Wirklichkeit: die Steigerung pornographischer Darstellungen ins Lachhafte, ins Parodistische. Die meisten Menschen können davon ein Lied singen.
    Nicht aber Stransky, der sich mehr denn je nach Viola sehnte, nach seinem Zuhause, nach der Normalität seiner vier Wände.
    Und was sagte Ogmore dazu? Nun, er sagte, nachdem Stransky verärgert den Kopf angehoben hatte: »Lesen Sie weiter.«
    »Ich kann nicht«, erwiderte Stransky. »Das ist nicht mitanzuhören.«
    »Na gut, wechseln wir den Platz«, schlug Ogmore vor und führte seinen Gast in den am anderen Ende des Yachtkomplexes gelegenen Funkraum, tatsächlich ein perfekter Leseort, ein gemütliches Kabinett, in dem die zwei Männer es sich fernab der Geräuschbelästigung bequem machten. Stransky lesend, Ogmore den Leser beobachtend. Der Autor und sein Rezipient, Pilz und Baum. (Es ist bekannt, daß man die meisten Pilze nicht züchten kann. Man kann auch die meisten Leser nicht züchten. Man muß sie in eine Symbiose zwingen.)
    Es ist somit geradezu folgerichtig, daß die beiden Männer praktisch im selben Augenblick einschliefen und auf diese Weise ein sehr viel partnerschaftlicheres Niveau erreichten, als Joonas Vartalo und die Frau, die so getan hatte, als explodiere sie vor lauter Lust. Und welche nun ein wenig derangiert neben dem schnarchenden und hustenden Finnen lag und sich plötzlich sorgte, ob Ogmore ihren kleinen Ausrutscher auch als solchen aufnehmen würde.
    Nun, er würde. Diese Lehre hatte Ogmore nämlich aus der Göttergeschichte gezogen. Daß es besser war, sich nicht über jede Nichtigkeit aufzuregen und die Zeit arbeiten zu lassen.
    Natürlich muß auf einem Segelboot auch gesegelt werden. Was am nächsten Tag sodann geschah. Wobei sich zeigte, daß die zwei Matrosen und ihre vierköpfige Herrschaft in dieser Hinsicht als ein bestens eingespieltes Team auftraten. Alle sechs waren wie verwandelt, ernsthaft, flink, konzentriert, äußerst gelenkig, selbst die Muskelpakete noch. Dazu gab es den passenden Wind. Man flog, wie gesagt wird, über das Wasser. Allerdings flog man nicht nur, sondern landete auch immer wieder auf dem harten Untergrund der Wellen. Daneben ergab sich eine mitunter beträchtliche Schrägstellung, die natürlich von den über die Bootskante weit hinaushängenden Sportsfreunden in höchstem Maße genossen wurde. Vartalo und Stransky hingegen saßen auf einer Bank am Heck, rechts und links von der wehenden britischen Flagge und hielten sich fest so gut es ging. Beziehungsweise verkrallten sie sich, ohne daß aber Daktylen aus dem Schiffsboden gewachsen wären.
    »Die fahren wie die Schweine«, kommentierte Vartalo. Und: »Man könnte auch anders segeln.«
    »Man könnte auch anders ficken«, wollte Stransky gerne sagen, verkniff es sich aber.
    Wie auch immer. Ohne daß wirklich etwas passiert wäre – weder mußte man durch einen Sturm, noch bekam jemand einen Koller –, erreichte man Port

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