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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Louis.
    »Also, mein Freund«, wandte sich Ogmore an Stransky, als man gerade in den Hafen einfuhr, »was sagen Sie?«
    »So sehr ich das Innere der Insel mag …«
    »Wer redet von der Insel? Ich spreche von meinem Buch, den Daktylen.«
    »Natürlich … Nun, man könnte glauben, Sie würden ernst meinen, was Sie da schreiben.«
    »Na, das will ich doch wohl hoffen.«
    »Mylord«, witzelte Stransky, »Sie behaupten da in Ihrer Arbeit, daß Daktylen wirklich existiert haben. Und daß es eine Art Nachkommen gibt, die man heute noch bei den zentralafrikanischen Pygmäen antreffen kann. – Das ist eine vollkommen verrückte Theorie.«
    »Noch einmal«, mahnte Ogmore. »Wie finden Sie das Buch?«
    »Sie sollten es veröffentlichen lassen«, sagte Stransky.
    Das war nun kein eindeutiges Urteil. Aber im Grunde genau das, was Ogmore hören wollte.
    »Das werde ich tun«, sagte der Engländer, der ein Waliser war, und steuerte die Aglaia in das Gewimmel der im Hafen liegenden Yachten. Das war hier ganz eindeutig ein Parkplatz der besseren Sorte.
    »Als Kind«, erzählte Stransky, »dachte ich mir, daß Mauritius aus nichts anderem als einem Postamt besteht. Ein paar Palmen und ein Postamt. Dazu ein Postbeamter und eine einzige Briefmarke. Ich mochte diese Vorstellung. Diese Vorstellung von Einsamkeit und Reduktion. Und dem hohen finanziellen Wert, der daraus entstanden war.«
    »Na, dann viel Spaß mit der Wirklichkeit«, meinte Ogmore.
    »Erinnern Sie mich nicht«, bat Stransky.
    Er und Vartalo verabschiedeten sich und gingen von Bord. Niemand dankte, niemand machte einen Vorwurf. Es war, als hätte jeder bekommen, was ihm zustand.
    Wochen später würde die Aglaia in einem heftigen Unwetter kentern und die gesamte Besatzung auf immer in den Fluten verschwinden. Während eine Versicherungsgesellschaft sich dumm und dämlich stellen und so tun würde, als hätte sie noch nie den Namen Matisse gehört.
    Schon wieder die Fünf. Es war jetzt das dritte Mal hintereinander, daß die Roulettekugel auf der roten Fünf landete. Die Leute, die um den Tisch standen – Reisende, die auf einen Zug warteten und auf die Schnelle das Glück herausforderten, praktisch einen Quickie vollzogen –, schüttelten ihre Köpfe. Niemand hier spielte die Fünf auf Zahl. Und natürlich war ein jeder überzeugt, daß die Serie nun zu Ende war, zu Ende sein mußte. War sie das aber wirklich? Wie oft konnte eine Zahl hintereinander denn kommen? Wie oft, ohne daß man eine Manipulation annehmen mußte? Und eine Manipulation kam an diesem ausgesprochen öffentlichen Ort ja nicht in Frage, im Zentrum der Stadt, an einem der größten Bahnhöfe des Landes, also mitnichten in einer abseitigen Spielhöhle oder dergleichen.
    Auch der Restaurator schüttelte den Kopf. Aber nicht wegen einer sich wiederholenden Zahl, sondern auf Grund der Tatsache, daß selbst jene Mixtur namens Öckerös Sugpapper nicht half, die stark verschmutzte Stelle zu reinigen. Öckerös war nicht ungefährlich, nicht ungefährlich für das Bild. Denn mitunter kam es vor, daß die Reinigung eines Gemäldes auch vor der eigentlichen Malerei nicht haltmachte. Daß mit der Tilgung des Parasiten auch der Wirt erlag. Wie so oft.
    Nun, dieses Bild hier war kein berühmtes Meisterwerk, dessen Schädigung den Ruf des Restaurators auf ewig beeinträchtigt hätte. Auch wäre er durchaus imstande gewesen, Teile einer Fledermaus nachzumalen beziehungsweise die Fledermaus einfach verschwinden zu lassen und durch puren Hintergrund zu ersetzen. Was aber zunächst einmal verschwinden mußte, das war der dunkle Fleck, den zu übermalen der Restaurator nicht wagte. So weit wollte er nun doch nicht gehen.
    Aber was sollte er tun? Der Fleck blieb, wo er war, wieviel Öckerös Sugpapper auch zum Einsatz kam. Was schon sehr ungewöhnlich war. So ungewöhnlich wie ein Fünfer-Tripel beim Roulette. Ein Umstand, den der Restaurator jetzt registrierte, indem er nach der elektronischen Anzeigetafel sah. Sodann spähte er hinunter zum Spieltisch und betrachtete den Croupier. Einen unsympathischen Menschen mit superschmalem Schnurrbart und einer Körperhaltung, als befinde er sich im besten Casino der Welt und nicht in einem Bahnhofscafé.
    Seit Wochen schon sah der Restaurator diesen Mann, und dieser Mann sah ihn. Auch begegnete man sich mitunter auf Augenhöhe, wenn der Restaurator seinem Arbeitsplatz zustrebte oder ihn verließ. Nicht, daß man sich nur einmal gegrüßt hatte. Vielmehr schauten die beiden

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