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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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das Wasser deckte ihn zu. Desprez zog am Riemen, der sich aber so unglücklich um die Beine des Fotografen geschlungen hatte, daß Desprez ihn einfach nicht losbekam. Also zog er die Füße aus dem Wasser hoch und damit auch die Tasche, aus der er eine Kamera und einen kleinen verschweißten Behälter hervorholte. Die Kamera klappte er auf und ließ sie fallen, den Behälter aber steckte er ein. Die kleine Aufschrift sagte alles: mon amour .
    Desprez machte sich endlich daran, gegen das eintretende Wasser kämpfend, den Raum zu verlassen. Ihm war aber klar, daß es unmöglich sein würde, nach oben zu gelangen ohne gesehen zu werden. Also tauchen. Desprez war ein guter Taucher, ein Apnoetaucher, ein wenig ein Magiker, der es verstand, das Fehlen atembarer Luft soweit zu ignorieren, daß auch sein Körper eine ganze Weile damit leben konnte. Psychologie der Einbildung. Wer seinen Mund halten kann, kann auch seine Atmung halten.
    Desprez, dem das Wasser gegen die Brust schlug, holte mehrmals tief Luft und tauchte dann unter. Noch immer brannte genügend Licht, um sich zurechtzufinden. Desprez zog sich durch die Türe und sodann den überfluteten Gang abwärts. Er wußte genau, wo die erste Mine gezündet worden war. Dort wollte er hin. Komische Bilder gingen ihm dabei durch den Kopf, marschierten drauflos, die Bilder, so, wie wenn alte Leute bei Rot über die Kreuzung gehen, unbeeindruckt vom Gehupe der Autos, sich blind und taub stellend, überzeugt, nach zwei Weltkriegen absolut alles zu dürfen. Alte Leute und komische Bilder im Kopf kann man nicht einfach überfahren.
    Es dauerte länger, als Desprez gedacht hatte, oder kam ihm auch nur so vor. Vielleicht war er bloß nicht mehr in Form. Er war jetzt dreißig, fühlte sich aber deutlich gealtert. Möglicherweise waren die Zeiten vorbei, da es sich schickte, in einem maßgeschneiderten Herrenanzug von der Farbe zerkratzter Schlittschuhkuven durch ein sinkendes Schiff zu tauchen. Jedenfalls meinte er, seine Lungen würden gleich platzen, als er endlich die Öffnung im Maschinenraum fand, eine beträchtliche Öffnung immerhin. Er zog sich hindurch, stieß sich ab und ließ sich schräg nach oben treiben, weg von der Warrior und weg von der Gefahr, von irgend jemand gerettet zu werden. Er erreichte die Wasseroberfläche nahe eines anderen Boots, in dessen Schatten er nicht gesehen werden konnte. Menschen liefen zusammen, Schreie, Rufe, Scheinwerfer, hoch oben die Sterne, auch sie in der Art alter Leute, die man anhupen konnte, bis einem die Arme abfielen.
    Desprez tauchte erneut unter, schwamm hinüber zum Kai, suchte sich eine günstige Stelle und kletterte aus dem Hafenbecken. Er fühlte sich elend, als er da tropfend in der Kälte stand, würdelos, wie ein kleiner Dieb den Schutz der Nacht suchend. Dabei war er alles andere als ein Dieb. Der Film mit den Marsaufnahmen gehörte zweifellos dem französischen Staat. Bildete den Teil einer Beschlagnahmung. Nein, ein Dieb war Desprez nicht. Dafür aber ein Mörder, wobei es günstigerweise so sein würde, daß der Tod Alberto Moras ausschließlich mit dem Umstand eines versenkten Schiffs im Zusammenhang gebracht werden würde. Tod durch Ertrinken. Und kein Wort von einem roten Planeten.
    Leider ergab sich in der Folge eine richtiggehende Staatsaffäre. Nicht nur, daß der DGSE in der üblichen Weise geschlampt und Henri Desprez gegenüber eine zweite Mine unerwähnt gelassen hatte, stellten sich zwei Agenten aus der zwölfköpfigen Satanique-Gruppe so ungeschickt an, daß die neuseeländische Polizei sie festnehmen konnte. Die beiden hatten sich als Schweizer Ehepaar getarnt, was an sich schon ziemlich dumm ist. Schweizer sind per se verdächtig, weil man hinter einem jeden von ihnen eine geldwaschende Bank vermutet. Dazu kam, daß die beiden Agenten einen Wagen gemietet hatten, welcher in der Nacht des Attentats von Wächtern eines Yachtclubs beobachtet wurde. Was noch nicht so schlimm gewesen wäre, hätten die Agenten das Nummernschild ausgetauscht, eine Idee, auf die heutzutage jeder siebenjährige Fernsehzuschauer kommt. Aber nein, als das »Schweizer Ehepaar« den Wagen zurückbrachte, ging es der neuseeländischen Polizei in die selbstgemachte Falle. Die sich daraus ergebende Dynamik war nicht zu bremsen. Enthüllung auf Enthüllung. Peinlichkeit auf Peinlichkeit. Am Ende mußte der französische Regierungschef die Verwicklung des Geheimdienstes zugeben, ein Verteidigungsminister wurde geschaßt, sowie der Admiral

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