Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck
Lacoste durch einen General Imbot ersetzt, während man andererseits die Ehre Frankreichs ausgerechnet dadurch zu retten versuchte, Neuseeland – weil es die beiden Agenten nicht nur verhaftet, sondern auch verurteilt hatte – mit einem EU-Einfuhrverbot für Lammfleisch zu erpressen. Was dann bestens gelang, und die beiden »Schweizer« schlußendlich als Nationalhelden zurück nach Frankreich kehrten. Helden wofür? Blöd gewesen zu sein?
Desprez drückte es so aus: Sein Land war viel tiefer gesunken als die Rainbow Warrior . Greenpeace stand nach der Geschichte besser da denn je. Das einzig Positive blieb, daß der Tod des Alberto Mora in seiner wahren Tragweite nicht erkannt wurde. Was aber auch nicht viel nützte. Wenige Monate nach der Geschichte startete eine Test-Rakete des Projekts Mars, mon amour , und zwar von einer getarnten Startrampe auf Nouvelle Amsterdam. Sehr weit kam sie nicht. Den Lichtblitz der heftigen Explosion registrierten mehrere Satelliten. Gerüchte von einem geheimen Atombombenversuch machten die Runde. Das Mars-Projekt wurde verschoben, später auf Eis gelegt, schließlich vergessen. Der Mars war außer Sicht geraten. Mitterrand verspeiste Wachteln und betätigte sich als Bauherr. Regierungschef Hernu verlor die Wahl, und es folgte die berühmte Kohabitation. Eine Konstruktion, auf welche die Franzosen nach und nach stolz wurden, wie ein pubertierender Knabe stolz ist, sich sein bißchen Bart mit einer Doppelkopfklinge zu rasieren.
Es versteht sich, daß der DGSE niemals auf die Idee kam, sich Desprez gegenüber zu erklären, wieso man ihm die zweite Mine verschwiegen hatte. Sein Vorgesetzter meinte nur: »Das ist nun mal unser Job, mit dem Schwachsinn dieser Leute zu leben, ihre Fehler auszubaden. Wir sollten uns nicht als Geheimagenten, sondern als Ausbader bezeichnen. Aber tun kann man nichts dagegen.«
»Nein, natürlich nicht«, antwortete Desprez. Er war jetzt wieder in Paris. Das machte ihn gnädig gegen sein Schicksal.
1985 war ein schlechtes Jahr. Vier Tage, bevor die Rainbow Warrior im Hafen von Auckland versank, gewann ein siebzehnjähriger Junge, der wie selten jemand seit Ende des Krieges den unsympathischen Deutschen verkörperte, das Tennisturnier von Wimbledon und löste damit eine schier unglaubliche Welle kollektiven Selbstbewußtseins in seinem Land aus. Und die Franzosen? 1985 war ein schlechtes Jahr.
17
Wenn Kallimachos schläft
Joonas Vartalo fiel um. Und weil er dabei vollkommen gerade blieb, sozusagen steif vom ersten letzten Moment an, mehr denn je ein Baum von einem Mann, sah es so aus, als sei das hier ein Bühnenstück. Was ja angesichts einer vor zwanzig Jahren von höchster Stelle in Auftrag gegebenen Marslandschaft, auf der nun vor dreihundert Jahren ausgestorbene Taubenvögel brüteten, sich auch anbot: ein Theater zu vermuten.
Aber es war kein Theater. Ein Projektil aus der Waffe Henri Desprez’ (keine Verlaine, sondern ein namenloses Gerät älterer und privater Bauart) war zwischen den Augen des Finnen eingetreten und hatte ihn augenblicklich getötet. Sehr wohl eine Verlaine besaßen Steinbeck und Stransky, aber nur die Österreicherin griff blitzschnell danach und richtete sie auf Desprez, während sie sich gleichzeitig vor Stransky hinstellte und ihn vollkommen abdeckte, so vollkommen eine Frau mit weit unter sechzig Kilogramm einen um fünfundzwanzig Kilogramm schwereren, jedoch gleich großen Mann abdecken konnte. Sein Herz, seine Lunge, sein Hirn … Jedenfalls schien es auszureichen. Denn Desprez gab mit einer Geste zu verstehen, Steinbeck solle nicht kindisch sein und zur Seite treten. Tat sie aber nicht, sondern zielte sehr genau und mit erkennbar ruhiger Hand auf Desprez’ Kopf, während der Franzose die eigene Pistole noch immer auf die Stelle hielt, wo einst der Kopf Vartalos gewesen war.
Henri Desprez senkte mit einem Schmunzeln seine NichtVerlaine, gab jedoch Palanka und der Mannschaft die Anweisung, ihrerseits die Waffen weiterhin im Anschlag zu halten, aber vorerst nicht zu schießen. Natürlich nicht.
Er nahm eine saloppe Haltung ein und fragte: »Was hat die deutsche Polizei hier verloren? Das ist französisches Gebiet.«
»Ich mache Urlaub«, erklärte Steinbeck. Die Phrase begann ihr langsam Spaß zu machen. Andererseits, so sagte sie jetzt, könne sie auch in ihrer Freizeit nicht damit aufhören, unschuldige Bürger zu beschützen. Ein Reflex. Ein Polizistenreflex.
»Gefällt mir«, antwortete Desprez. » Ich
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